Vor Letzterem hat Sparkassen-Präsident Fahrenschon besonders viel Angst und tritt deshalb schon länger als einer der schärfsten Kritiker der EZB auf. Aktuell machen ihm vor allem "Ungereimtheiten" im EZB-Check sorgen, sagte der ehemalige bayerische Finanzminister. Beim Stresstest, in dem die Notenbank eine neue Krise simuliert, gehe die Notenbank nach dem Motto vor: "Wer am gesündesten ist, kann am meisten krank werden." Für Frankreich würden die Folgen eines weltweiten wirtschaftlichen Abschwungs relativ gering eingeschätzt, sagte Fahrenschon. "Und während man im Stressszenario in Italien und Spanien einen Rückgang der Immobilienpreise von fünf Prozent annimmt, ist die Annahme für Deutschland minus 15 Prozent." Dabei würden Immobilien hierzulande sehr konservativ finanziert. Die EZB wies Fahrenschons Kritik zurück. "Es gebe mit Nichten eine Ungleichbehandlung", sagte Lautenschläger. Darüber hinausgehend äußerte sich die Notenbank nicht.
Auf Seite 2: ES KNIRSCHT UND QUIETSCHT
ES KNIRSCHT UND QUIETSCHT
Kritik äußerten die Sparkassen auch an den Abschlägen auf bestimmte Kreditportfolios, die die EZB in dem Test nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters beispielsweise im Schiffssektor vornehmen will. "Offensichtlich haben einige Institute zu gut abgeschlossen", sagte Fahrenschon. Jetzt würden - aus heiterem Himmel - bei einzelnen Portfolios wie Immobilien- oder Schiffskrediten Abschläge von zehn bis zu 20 Prozent vorgenommen, sagte Fahrenschon. "Man muss aufpassen, dass man sich durch solche nachträglichen Annahmen nicht dem Verdacht politischer Opportunitäten aussetzt."
Michael Kemmer, der Hauptgeschäftsführer des deutschen Privatbankenverbandes BdB, nahm die EZB dagegen in Schutz. "Dass sie auf nationale Besonderheiten eingeht und bestimmte Portfolien wie Schiffskredite genauer ansieht, ist okay", sagte er zu Reuters. Wichtig sei jedoch, dass die EZB in anderen Ländern bei Portfolios, die dort von besonderer Bedeutung seien, genauso vorgehe. Die scharfe Kritik vieler Banken an dem komplexen Gesundheitscheck überrascht Kemmer nicht. "Dass es an den Rändern knirscht und quietscht, ist normal."
Auf Seite 3: KEINE WELLE VON PROBLEMEN
KEINE WELLE VON PROBLEMEN
Auch Commerzbank-Chef Martin Blessing sieht den Gesundheitscheck insgesamt positiv. "Der ganze Prozess, der jetzt läuft, wird der Stärkung des Bankensektors helfen." Dass die Commerzbank beim Gesundheitscheck Probleme bekommt, wie es Investoren in der Goldman-Sachs-Umfrage vorhersagten, glaubt Blessing nicht. "Meine Meinung hat sich nicht geändert", sagte er Reuters auf die Frage, wie sein Institut abschneiden werde. Zuletzt hatte Blessing Anfang Juni erklärt, er erwarte beim Stresstest keine großen Probleme für die Commerzbank.
Laut der Goldman-Umfrage erwarten die 125 interviewten institutionellen Investoren im Schnitt, dass im Zuge des Stresstests ein Kapitalbedarf von insgesamt 51 Milliarden Euro zutage tritt. Dies betreffe neben der in der Finanzkrise vom Staat aufgefangenen Commerzbank unter anderem Institute aus Italien, Portugal und Griechenland. Den Test nicht bestehen dürften den Schätzungen zufolge neun der 130 Geldhäuser.
In Deutschland gilt vor allem die HSH Nordbank als Wackelkandidatin. Sie hat kürzlich in ihrem Halbjahresbericht vor der Gefahr gewarnt, die Anforderungen der Aufseher nicht zu erfüllen. Der HSH-Vorstand zeigte sich jedoch zuversichtlich, den Test zu bestehen. Sparkassen-Präsident Fahrenschon geht nicht davon aus, dass eine der Landesbanken bei dem Test durchfallen wird. "Ich bin davon überzeugt, dass die Landesbanken bei fairen und nachvollziehbaren Bedingungen den Bilanztest der EZB gut bewältigen werden." Auch BdB-Lobbyist Kemmer erwartet, dass es in Deutschland keine "Welle von Problemen" geben wird.
Reuters