Es gibt zahlreiche Gründe, warum hierzulande immer mehr Bankfilialen schließen und sich viele Institute vor allem im Lager der Sparkassen und Genossenschaftsbanken zusammenschließen. So steigt die Zahl derer, die schon seit Jahren keine Bankfiliale mehr von innen gesehen haben. Diese Menschen erledigen ihre Finanzangelegenheiten oft mithilfe einer Direktbank, die ganz ohne Geschäftsstellen vor Ort auskommt. Allein der größten Direktbank, der ING-DiBa, haben bereits über acht Millionen Menschen ihr Geld anvertraut.
Viele Banken, vor allem solche mit Filialnetz, haben ein Kostenproblem. Laut einer Untersuchung der US-Bank Morgan Stanley verdienen deutsche Institute bei Gebühren und Zinsen auf Kredite unter den fünf größten Ländern Europas mit am wenigsten. Lediglich italienische Banken erwirtschaften beispielsweise bei Baugeldzinsen oder Kartengebühren weniger. Französische oder britische Geldhäuser verdienen an Krediten oder bei der Kontoführung mehr als das Doppelte. Daraus ziehen viele hiesige Banken den Schluss, zu sparen. Zuerst trifft es Filialen vor Ort. Kunden verlieren ihre Anlaufstelle und müssen immer weitere Wege auf sich nehmen. Doch es soll noch schlimmer kommen. Thomas Schnarr von der Beratungsgesellschaft Oliver Wyman rechnet damit, dass im Jahr 2030 nur noch 150 bis 300 Banken übrig sind. Heute gibt es knapp 1700 in Deutschland. Vor zehn Jahren waren es noch gut 2400. Von den 42 000 Filialen, die 2008 geöffnet waren, sind 36 000 geblieben.
Man kann immer weiter kleinere Einheiten fusionieren, aber irgendwann sind die Einspareffekte ausgereizt, sagt Martin Faust, Inhaber des Lehrstuhls für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance. "Werden die Einheiten zu groß, überwiegen sogar die Nachteile, durch fehlende Kundennähe, lange Entscheidungswege und mehr Bürokratie." Seiner Ansicht nach wird es 2030 deutlich weniger Banken geben, "aber es werden deutlich mehr als 300 oder gar nur 150 sein".
Faust und die Berater von Oliver Wyman glauben, dass die Bankenwelt sich aufteilt. Auf der einen Seite wird es die Institute geben, die Produkte wie Fonds auflegen oder Kredite ausreichen. Ihnen stehen klassische Hausbanken, etwa Sparkassen und Genossenschaftsbanken, gegenüber. Diese werden zu Vertriebs- und Beratungsplattformen, die ihre Anlageprodukte und Kredite von den Spezialisten einkaufen. Bei der Baufinanzierung ist das bereits Realität. Hier werben einige Banken sogar ganz offen damit, dass sie Kredite von zig Banken im Programm haben. Da kann es dem Kunden am Ende egal sein, ob er ein Produkt bei der einen oder der anderen Bank kauft, wenn oft ohnehin der gleiche Produktgeber dahintersteht.
Vom Vorteil weniger Filialen
Der Morgan-Stanley-Studie zufolge versorgt eine Filiale hierzulande 2500 Menschen, 2008 waren es noch 2000 Einwohner. In Großbritannien, wo in der jüngeren Vergangenheit schon deutlich mehr Geschäftsstellen dichtgemacht wurden, kommen 6000 Einwohner auf eine Geschäftsstelle. Doch auch hier sieht Faust Grenzen - vor allem bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die darauf achten müssen, dass sie in ihrer Region verwurzelt bleiben. Er glaubt, dass Kunden zu "ihrer" Filiale künftig weitere Strecken zurücklegen müssen. "Es wird wenige große, aber dafür besser ausgestattete Filialen geben, das bringt mir als Kunde mehr als eine kleine Filiale mit einem Berater, der mir zu allem etwas sagen kann, aber nirgends ein Experte ist", so Faust.
Beim Geldabheben, laut Umfragen der wichtigste Grund, warum Kunden bislang die Geschäftsstelle einer Bank besuchen, wird es noch mehr Alternativen geben. Bereits heute bieten viele Supermärkte oder Tankstellen diesen Service an. Gleichzeitig ist die Zahl der Geldautomaten von gut 55 000 auf zuletzt knapp 60 000 gestiegen. Bei einigen Bank gilt: Lieber mit einem Automaten präsent als gar nicht.