Aktienanleger gerade in Europa seien in Spendierlaune, erklären sie unisono. Natürlich spekulieren die Banken dabei auf üppige Berater-Provisionen und sind deshalb Berufsoptimisten. Aber auch die Rahmenbedingungen sprechen dafür, dass Unternehmen dieses Jahr recht leicht Geld am Markt einsammeln können, wenn sie es denn wollen. Denn der Renditehunger der Investoren ist groß. Schließlich werfen Anleihen wegen der Dauer-Niedrigzinsen kaum noch etwas ab. Und das dürfte auf absehbare Zeit so bleiben.
"Das Entscheidende im vorigen Jahr war, dass man das ganze Spektrum an Platzierungen gesehen hat", sagt Morgan-Stanley-Banker Martin Thorneycroft. Nach seiner Einschätzung könnte 2015 vom Volumen her durchaus an 2014 anknüpfen. Im vergangenen Jahr wurden in Europa Aktienplatzierungen über fast 264 Milliarden Dollar gestemmt - mehr als im Vorzeigemarkt USA. Allein auf Börsengänge entfielen nach Thomson-Reuters-Daten bis Mitte Dezember gut 65 Milliarden Dollar - zum Vorjahr ein Plus von 87 Prozent und der höchste Stand seit der Finanzkrise.
Wieviele Unternehmen sich dieses Jahr an die Börse trauen, darüber gehen die Prognosen der Experten erwartungsgemäß auseinander. Die Beratungsgesellschaft Kirchhoff prognostizierte für Deutschland unlängst bis zu 15 Neuemissionen. Vorgeprescht ist bereits der drittgrößte deutsche Kabelanbieter Tele Columbus, der seine recycelten Börsenpläne noch mitten in den Weihnachtsferien am 2. Januar öffentlich machte. Ein erster Anlauf war im vergangenen Oktober wegen der Berg- und Talfahrt der Börsen gestoppt worden. Als weitere Kandidaten gelten hierzulande unter anderem der Dämmstoff-Hersteller Armacell und die Parfümeriekette Douglas. Auch der französische Industriedienstleister Spie könnte Bankern zufolge einen zweiten Versuch starten. Auf jeden Fall wird in Frankreich bereits auf Hochtouren am Börsendebüt der Reinigungsfirma Elis gearbeitet, wie am Montag bekanntwurde.
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MEGADEALS IN DER PIPELINE?
Den meisten Honig saugen sich Banker aus großen Übernahmefinanzierungen, für die Unternehmen neue Aktien verkaufen, um Geld in die Kasse zu bekommen. In Großbritannien dürfte der Telekomkonzern BT auf diesem Wege die geplante Milliarden-Übernahme des Mobilfunkanbieters EE bezahlen. Megadeals wie diese zeichneten sich im Moment zwar noch nicht reihenweise ab, sagt ein Investmentbanker, der regelmäßig Kapitalmaßnahmen begleitet. "Aber das eigentlich Spannende sind ja die Dinge, die uns noch unbekannt sind." Dazu zählt er auch Abspaltungen von Tochtergesellschaften, die den Markt für Fusionen und Übernahmen (M&A) beleben könnten.
Es gibt allerdings auch warnende Stimmen: "Ich würde den Kunden raten, möglichst flexibel zu sein", betont Banker Achintya Mangla von JP Morgan. "Sie sollten jederzeit bereit sein, kurzfristig an den Markt zu gehen." Die Logik dahinter ist einfach: Die Stimmung an den Börsen kann schnell kippen, wenn die nächste Krise heraufzieht. Sorgen um Griechenland und den fallenden Ölpreis sorgten zuletzt wieder für Verunsicherung bei den Anlegern.
Insofern hat Santander alles richtig gemacht: Die Mega-Kapitalerhöhung wurde noch am selben Tag durchgezogen, an dem sie angekündigt wurde.
Reuters