Während die deutsche Industrie im August wieder deutlich mehr Aufträge einsammeln konnte, zeigt sich das Geschäftsklima in der Chemie-Branche weiter verschlechtert. Der Internationale Währungsfonds IWF und das Ifo-Institut machen wenig Hoffnung, dass sich daran schnell etwas ändert. Die Chemie-Aktien dümpeln weit unter ihren Jahreshöchstständen.

Nach dem Einbruch im Juli hat die deutsche Industrie im August wieder deutlich mehr Aufträge eingesammelt. Das Neugeschäft kletterte um deutliche 3,9 Prozent zum Vormonat und damit fast doppelt so stark wie erwartet. Das meldete am heutigen Freitag das Statistische Bundesamt. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit plus 1,8 Prozent gerechnet.

Durststrecke hält wohl an

"Der lange Abwärtstrend beim Auftragseingang scheint vorerst gestoppt zu sein", sagte Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, betonte aber wegen der mauen globalen Konjunktur: "Die Durststrecke im Verarbeitenden Gewerbe wird wohl anhalten."

Steigende Zinsen und hohe Energiepreise dämpfen derzeit die Nachfrage der heimischen Wirtschaft. Das macht sich vor allem in der sehr konjunkturabhängigen Chemie-Branche bemerkbar.

"Die Chemische Industrie steckt in einer tiefen Krise"

Das Ifo-Geschäftsklima in der schwächelnden Chemieindustrie ist im September weiter zurückgegangen. Das Barometer sank von minus 16,3 Zähler auf minus 19,3 Punkte. Während die Urteile zur Geschäftslage nahezu unverändert negativ blieben, trübten sich die Geschäftserwartungen nochmals ein. "Das Umfeld für die Chemiebranche ist sehr herausfordernd", sagte Ifo-Branchenexpertin Anna Wolf. 

Die Unternehmen beurteilen ihren Auftragsbestand als sehr niedrig. Auch die Nachfrage aus dem Ausland schwächelt laut Ifo: Die Exporterwartungen verschlechterten sich im September. Die Erträge bewerteten die Unternehmen zunehmend kritisch. "Insgesamt gab es im September kaum Lichtblicke", sagte Wolf. "Die Chemische Industrie steckt in einer tiefen Krise."

Die Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft leidet vor allem unter den gestiegenen Energiekosten. Chemie-Aktien wie BASF, Lanxess, Evonik oder Wacker Chemie entwickelten sich deutlich schlechter als der DAX – im Chart beispielhaft abzulesen an BASF (schwarz) und Lanxess (grün).

BASF (WKN: BASF11)

Auf absehbare Zeit wenig Hoffnung

Daran wird sich auf absehbare Zeit wohl auch wenig ändern. Der Internationale Währungsfonds IWF sieht mittelfristig verschlechterte Wachstumsaussichten für die globale Wirtschaft. Dabei gebe es große Unterschiede. Besser sehe es etwa in den USA oder Indien aus, schlechter in China.

Trotz starker Nachfrage nach Dienstleistungen und Fortschritten beim Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise bleibe das globale Wachstumstempo laut IWF recht schwach. Es liege deutlich unter 3,8 Prozent – das war der jährliche Schnitt von 2000 bis kurz vor der Pandemie. Der IWF will am Dienstag im Zuge der Jahrestagung in Marrakesch in Marokko seinen neuen Konjunkturausblick vorstellen.

Für die Aktien der Chemie-Konzerne BASF, Lanxess, Evonik Industries und Wacker Chemie bleibt das Marktumfeld rau. Daran dürfte auch die vom BASF-Konzern vorgesehene Trennung von Konzernteilen wenig ändern. Vier größere und kleinere Verkaufsprojekte im potenziellen Volumen von bis zu zehn Milliarden Euro stehen bei BASF derzeit auf der Agenda.

Die Kurse der Chemie-Papiere in DAX und MDax dürften auf absehbare Zeit auf dem erreichten Niveau dümpeln. Noch engagierte Anleger legen sich individuelle Stopp-Kurse leicht unterhalb der bisherigen Tiefstände.

(Mit Material von Reuters)

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