Wenige Fotografien sind so berühmt wie die der er­s­t­en Mondlandung vor fast genau 50 Jahren. Zwar zweifeln manche Verschwörungstheoretiker ihre Echtheit an. Außer Frage steht aber, dass in der Kamera, die Astronaut Neil Armstrong beim Aussteigen aus der NASA-Raumfähre Apollo 11 dabei hatte, Batterien des Ellwangener Herstellers Varta waren. Das habe dem vor 132 Jahren gegründeten Unter­nehmen "technische Fertigkeiten auf höchstem Niveau" und "einen ausgeprägten Pioniergeist" attestiert, der bis heute tief im Unternehmen verankert sei, so Vorstandschef Herbert Schein anlässlich des 50. Jahrestags der Ankunft auf dem Mond.

Auch die Bewertung der Aktie fliegt. Seit der Kapitalerhöhung von Varta am 12. Juni - die ohne Abschlag zum Schlusskurs gelang - ist der Kurs des Batterieherstellers um fast 40 Prozent hochgeschossen, das Kurs-Gewinn-Verhältnis 2019 liegt mit mehr als 70 in beinahe astronomischen Höhen.

Was Investoren so begeistert, ist, dass Varta als einer der wenigen deutschen Hersteller beim Trend Lithium-Ionen- Batterien ganz vorn mitmischt. Bei der Ausstattung von Hörgeräten mit Akkus ist Varta Weltspitze. Mit kleinen Lithium-Ionen-Zellen für kabellose Kopfhörer und andere elektronische Kleingeräte wollen die Schwaben im kommenden Jahr die Hälfte des globalen Markts beliefern.

Dafür baut Varta die Produktionskapazitäten mit den aus der Kapitalerhöhung erlösten 104 Millionen Euro stärker als bisher geplant aus. Statt 60 Millionen Zellen plant das Unternehmen nun mit einer Produktionsmenge von 80 Millionen 2020. Im Jahr darauf soll die 100-Millionen-Grenze geknackt werden. Nur so kann Varta mit dem Boom Schritt halten. Denn aktuell übersteigt der Bedarf die Kapazitäten. "Die Nachfrage nach unseren Lithium-Ionen-Zellen ist anhaltend hoch", sagt Schein.

Das Wachstum des Batterieherstellers dürfte durch den Ausbau noch einmal Fahrt aufnehmen. Schon bei der Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal hat Varta die Prognose für Umsatz- und Gewinnwachstum 2019 angehoben. Gerüchten zufolge könnte eine weitere ­Anhebung anstehen.

Um bis zu 30 Prozent jährlich wächst der Markt. Weil Varta bislang nur kleine Batterien baut, ist die Firma beim stärksten Wachstumstreiber, der E-Mobilität, noch außen vor. E-Autos, E-Lkws, E-Roller oder E-Bikes werden von leistungsfähigen und leichten Akkus angetrieben. Auch bei der Speicherung von Energie etwa von Solar- oder Windanlagen für die industrielle Nutzung liegt die Technologie vorn. 2017 wurden Zellen mit einer Kapazität zwischen 100 und 125 Gigawattstunden nachgefragt. Die Analysten von Bloomberg New Energy Finance gehen in einer Studie davon aus, dass der Bedarf 2040 bei 942 Gigawattstunden liegen wird. "Batterien werden unser Leben durchdringen", erklärt Studienautor Yayoi Sekine.

Deutsche Aufholjagd beginnt


Bei der Ausstattung von Fahrzeugen haben asiatische Unternehmen klar die Nase vorn. Die fünf wichtigsten Akkubauer der Welt beherrschen rund 80 Prozent des Markts für Fahrzeugbatterien. Die größten chinesischen Hersteller sind CATL und BYD, hinzu kommen Panasonic aus Japan sowie LG und Samsung aus Südkorea. Dass die chinesischen Anbieter binnen weniger Jahre so groß werden konnten, liegt vor allem an der Förderung der Pekinger Regierung.

Deutschland will gleichziehen und investiert aktuell in zwei Batterieproduktionsstandorte. Auch um den "Pioniergeist" aufrechtzuerhalten, beteiligt sich Varta an einem der beiden Projekte, obwohl große Batterien nicht zum laufenden Geschäft passen. Zusammen mit dem französischen Energieunternehmen Saft, den Autokonzernen PSA/Opel und BMW sowie dem Chemieriesen BASF will Varta eine Fabrik bauen.

Die staatliche Förderung hält Mark Newman, Analyst der US-Beratungsgesellschaft Bernstein, für eine gute Idee. Eine Chance hätten die Unternehmen aus Deutschland und Europa aber nur, wenn sie neue Akku-Technologien entwickeln. "Im Bereich der Lithium-­Ionen-Akkus ist es schlicht und einfach zu spät", sagt Newman. So entsteht zunächst eine Forschungsfabrik - wohl in Münster.

Das Unternehmen Akasol betreibt bereits mehr als eine Forschungsfabrik, ist aber als solche gestartet. Eine Gruppe Solartechniker der Universität Darm­stadt gründete das Unternehmen 2008. Mittlerweile beliefert Akasol die Nutzfahrzeugindustrie mit Batteriesystemen. Für Schiffe, Busse, Bahnen und Industriefahrzeuge bietet die Firma Komplettlösungen an. Der Auftragsbestand von 1,47 Milliarden Euro bis 2024 kann sich sehen lassen.

Das Wachstum nimmt derzeit rasant Fahrt auf: Im ersten Quartal verdoppelte sich der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als neun Millionen Euro und erreichte bereits nach den ersten drei Monaten das Halbjahresniveau von 2018. Auch Akasol fährt die Produktion hoch: "Seit Mitte des ersten Quartals haben wir im Werk Langen begonnen, im Zweischichtbetrieb zu fertigen", sagt Chef Sven Schulz. Noch vor Jahresende soll der Dreischichtbetrieb kommen. Gleichzeitig baut das Unternehmen eine - dank Eigenkapitalquote von knapp 90 Prozent erschwingliche - Fabrik in der US-Stadt Detroit auf.

Voltabox, eine Ausgründung des Autozulieferers Paragon, ist im ersten Quartal sogar um rund 150 Prozent gewachsen. Der Umsatz kletterte auf knapp 13 Millionen Euro, auch dank der neuen Beliebtheit von E-Bikes und E-Rollern, für welche die Firma in Dell­brück unter anderem Batterien herstellt. Stark ist auch das Segment mit Betriebsfahrzeugen. Derzeit verdaut Voltabox aber einen kleinen Skandal: Weil die Kosten für den Börsengang 2017 falsch verbucht wurden, hat die Firma die Bilanz korrigieren müssen. Operativ hat das zwar keinen Einfluss, die Aktie brach Anfang Mai dennoch um 27 Prozent ein. Nun hat das Unternehmen einen neuen Finanzvorstand installiert. Die Debatte ist aber noch nicht ausgestanden. Investoren fragen sich, wo die Einnahmen aus dem IPO geblieben sind.

Im Vergleich zu Umsatz und Profitabilität von Varta stecken Akasol und Voltabox noch in den Kinderschuhen. Dafür sind sie im Trendbereich E-Mobilität unterwegs. Sich gegen die asiatische Konkurrenz zu behaupten, wird dabei ähnlich aufwendig wie die Mondlandung - trotz großem "Pioniergeist" und "technischer Fähigkeiten".

Investor-Info

Varta
Raketenhafter Aufstieg


Die Varta-Aktie erklimmt neue Rekordhochs. Die Branche boomt, der Bereich mit Lithium-Ionen-Batterien verspricht hohes Wachstum und Profitabilität. Mit einem KGV von über 70 ist die Aktie hoch bewertet. Am 6. August legt die Firma die Bilanz des ersten Halbjahrs vor. Die dürfte abermals erfreulich ausfallen, gut möglich, dass die Prognose nochmals angehoben wird. Anleger warten eine Korrektur ab und steigen dann ein.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 78,00 Euro
Stoppkurs: 48,00 Euro

Akasol
Schub nach oben


Nach einer kräftigen Korrektur zu Jahres­anfang hat die Aktie im März nach oben gedreht. In den vergangenen vier Wochen hat sie über 14 Prozent zugelegt. Die Marktkapitalisierung von 281 Millionen Euro und der Streubesitz sind mit knapp 38 Prozent überschaubar, bei vielen Investoren läuft der Titel unterm Radar. Gelingt die Internationalisierung über den Fabrikbau in den USA, könnte sich das schnell ändern. Die Aktie schwankt stark. Nur für risikobereite Investoren.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 55,00 Euro
Stoppkurs: 37,00 Euro

Voltabox
Energielose Mutter


Der Automobilzulieferer Paragon hält noch 60 Prozent am abgespaltenen E-Mobilitätssegment Voltabox. Während Voltabox 2018 und im ersten Quartal 2019 den Umsatz jeweils verdreifachte, hat die Mutter enormen Kapitalbedarf. Die 130 Millionen Euro aus dem Börsengang der Tochter sind bereits aufgebraucht, die Verschuldung ist hoch. Gut möglich, dass das die Investitionsperspektiven von Voltabox negativ beeinflusst. Anleger meiden die Aktie und warten, bis klar ist, ob Voltabox die Kraft zur Expansion hat.

Empfehlung: Verkaufen.
Kursziel: - Euro
Stoppkurs: - Euro