In Leverkusen hatte sich das Management die Abspaltung von der Chemiesparte Covestro, auch bekannt unter dem Namen "Bayer Material Science", sicherlich einfacher vorgestellt. Aufgrund der schwierigen Marktlage wurde die Preisspanne deutlich reduziert, auch das Emissionsvolumen wurde um eine Mrd. Euro auf 1,5 Mrd. Euro reduziert. Mit 69 Prozent bleibt Bayer vorerst der Mehrheitsaktionär. In den ersten sechs Monaten nach dem Börsengang dürfen die Leverkusener zunächst keine Aktie verkaufen.
Wichtiger für die weitere Geschäftsentwicklung und damit auch den Kurs der Bayer-Aktie ist nun die neue Ausrichtung. Hier können sich Investoren berechtigte Hoffnungen auf künftig glänzende Bilanzzahlen machen. Während die Chemiesparte sehr stark konjunkturellen Schwankungen unterliegt, sollte ohne den Bereich die Visibilität der Prognosen künftig deutlich zunehmen. Mit dem Fokus auf die Bereiche Pharma und Agrarchemie wird das Geschäftsmodell vorhersehbarer, was an der Börse neue Investoren anlocken dürfte.
Zudem sind beide Bereiche wesentlich profitabler als die Chemiesparte. Im HealthCare-Geschäft erzielte der Konzern im vergangenen Jahr eine bereinigte Ebitda-Marge von 27,5 Prozent, im Agrar-Segment lag der Wert bei 24,9 Prozent und damit ebenfalls deutlich über der Quote der Chemie-Sparte von gut zehn Prozent. Auch mit Blick auf das angepeilte Erlöswachstum sollte sich das Pharma- und Agrarchemiegeschäft deutlich kräftiger entwickeln.
Abgerundet wird das fundamentale Bild von einer günstigen Bewertung. Auf Basis der durchschnittlichen Gewinnschätzungen der Analysten für 2016 werden die Papiere derzeit mit einem KGV von 14 bewertet. Dies ist sowohl im historischen Vergleich als auch gegenüber anderen Branchenkollegen wie AstraZeneca oder Novartis günstig und deutet auf einen ungerechtfertigten Bewertungsabschlag, der schon bald aufgeholt werden dürfte. Die Zahlen für das dritte Quartal werden am Donnerstag erwartet.
Auf Seite 2: Was die Charttechnik sagt
Unterstützung bietet Sicherheit
Lediglich der Chart ist auf den ersten Blick noch nicht so vielversprechend. Seit Jahresbeginn steht die Aktie nahezu unverändert und entwickelte sich damit schlechter als der Gesamtmarkt. Anders als viele Indexmitglieder ist Bayer aber nicht überhitzt und bietet noch viel Nachholpotenzial. Auf der Unterseite wird das Risiko durch die zuletzt bestätigte Nachfragezone um 107 bis 109 Euro stark begrenzt. Mit der erfolgreichen Rückeroberung der 21-Tage-Linie am Freitag setzten die Käufer ein erstes Signal, auch der schwache Wiederstand um 117 Euro dürfte die Aktie kaum ausbremsen.
In der Vergangenheit endeten Erholungen erst ab einem Abstand von mehr als sechs Prozent zur 21-Tage-Linie. Kurse bis 120 Euro sind kurzfristig möglich, auf Sicht von Wochen sollte in einem freundlichen Börsenumfeld auch die Barriere bei 138 Euro wieder in Reichweite geraten.
Auf Seite 3: Empfehlung der Redaktion
Empfehlung der Redaktion
Risikobereite Anleger profitieren von der glänzenden Ausgangslage über Knock out Bull-Scheine. Umsetzen lässt sich dies mit der WKN BP74VN. Der Schein ohne Laufzeitbegrenzung bietet bei einem Basispreis von 76,90 Euro einen Hebel von 2,9. Sollte die Aktie wieder bis an die Sommer-Umkehrpunkte bei 138 Euro laufen, steigt das Hebelpapier um mehr als 50 Prozent auf gut sechs Euro.
Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. www.index-radar.de