Glyphosat ohne Ende? Wegen anhaltender Probleme rund um den Unkrautvernichter senkt der DAX-Konzern die Prognosen. Doch ein Ende des Dauerärgers zeichnet sich ab. Eine Chance für die Aktie...

Die Katze ist endlich aus dem Sack. Oder besser: die Gewinnwarnung. Doch wirklich überraschen konnte der Chemie- und Pharmakonzern Bayer damit niemanden mehr. Man hatte damit gerechnet. Was auch erklärt, dass der Aktienkurs nicht deutlich nachgab, sondern nach anfänglichem Minus letztlich sogar stieg. Frei nach dem Motto: abhaken und nach vorne schauen, schlimmer kann es jetzt doch nicht mehr kommen.

Bayer Aktie: Sorgen über Sorgen

Bayer ist damit in guter Gesellschaft, hatten doch auch andere deutsche Unternehmen aus dem Chemiesektor ihre Zahlen zuletzt nach unten korrigieren müssen — so etwa BASF, Evonik und Lanxess. Konkret geht man bei Bayer nun davon aus, dass man im laufenden Jahr zwischen 48,5 und 49,5 Milliarden Euro Umsatz macht, statt der bisher erwarteten 51 bis 52 Milliarden. Der Hauptgrund dafür sei das schwache Geschäft mit Pflanzenschutzmitteln wie etwa dem Unkrautvernichter Glyphosat. 

Hier hätten der weitere Preisverfall und geringere Volumina aufgrund des Abbaus von Lagerbeständen sowie schlechte Witterungsbedingungen den Druck erhöht. Es ist der vorläufige Höhepunkt des Dauerärgers um die umstrittene Chemikalie zur Unkrautvernichtung, die man sich mit der mehr als 60 Milliarden Dollar teuren Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto einst eingebrockt hatte. 

Insgesamt hat die Beilegung von Klagen den Hersteller Bayer bisher mehr als zehn Milliarden Euro gekostet. Aktuell muss der Konzern nun eine Abschreibung auf das Glyphosat-Geschäft in Höhe von 2,5 Milliarden Euro vornehmen. Mit dem Effekt, dass Bayer im zweiten Quartal des Geschäftsjahres nun von einem Verlust von zwei Milliarden Euro ausgeht.

Wende bei den Prozessen? Chance für die Bayer Aktie

Das ist happig und hat Folgen für die Jahresbilanz und den Gewinn des Unternehmens. Statt der bisher erwarteten 7,20 bis 7,40 Euro Gewinn pro Aktie sollen es für das Gesamtjahr 2023 nur noch 6,20 bis 6,40 Euro sein. Immerhin konnte Bayer in der jüngsten Vergangenheit in den USA wichtige Gerichtsverfahren um Glyphosat für sich entscheiden. 

Konkret waren es sieben Verfahren in Folge, was die Hoffnung nährt, dass dieser immense Belastungsfaktor nun so langsam seinen Schrecken für den Konzern verliert. Dann könnte Bayer-Chef Bill Anderson, der erst im Juni die Nachfolge von Werner Baumann angetreten hat, etwas aufatmen, haben doch die massiven Schadenersatzklagen nicht nur die Bilanz strapaziert, sondern auch den finanziellen Spielraum für Investitionen eingeschränkt.

Fokus auf den Pharmabereich der Bayer Aktie

Außerdem könnte sich Anderson statt auf die Rechtsstreitigkeiten endlich auf die Strategie des Konzerns konzentrieren. Denn vor allem die Pharmasparte braucht neue Produkte. Bei den Umsatztreibern im Pharmasegment, dem Schlaganfallmedikament Xarelto sowie dem Augenmittel Eylea, laufen bald die Patente aus. Und Anderson ist für Pharma eigentlich prädestiniert, arbeitete er doch vor seinem Bayer-Engagement unter anderem beim Biotech-Unternehmen Biogen, bei Genentech und war zuletzt Chef der Pharma￾sparte beim Schweizer Konzern Roche. 

Für Contrarians, also Anleger, die gegen die herrschende Meinung auf den Turnaround einer Aktie setzen, ist Bayer also durchaus sehr spannend. Denn wirklich schlecht laufen die Bereiche Pharma und Consumer Health sowie CropScience nicht. Es wird eben nur alles vom Glyphosat-Ärger überlagert. Sollte das jedoch als bald nachhaltig abebben, dann wäre die Bayer-Aktie richtig billig zu haben. Der Bewertungsabschlag ist seit Monaten enorm: Das KGV liegt nicht nur deutlich im einstelligen Bereich, sondern auch weit unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre.

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