Fast vier Jahre nachdem die Übernahme des Agrarkonzerns Monsanto vollzogen wurde, hat die Bayer-Aktie ihren Abwärtstrend überwunden. Im Gegensatz zu den letzten beiden Ausbruchsversuchen vor und nach dem Corona-Crash gibt es jetzt wirklich deutliche Anzeichen für eine Verbesserung der fundamentalen Lage des Leverkusener Konzerns.
Da ist das Agrargeschäft mit den, wie Jefferies-Analyst Charlie Bentley formuliert, "stärksten Daten seit etwa zehn Jahren". Die Preise von wichtigen Agrargütern wie Weizen, Mais und Soja sind bereits vor dem Ukraine-Krieg deutlich gestiegen. Das bedeutet volle Kassen bei den Landwirten und somit gute Voraussetzungen für steigende Umsätze und die Akzeptanz höherer Preise bei Bayers Saatgut und Pflanzenschutzmitteln. Im vierten Quartal 2021 konnte die Crop-Science-Sparte die Erwartungen mit einem bereinigten Ebitda (Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen) von 761 Millionen Euro um 15 Prozent übertreffen. Überdies wird durch den Verkauf des Geschäfts mit Schädlingsbekämpfungsmitteln an Cinven für 2,4 Milliarden Euro die hohe Verschuldung reduziert.
Noch wichtiger, weil dort höhere Margen erzielt werden, sind die Fortschritte in der Pharmasparte. Hier ist Bayer stark von den Blockbustern Eylea (gegen Makuladegeneration) und Xarelto (Blutverdünner) abhängig, die zusammen gut 40 Prozent des Spartenumsatzes ausmachen. Bei beiden drohen 2024/25 Patentabläufe und somit Konkurrenz durch günstigere Nachahmermedikamente. Positive Phase-2-Daten des Blutverdünners Asundexian stimmen jedoch zuversichtlich, dass die Lücke geschlossen werden kann. Asundexian ist nur einer von mehreren potenziellen Xarelto-Nachfolgern in Bayers Pipeline, die neuartige Eigenschaften aufweisen und somit Konkurrenzprodukten überlegen sein könnten.
Zweiter Hoffnungsträger ist das Krebsmedikament Nubeqa. Hier laufen Untersuchungen für Erweiterungen der Indikation. Bayer konnte zeigen, dass eine Kombinationstherapie mit Nubeqa das Sterberisiko von Patienten mit metastasierendem, hormonsensitivem Prostatakarzinom um ein Drittel senkt. Das sollte dem Medikament deutlich höhere Einnahmen bescheren. Das Management schraubte die Prognose für den Spitzenumsatz auf über drei Milliarden Dollar hoch.
Enttäuschungspotenzial gibt es durch mögliche negative Wechselkurseffekte. Allein ein schwacher Rubel könnte den Umsatz um rund 300 Millionen Euro schmälern. Außerdem ging Bayer bei der Prognose von stabilen geopolitischen Verhältnissen in Osteuropa aus. In der Ukraine macht der Konzern weniger als ein Prozent des Umsatzes. Unberechenbar erscheint aktuell auch, wie es mit dem Wunsch von Großaktionär Temasek weitergeht, Bayer-CEO Werner Baumann abzusetzen.
Die Aufregung um die Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten hat sich zuletzt etwas beruhigt. Analysten rechnen mittlerweile mit einer konstruktiven Lösung, das Worst-Case-Szenario sei bereits eingepreist, so Charlie Bentley von Jefferies. Die Investmentbank Barclays, die Bayer-Aktien Anfang April auf "Kaufen" hochgestuft hat, sieht zwar noch Risiken aufgrund der Glyphosat-Klagen, aber auch die Chance, dass Bayer das Thema 2023 hinter sich lassen kann.
Investor-Info
Bayer
Niedrige Bewertung
Bayer profitiert von besseren Geschäftsaussichten und der Rotation von Investoren in Substanzwerte. Für das laufende Jahr erwartet der Konzern ein Umsatzwachstum von rund fünf Prozent. Die Ebitda-Margen sollen in den Sparten Crop Science und Pharma steigen und bei Consumer Health stabil bleiben. Auch unter Berücksichtigung der weiter bestehenden Rechtsrisiken ist die Aktie mit einem KGV für 2023 von unter zehn sehr günstig bewertet.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 85,00 Euro
Stoppkurs: 50,00 Euro