Bayer vertraut mitten im Konzernumbau auf die starke Zugkraft seiner Kassenschlager im Arzneigeschäft. Vor allem fünf neue Medikamente und eine starke Nachfrage im Pflanzenschutz verhalfen dem Leverkusener Traditionskonzern 2014 zu Rekordzahlen bei Umsatz und operativem Gewinn. "Dazu hat vor allem die anhaltende Wachstumsdynamik in unseren Life-Science-Geschäften beigetragen", sagte Bayer-Chef Marijn Dekkers bei der Bilanzvorlage am Donnerstag in Leverkusen. Für das laufende Jahr stellte der Niederländer weitere Zuwächse in Aussicht. Die geplante Trennung von der Kunststoff-Sparte will er mit Volldampf vorantreiben.
Auch die Aktionäre profitieren: Sie sollen eine um 15 Cent auf 2,25 Euro erhöhte Dividende erhalten. An der Börse kam das Zahlenwerk gut an. Die Bayer-Aktie gewann zeitweise mehr als 3,7 Prozent und gehörte zu den Spitzenreitern im Leitindex Dax. "Der Ergebnisausblick impliziert das schnellste Wachstum unter den großen europäischen Pharmawerten", kommentierten die Analysten der Deutschen Bank. Ein Wermutstropfen wies die Bilanz dennoch aus: In den USA droht dem Aspirin-Hersteller Ungemach mit seinem derzeit wichtigsten Medikament Xarelto.
Der bereinigte operative Gewinn (Ebita) nahm 2014 um 4,9 Prozent auf 8,81 Milliarden Euro zu - laut Dekkers "ein Rekordwert in der Unternehmensgeschichte." Der Überschuss erhöhte sich um 7,4 Prozent auf 3,43 Milliarden Euro. Im vierten Quartal ging der Nettogewinn allerdings unerwartet kräftig zurück. Hohe Kosten für die Vermarktung der neueren Arzneien und ein Einbruch im Finanzergebnis halbierten den Gewinn.
Für das laufende Jahr rechnet Dekkers mit einem Konzernumsatz von rund 46 Milliarden Euro. 2014 stand ein Umsatzzuwachs von 5,2 Prozent auf 42,24 Milliarden Euro in den Büchern. Der bereinigte operative Gewinn (Ebitda) soll 2015 um zehn bis ungefähr 15 Prozent zulegen.
Bayer befindet sich derzeit im Umbruch: Dekkers hatte im September einen radikalen Umbau angekündigt. Der Konzern will sich künftig ganz auf die Gesundheitssparte und die Agrarchemie konzentrieren. Das weniger rentable Kunststoff-Geschäft MaterialScience soll bis spätestens Mitte 2016 an die Börse gebracht werden. "Wir haben die Weichen gestellt, die die Zukunft unseres Unternehmens auf lange Sicht prägen werden", sagte Dekkers. Bis Ende August soll die Sparte rechtlich auf eigenen Füßen stehen. In der zweiten Jahreshälfte will Bayer dann entscheiden, ob sie über einen klassischen Börsengang an den Kapitalmarkt geht oder über eine Abspaltung an die Bayer-Aktionäre. Bei der Trennung vom Chemiegeschäft Lanxess vor rund zehn Jahren hatte Bayer den Weg über eine Abspaltung (Spin-Off) gewählt.
Dekkers hält sich aber eine Hintertür offen: "Natürlich, wenn ein überzeugendes Angebot gemacht würde, wären wir verpflichtet, dieses Angebot zu bewerten", sagte der Bayer-Chef. Er ließ zudem durchblicken, dass die Holding-Struktur des Konzerns in Frage steht. Sie war vor vielen Jahren eingerichtet worden - damals hatte Bayer aber noch vier große Geschäftsbereiche. Nach der Trennung vom Plastik-Geschäft werden es künftig nur noch zwei sein.
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FÜNF NEUE PRÄPARATE SORGEN FÜR SCHUB
Das Geschäft des Konzerns mit seinen mehr als 118.000 Beschäftigten wird derzeit vor allem von fünf neueren Arzneien angetrieben: Neben dem Schlaganfallmittel Xarelto sind dies das Augenpräparat Eylea, die Krebsmedikamente Stivarga und Xofigo sowie die Lungenhochdruckarznei Adempas. 2014 steuerten diese Mittel einen Umsatz von 2,9 Milliarden Euro bei - ein Zuwachs von mehr als 91 Prozent. Dekkers traut diesen Arzneien zusammen einen jährlichen Spitzenumsatz von mindestens 7,5 Milliarden Euro zu. Für 2015 peilt Bayer mit ihnen einen Umsatz in Richtung vier Milliarden Euro an.
Bei Xarelto, dem derzeit umsatzstärksten Medikament, ziehen allerdings einige dunkle Wolken in den USA auf. Dort ist Bayer mit rund 200 Klagen konfrontiert, Patienten wollen dort Schadenersatz wegen Gesundheitsschäden im Zusammenhang mit dem Mittel erstreiten. Bayer will sich zur Wehr setzen und verweist auf gute Argumente. Insgesamt steigerte die Gesundheitssparte HealthCare, die der Konzern 2014 mit dem 14 Milliarden Dollar teuren Kauf der Gesundheitsprodukte-Sparte des US-Konzerns Merck & Co ausbaute, ihren bereinigten operativen Gewinn um 2,8 Prozent auf 5,48 Milliarden Euro. Die Agrarchemiesparte CropScience erhöhte 2014 ihr Ergebnis um fünf Prozent. Aber auch im Kunststoff-Geschäft MaterialScience lief es im vergangenen Jahr besser: Die Sparte steigerte ihr bereinigtes operatives Ergebnis um 10,7 Prozent.
Reuters