Aufsichtsratschef Werner Wenning rief sie höflich zur Räson und bat um einen Austausch, "wie es auf einer deutschen Hauptversammlung üblich ist". Keine zehn Minuten später kam es zum nächsten Zwischenfall: "Ihr vergiftet unsere Äcker", riefen die Übernahmegegner. Bayer-Aufsichtsratschef Werner Wenning drohte mit Saalverweis. Das Aktionärstreffen in Bonn verlief so turbulent wie erwartet, doch Baumann will seinen Aktionären den umstrittenen Deal unbeirrt schmackhaft machen.
"Durch die vereinbarte Übernahme von Monsanto wollen wir Bayer weiter stärken", verteidigte Baumann die Zukaufspläne. Der Zukauf passe "perfekt" zur Strategie von Bayer. Baumann gestand aber auch ein, dass das schlechte Image von Monsanto eine "große Herausforderung" für den Konzern bedeutet. "Das möchte ich nicht kleinreden." Bayer wolle deshalb den Dialog auch mit kritischen Interessensgruppen verstärken und das Agrarchemiegeschäft nach dem Deal "nach unseren Maßstäben führen, wie in allen übrigen Geschäftsfeldern auch."
Die Übernahme solle nicht auf Kosten der anderen Bereiche wie etwa das Pharmageschäft gehen. "Die notwendigen Mittel für Investitionen in unsere Standorte sowie für kleinere Übernahmen und Einlizenzierungen werden weiter zur Verfügung stehen", bekräftigte Baumann. Daran haben Aktionärsvertreter wie Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer beim größten deutschen Aktionärsverein DSW, aber ihre Zweifel. "Wir können jeden Euro nur einmal ausgeben."
"SCHWINDELERREGENDER PREIS"
Bayer hatte sich im vergangenen September nach monatelangem Ringen mit Monsanto auf die rund 66 Milliarden Dollar schwere Übernahme geeinigt. Bis Ende des Jahres soll der Zukauf, der der bislang teuerste eines deutschen Unternehmens wäre, unter Dach und Fach sein. Gegen den Zusammenschluss demonstrierten vor den Toren der Hauptversammlung rund 200 Umweltschützer und Aktivisten, darunter auch Grünen-Politikerin Renate Künast und die Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft, unter dem Motto "Stopp Bayer/Monsanto!" und forderten "Vielfalt auf dem Acker und dem Teller".
Die Übernahmegegner fürchten eine Erhöhung der Abhängigkeit der Landwirte von wenigen Großkonzernen sowie einen vermehrten Einsatz von Chemikalien wie dem umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, das von Monsanto entwickelt wurde und im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Die Amerikaner stehen seit Jahren wegen gentechnisch veränderter Produkte und aggressiver Geschäftspraktiken in der Kritik. Der schlechte Ruf macht Bayer-Investoren Sorgen: "Die Reputationsrisiken für den Konzern steigen durch Monsanto enorm", sagte Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment. "Durch kosmetische Eingriffe wie eine Streichung des Namens Monsanto wird sich das nicht ändern lassen."
Zwar lobten Aktionäre wie die Fondsgesellschaft Deutsche Asset Management den Deal als strategisch sinnvoll, äußerten aber auch Unmut über den Preis. Bei diesem sei eine "Verhältnismäßigkeit kaum noch erkennbar", kritisierte Henrik Schmidt vom Vermögensverwalter der Deutschen Bank. Winfried Mathes vom Fondsanbieter Deka Investment sprach von einem "schwindelerregenden" Preis. Bitter stieß ihm wie auch anderen Aktionären auf, dass Bayer-Investoren nicht über den Zukauf abstimmen können. Monsanto hatte sich dagegen im Dezember grünes Licht von seinen Aktionären geholt. Baumann verwies darauf, das dies gesetzlich nicht vorgesehen und mit Risiken wie Anfechtungsklagen verbunden sei und die Transaktion gefährden könnte. Bayer braucht aber noch die kartellrechtlichen Freigaben für den Deal, von denen bislang noch 20 ausstehen. Der Antrag in der EU dafür soll im zweiten Quartal erfolgen.
rtr