Am Markt kam die Genehmigung für die Übernahme aus den USA gut an. Die Bayer-Aktie legte im frühen Handel um mehr als zwei Prozent zu und gehörte im Dax zu den größten Gewinnern. Allerdings hat das Papier innerhalb eines Jahres mehr als 13 Prozent an Wert verloren.
"Mit der Freigabe des Department of Justice (DoJ) stehen wir jetzt kurz vor dem Ziel, ein führendes Unternehmen der Agrarwirtschaft zu schaffen", teilte Baumann am Dienstagabend mit. Die Genehmigung der US-Behörden ist ein Meilenstein. Auch wenn Mexiko und Kanada noch zustimmen müssen, gilt die Transaktion Bayer/Monsanto als sicher. Es ist die größte Übernahme eines deutschen Unternehmens im Ausland. Der Dax-Konzern steigt dadurch schlagartig zum weltweit größten Anbieter von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln auf.
Die Zustimmung des US-Justizministeriums sei die wichtigste Hürde gewesen, schrieb Analyst Tim Race von der Deutschen Bank. Nun dürften die Kartellbehörden in Mexiko und Kanada in Kürze ebenfalls ihr Okay geben, so dass der Deal bereits in den kommenden ein bis zwei Wochen abgeschlossen werden könne. Nach dem grünen Licht aus den USA empfiehlt Analyst Wimal Kapadia von Bernstein Research den Anlegern, einen "frischen Blick" auf die Bayer-Aktie zu werfen. Bayer dürfte nun die Kapitalerhöhung von voraussichtlich 6 Milliarden Euro zur Teilfinanzierung der Übernahme in den kommenden Wochen ankündigen.
Baumann musste sich ins Zeug legen und erhebliche Zugeständnisse machen, damit die Kartellwächter den Milliarden-Deal durchwinken. Der Bayer-Chef hat etliche Flugmeilen auf sich genommen, um für die Milliarden-Fusion zu werben. Mit seinem Monsanto-Pendant Hugh Grant, der nach der Übergabe seinen Posten räumen will, war Baumann bereits im Januar 2017 zum Antrittsbesuch bei Donald Trump, der damals noch nicht einmal als US-Präsident vereidigt war.
Ein Jahr später umgarnte Baumann Trump beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Erst kürzlich soll er erneut in den USA gewesen sein, um beim Justizministerium Überzeugungsarbeit für den Deal zu leisten. Dennoch nahmen sich die Wettbewerbshüter viel Zeit um zu prüfen, ob die Marktmacht durch die Fusion nicht zu groß wird. Letztlich stimmte die Trump-Regierung - wie im März bereits die EU-Kommission - dem Zusammengehen der Großkonzerne nur unter strengen Bedingungen zu.
Bayer muss deutlich mehr Geschäftsanteile an den Rivalen BASF verkaufen als ursprünglich erwartet. Auf 7,6 Milliarden Euro beziehungsweise 9 Milliarden Dollar beläuft sich der Kaufpreis.
Die wesentlichen Veräußerungen waren schon bekannt. In zwei Tranchen muss sich der deutsche Konzern unter anderem von seinem Gemüse- und Feldsaatgut-Geschäft, von Aktivitäten bei "Digital Farming" sowie vom weltweiten Geschäft mit Glufosinat-Ammonium trennen - insgesamt geht damit ein Umsatzvolumen von 2,2 Milliarden Euro an BASF. Dem Verkauf stimmte die EU-Kommission Anfang Mai unter Auflagen zu.
"Gemäß den Auflagen des DoJ kann die Integration von Monsanto in den Bayer-Konzern erfolgen, sobald BASF den Erwerb der von Bayer abgegebenen Geschäfte vollzogen hat", erklärte Bayer am Dienstag. "Hiermit wird in zwei Monaten gerechnet."
Da Bayer und Monsanto fast rund um den Globus Geschäfte machen, mussten Genehmigungen in rund 30 Ländern eingeholt werden. Neben den USA waren Brasilien und die EU die wichtigsten Hürden.
Für die Leverkusener ist der teure Zukauf auch ein finanzieller Kraftakt. Den Eigenkapital-Anteil der Fusion will Bayer unter anderem durch den Verkauf des Werkstoff-Herstellers Covestro sowie der Geschäftsteile an BASF stemmen.
Und auch wenn die Monsanto-Übernahme endlich in trockenen Tüchern ist, bleiben für Bayer große Herausforderungen. Der Konzernumsatz stagnierte zuletzt, mehrere Sparten schwächeln. Auf der Hauptversammlung vor wenigen Tagen warnten Aktionäre, das Kerngeschäft wegen der Übernahme nicht zu vernachlässigen. Sie sorgten sich auch um Monsantos schlechtes Image, das abstrahlen könnte. Der US-Konzern steht wegen des Pestizids Glyphosat in der Kritik, das Sammelkläger und einige Studien für krebserregend halten.
Das ist jedoch nicht alles. In den USA etwa klagen zahlreiche Bauern wegen des Herbizids Dicamba, das zwar Unkraut tötet, aber auch Nutzpflanzen - sofern sie nicht aus genetisch modifizierter Saat stammen. In Europa, wo Politik und Verbraucher Gentechnik mit großem Argwohn betrachten, hat Monsanto ohnehin wenig Freunde. Nicht nur Umwelt- und Verbraucherschützer kritisieren die Fusion. Landwirte sorgen sich angesichts der großen Marktmacht der Konzerne. Sie klagen jetzt schon, dass an Monsantos Produkten in einigen Bereichen kaum ein Weg vorbeiführe.
Auch die Leverkusener beschäftigen Sammelklagen in den USA - etwa im Pharmageschäft im Zusammenhang mit ihrem Gerinnungshemmer Xarelto. Der Konzern verspricht sich von der Monsanto-Übernahme vor allem eine hohe Wertsteigerung und Know-how beim Saatgut und "Digital Farming".
Nicht zuletzt gilt es angesichts großer Zusammenschlüsse von Konkurrenten, im Agrarchemie-Sektor nicht abgehängt zu werden. Mit der Fusion von Dow Chemicals und Dupont zum Chemiegiganten DowDuPont 2017 und der Übernahme des Schweizer Agrarchemie-Anbieters Syngenta durch den Chemieriesen Chemchina hat sich der Wettbewerb verschärft.
Baumann war sich der Skepsis von Anfang an bewusst. "Wir werden das kombinierte Geschäft nach Abschluss der Übernahme nach unseren Maßstäben führen", versprach er besorgten Aktionären schon im Frühjahr 2017 - bis heute das Mantra bei Bayer./hbr/DP/mne/tav