Bayer-Aktionäre sind es mittlerweile wohl schon gewohnt: Erneut musste der Agrarchemie- und Pharmakonzern einen Milliardenverlust im dritten Quartal verbuchen. Unterm Strich fehlen 2,7 Milliarden Euro, wie der DAX-Konzern am Dienstag in Leverkusen mitteilte - nach einem Minus von 9,5 Milliarden Euro im zweiten Jahresviertel. Vor einem Jahr konnte Bayer hier noch mit einem Überschuss von etwas mehr als einer Milliarde Euro punkten.

Der Umsatz fiel von Juli bis September um 13,5 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro, währungsbereinigt stand hier ein Minus von gut fünf Prozent. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sowie vor Sondereffekten (Ebitda) der Leverkusener sank um mehr als ein Fünftel auf 1,8 Milliarden Euro. Dabei wirken sich auch negative Währungseffekte aus.

"Erheblicher Gegenwind"


Bereits Ende September stimmte Konzernchef Werner Baumann die Aktionäre auf ein schwieriges Jahr 2021 ein. Er kündigte ein weiteres Sparprogramm an - denn neben der skandalbringenden Übernahme Monsantos kriselt es nun auch im Tagesgeschäft. Im Agrargeschäft schlagen Konkurrenzdruck, die Folgen der Corona-Krise und schwierige Bedingungen in Mittel- und Südamerika mit voller Wucht zu.

So gestand Baumann, dass vor allem die Pandemie einen "erheblichen Gegenwind" in der Landwirtschaft bringen würde. Die Preise für Nutzpflanzen sind niedrig - viele Bauern entscheiden sich sogar gegen einen Anbau von Mais und anderen Pflanzen, da es sich häufig kaum lohnt. Auch beim Soja sind die Preise im Keller, das trifft Bayer hart.

"Hinzu kommen negative Währungseffekte wie die massive Abwertung des brasilianischen Real, die das Geschäft im zweitgrößten Agrarmarkt der Welt deutlich belastet", so Finanzchef Wolfgang Nickl. Die Wertberichtigungen in der Sparte wirken sich im dritten Quartal mit insgesamt 9,25 Milliarden Euro aus.

Ein weiteres Sparprogramm kommt, Glyphosat-Vergleich wird wohl mehr kosten


Um sich dieser Flut an negativen Belastungen zu stellen, soll noch mehr gespart werden. Zusätzlich zum bereits laufenden Programm - dieses soll die jährlichen Kosten ab 2022 um 2,6 Milliarden Euro drücken - sollen ab 2024 mehr als 1,5 Milliarden Euro wegfallen. Das könnte eventuell zu weiteren Stellenstreichungen führen. Bereits jetzt läuft ein Abbau von 12.000 Jobs bis Ende 2021. Zumindest in Deutschland will Bayer aber bis Ende 2025 weiter auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten.

Die eingesparten Kosten könnte Bayer für den Vergleich mit den Glyphosat-Klägern brauchen. Denn seit längerem sorgt das Herbizid Glyphosat für mächtig Ärger bei dem Pharmakonzern. Wegen Krebsgefahr hatten viele US-Bürger gegen Bayer geklagt, das Unternehmen hält den Unkrautvernichter bei sachgemäßer Anwendung aber für sicher. Im Sommer schlossen die Leverkusener nun einen Vergleich mit einem Großteil der Kläger ab.

Jetzt scheint es allerdings, als ob der Vergleich doch teurer werden dürfte. Bayer geht davon aus, dass das Konzept für die Lösung möglicher künftiger Klagen etwa zwei Milliarden Dollar kosten wird und damit mehr als die ursprünglich erwarteten 1,25 Milliarden. Im Sommer war der Konzern davon ausgegangen, dass für den Vergleich und mögliche künftige Fälle bis zu 10,9 Milliarden Dollar fällig werden.

Jahresausblick bestätigt


Nach dem überraschend schwachen dritten Quartal hält Bayer dennoch an den Jahreszielen fest - zumindest vor Wechselkurseffekten. Baumann erwartet weiterhin einen Umsatz von 43 bis 44 Milliarden Euro, wie er am Dienstag mitteilte. Das wäre vor Währungseffekten sowie Ver- und Zukäufen von Unternehmensteilen bestenfalls ein Umsatzplus von einem Prozent, rechnet Bayer vor. Beim Ebitda sollen vom Umsatz weiterhin 28 Prozent übrigbleiben - das würde ein operatives Ergebnis von rund 12,1 Milliarden Euro bedeuten.

Einschätzung der Redaktion


Die Bayer-Aktie scheint einfach keinen Boden zu finden. Der pessimistische Unternehmensausblick und die Gewinnwarnung versetzten der sowieso schon gebeutelten Aktie den nächsten Schlag. Mit den Q3-Zahlen dürfte es jetzt weiter nach unten gehen. Das Papier notiert rund ein Prozent im Minus - das bedeutet, ein Anteilsscheint kostet jetzt nur 41 Euro. Das ist sogar weniger als zum Höhepunkt des Corona-Crashs, hier kostete eine Aktie 44 Euro.

Alleine im Oktober ging es für den Kurs um rund 17 Prozent nach unten. So wenig wie jetzt hat die Bayer-Aktie zuletzt im September 2011 gekostet. Für 2020 steht ein Minus von rund 56 Prozent auf dem Kurszettel, was mittlerweile den letzten Platz im DAX bedeutet. Mittlerweile reicht es für Bayer mit einem Marktwert von rund 43 Milliarden Euro auch nicht mehr für einen Platz in den Top 10 im DAX, in der Vor-Glyphosat-Ära waren es noch rund 87 Milliarden Euro. Im April 2015 auf Kurs-Rekordniveau hatten die Leverkusener mit einer Marktkapitalisierung von rund 120 Milliarden Euro noch den Spitzenplatz im deutschen Leitindex inne.

Wir stufen die Aktie auf Beobachten zurück, nachdem das Papier durch unseren Stopp bei 44 Euro gefallen ist. Unser neues Ziel liegt bei 47 Euro

Einschätzung: Beobachten
Kursziel: 47,00 Euro
Stoppkurs: 35,00 Euro




Mit Material von dpa-AFX/rtr