Der betuliche Haushaltswarenhändler ist ein Spielball von Zockern. Der US-Konzern nutzt die Gunst der Stunde und beschafft sich frisches Kapital. Von Florian Hielscher und Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Der US-Einzelhändler Bed Bath & Beyond betreibt ein wenig aufregendes Geschäft. Er verkauft Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände, der Laden gilt als ein wenig angestaubt. An der Wall Street aber ist die Aktie einer der großen Aufreger. In den vergangenen fünf Handelstagen folgte einem blitzartigen Anstieg des Kurses um fast 50 Prozent in der Spitze ein spektakulärer Einbruch am vergangenen Mittwoch. Es war nicht die erste Megaturbulenz des operativen Langweilers.
Der Grund: Bed Bath & Beyond ist gerade eine der heißesten „Meme“- Aktien. Das sind Papiere von Unternehmen, bei denen Hedgefonds im großen Stil auf fallende Kurse setzen und rebellische Kleinanleger dagegen wetten. Dazu verabreden sie sich in Foren wie „Reddit“. Ihr Kalkül: Konzertierte Käufe treiben den Kurs an und bringen die Hedgefonds in die Bredouille. Denn diese haben sich die Aktien, auf deren Wertverlust sie gesetzt haben, nur geliehen, um sie zu verkaufen, und müssen sie irgendwann wieder zurückkaufen. Steigen die Kurse aber, so müssen Hedge- fonds schnell kaufen, um ihre Verluste zu begrenzen. Diese Käufe treiben die Kursspirale weiter an, es kommt zum von den Kleinanlegern beabsichtigen „Short Squeeze“. Das Gelingen ist umso wahrscheinlicher, je höher der Anteil der geshorteten Aktien an der Gesamtzahl ist. So nah- men Kleinanleger bereits die Papiere des Einzelhändlers Gamestop oder der Kinokette AMC in Beschlag und versuchten die Kurse „to the moon“ (bis zum Mond) hochzutreiben.
Bed Bath & Beyond operativ angeschlagen
Dass diese Anstiege meist nicht nachhaltig sind, zeigt das Beispiel Bed Bath & Beyond einmal mehr. Der Einzelhändler kämpft mit sinkenden Umsätzen, negativem Cashflow und Problemen in der Lieferkette. Im zweiten Quartal brachen die Umsätze auf vergleichbarer Fläche um mehr als ein Viertel zum Vorjahr ein. Fürs Gesamtjahr erwartet Bed Bath & Beyond einen Rückgang der vergleichbaren Umsätze um 20 Prozent.
All das schien die Kleinanleger bisher kaum von einer Investition in die Meme-Aktie abzuhalten. Doch nach dem jüngsten Strategie-Update des Konzerns brach das Papier um mehr als 20 Prozent ein. Um Kosten zu senken, will das Management rund ein Fünftel des Personals im Unternehmen sowie in Lieferketten abbauen.
„Wir verfolgen eine geradlinige, auf das Wesentliche konzentrierte Philosophie, die darauf abzielt, unsere Kunden besser zu bedienen, das Wachstum voranzutreiben und die Rendite zu steigern“, warb Interims-Geschäftsführerin Sue Gove für die neue Strategie. Dafür sollen unter anderem mindestens 150 ertragsschwache Märkte geschlossen werden. Zudem beschafft sich das Unternehmen frisches Kapital. Jüngst sicherte sich der Konzern aus New Jersey Finanzierungszusagen über mehr als 500 Millionen Dollar. Zudem sollen über eine Kapitalerhöhung bis zu zwölf Millionen neue Stammaktien ausgegeben werden.
Analysten bleiben skeptisch und raten mehrheitlich zum Verkauf der Papiere. Viele Kleinanleger könnte das aber kaum davon abhalten, beim Zocker-Papier bald wieder für kräftige Turbulenzen zu sorgen.