Die Landesregierung aus SPD, Grünen und Linken will mit dem umstrittenen Vorhaben dem rasanten Anstieg der Mieten Einhalt gebieten und Zeit gewinnen für entlastenden Wohnungsneubau. Sie reagiert damit auch auf Bestrebungen einer Bürgerinitiative, die eine Enteignung von großen Immobilienkonzernen fordert. "Wir brauchen einen Stopp dieses Mietenwahnsinns", forderte Susanna Raab von der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen", die ein entsprechendes Volksbegehren in Berlin durchsetzen will, auf der Hauptversammlung der börsennotierten Deutschen Wohnen in Frankfurt.
Der Mietendeckel soll bis Januar 2020 in Kraft treten. Um zwischenzeitliche Mieterhöhungen zu verhindern, soll es rückwirkend ab dem Senatsbeschluss vom 18. Juni gültig sein. Bei Verstößen sollen Geldbußen von bis zu 500.000 Euro möglich sein. Ausgenommen vom sogenannten Mietenmoratorium sind Neubauten bei der Erstvermietung und der soziale Wohnungsbau. Außerdem soll eine Mietobergrenze eingeführt werden. Ihre Höhe ist noch unklar. Mieten, die darüber liegen, sollen auf Antrag gesenkt werden müssen. Modernisierungen von Mietwohnungen müssen den Behörden mitgeteilt und ab einer bestimmten Höhe genehmigt werden. Lompscher räumte mit Blick auf die landesrechtliche Regelung ein: "Wir haben hier rechtliches Neuland."
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zeigte Verständnis für die Pläne: "Ich kann schon nachvollziehen, dass angesichts der außergewöhnlichen Preissteigerungen der letzten Jahre jetzt Berlin eine solche Entscheidung getroffen hat."
Scharfe Kritik kam indes aus der Wohnungswirtschaft. "Der Mietendeckel wird dazu führen, dass weniger gebaut wird und weniger saniert wird", sagte Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn. Er äußerte zugleich Zweifel daran, dass das Land Berlin überhaupt das Recht zu einem solchen Beschluss habe. Mit mehr als 110.000 Wohnungen in Berlin ist Deutsche Wohnen der größte private Vermieter in der Hauptstadt.
"BERLIN MAUERT SICH EIN"
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA), der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, warnte vor negativen Folgen. "Man wird sich in Zukunft zweimal überlegen, ob man in Berlin oder besser woanders investieren will", sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner. "Die Hauptstadt mauert sich ein, die politische Landschaft verunsichert Investoren, auf die Berlin dringend angewiesen ist."
Auch der Eigentümerverband Haus & Grund kritisierte den Plan und forderte den Bund zum Handeln auf. "Die Bundesregierung ist dringend gefordert, klare Signale zu setzen: Ein Mietendeckel ist keine Lösung für die Probleme auf dem Wohnungsmarkt", sagte Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke. Eine fünfjährige Mietendeckelung wird dazu führen, dass private Eigentümer entweder ihre Wohnungen verkaufen oder keine Modernisierungen mehr durchführen, sodass die Wohnqualität drastisch sinken wird. Der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) übte ebenfalls Kritik. "Mietpreisregulierungen lösen das Problem der Wohnungsknappheit nicht", sagte BVR-Vorstand Andreas Martin. "Stattdessen sollten verstärkt Maßnahmen zur Verbesserung der Angebotssituation unternommen werden."
Die Aktien börsennotierter Immobilienkonzerne gerieten nach dem Senatsbeschluss unter Druck. Schon seit den ersten Überlegungen haben sie stark an Wert verloren. "Man muss jetzt schauen, ob das Berliner Beispiel Schule macht", sagte ein Händler. Die Aktien der Deutschen Wohnen verloren gut ein Prozent und gehörten damit zu den wenigen Verlierern im Nebenwerteindex MDax. Die Papiere von Deutschlands größtem Wohnungskonzern Vonovia notierten ebenfalls leicht im Minus - einer von nur drei Verlieren im 30 Werte umfassenden Leitindex Dax.
rtr