Nachgehakt bei: Thorsten Schmiege, Präsident der Landeszentrale für Neue Medien, zu Berlusconis Plänen, bei ProSiebenSat.1 die Kontrolle zu übernehmen
€URO AM SONNTAG: Sie sind Präsident der bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM), die insbesondere auch kontrolliert, ob bei einem Medienunternehmen über die Aktionärsstruktur staatliche Einflussnahme droht. Die Holding der Familie Berlusconi, MFE, hielt zuletzt 22,7 Prozent an ProSiebenSat.1 und hat kürzlich erklärt, bei der TV-Gruppe die „Kontrolle“ übernehmen zu wollen. Wie bewerten Sie das?
THORSTEN SCHMIEGE: Im Medienstaatsvertrag ist das Gebot der Staatsferne und damit das Verbot der Staatsnähe festgeschrieben. Silvio Berlusconi ist ein italienischer Senator und führende Kraft in einer an der italienischen Regierung beteiligten Partei. Insofern ist die Gefahr der Einflussnahme auf die TV-Programme der Sendergruppe im Blick zu behalten.
€URO AM SONNTAG: MFE plant nach eigenen Angaben, die ProSieben-Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent aufzustocken — praktisch eine HV-Mehrheit. Wie würden Sie darauf reagieren?
THORSTEN SCHMIEGE: Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) hat sich bei Erhöhung über 25 Prozent eine erneute Prüfung vorbehalten. Parallel müsste geprüft werden, ob Berlusconis Staatsnähe medienrechtlich auf die Beteiligung an ProSiebenSat.1 durchschlägt. Schließlich müsste die BLM prüfen, ob dadurch die Informationsvielfalt gefährdet wird.
€URO AM SONNTAG: Könnten Sie eine Aufstockung der MFE-Beteiligung an ProSieben verhindern?
THORSTEN SCHMIEGE: Läge in der Überschreitung ein Verstoß gegen das Staatsferne-Gebot, droht zunächst eine wesentliche Zulassungsvoraussetzung für alle Sender zu entfallen. Wir können das aber erst im Detail prüfen, wenn konkretisiert ist, wann und um wie viel die Beteiligung erhöht wird. Die BLM kann zudem eine gesellschaftsrechtliche Zusammensetzung des Anbieters festlegen, die einen maßgeblichen Einfluss in den Organen der Gesellschaft unterbindet. ehr
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: ProSiebenSat.1 Media