TEIL 1: Einleitung

TEIL 2: Aktivseite der Bilanz

TEIL 3: Passivseite der Bilanz

TEIL 4: Kapitalflussrechnung

TEIL 5: Kennzahlenanalyse I

TEIL 6: Kennzahlenanalyse II

Das zahlen wir aus dem Cashflow", sagen Vorstandschefs gern, wenn sie zeigen wollen, wie grundsolide ihr Unternehmen ist. Dabei ist der Begriff Cashflow gar nicht eindeutig definiert. Und so wird er in Kurzformeln auch als "liquiditätsmäßiger Jahresüberschuss", als "Zahlungsüberschuss aus dem laufenden Betriebsprozess", als "Teil des Umsatzüberschusses, der nicht in der gleichen Periode zu Ausgaben oder Einnahmen geführt hat", als "Kapitalrückfluss aus dem Unternehmensprozess" oder als "Finanzmittelzufluss" bezeichnet. Die unterschiedlichen Definitionen resultieren daraus, dass der Cashflow als Rechnungsmethode nicht hinsichtlich bestimmter Zielsetzungen systematisch und in sich geschlossen konzipiert wurde, sondern zu Beginn der 50er-Jahre in den USA mehr oder weniger als pragmatisches Analyseinstrument entstand.

Zielsetzung bei der Ermittlung des Cashflows ist, die Aussagekraft des Jahresabschlusses beziehungsweise der Bilanz sowie der Gewinn-und Verlustrechnung zu verbessern. So sollen einerseits das Unternehmen unter finanziellen Gesichtspunkten betrachtet und andererseits bilanzpolitische Spielräume weitgehend ausgeschaltet werden. Dies geschieht, indem die Gewinn-und Verlustrechnung um alle zahlungsunwirksamen Aufwendungen und Erträge bereinigt wird. Mit dem Cashflow soll also durch alleinige Berücksichtigung zahlungswirksamer Vorgänge der Forderung nach Beseitigung rein bilanzpolitischer Eingriffe nachgekommen werden. Der Cashflow ist damit aufgrund dieser Methodik eine objektivere Größe als der Jahresüberschuss oder der Bilanzgewinn.

Die Gliederung der Zahlungsströme kann dabei nach der Geschäfts-, der Investitions-und der Finanzierungstätigkeit erfolgen (siehe oben; Ausriss aus dem Konzernabschluss 2012 von Tom Tailor). Die Grobstruktur dieser Rechnung sieht also wie folgt aus: Die Mittelzuflüsse aus laufender Geschäfts-, Investitions-und Finanzierungstätigkeit ergeben in Summe die zahlungswirksame Veränderung des Finanzmittelfonds.

Mittelzufluss aus laufender Geschäftstätigkeit: Dabei werden zum Jahresüberschuss, der aus der Gewinn-und Verlustrechnung bekannt ist, das außerordentliche Ergebnis sowie die Zu-oder Abschreibungen im Anlagevermögen addiert. Berücksichtigt man zudem ergebniswirksame Veränderungen im Sonderposten mit Rücklageanteil sowie Pensionsrückstellungen, hat man den Cashflow nach Definition der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management/Schmalenbach-Gesellschaft (DVFA/SG).

Um jedoch zum Mittelzu- oder -abfluss aus der laufenden Geschäftstätigkeit zu kommen, muss man diese Größe um weitere relevante Veränderungen in einzelnen Bilanzpositionen korrigieren. Im Ergebnis errechnet sich der Mittelzufluss aus laufender Geschäftstätigkeit aus dem Cashflow nach DVFA/SG zuzüglich der Veränderung der Vorräte sowie abzüglich des Abgangs von Anlagevermögen, den Veränderungen bei Forderungen, Verbindlichkeiten, übrigen Rückstellungen sowie den sonstigen Veränderungen.

Mittelzufluss aus Investitionstätigkeit: Die Investitionstätigkeit eines Unternehmens lässt sich in der Praxis meist in vier Bereiche aufteilen, die sich auch in der Kapitalflussrechnung widerspiegeln: Investitionen in materielle Vermögensgegenstände (also Sachanlagen), Investitionen in immaterielle Vermögensgegenstände, Investitionen in Finanzanlagen sowie konsolidierungstechnisch notwendige Aus-oder Einzahlungen. Im Beispiel stehen den Investitionen - also den Auszahlungen in den einzelnen Unterpunkten - kleinere Einzahlungsbeträge aus Abgängen von materiellen respektive immateriellen Vermögensgegenständen sowie Finanzanlagen gegenüber, die mit den Auszahlungen für die Investitionen zu verrechnen sind.

Mittelzufluss aus Finanzierungstätigkeit: Unser Beispiel zeigt: Im Geschäftsjahr 2012 sind dem Tom-Tailor-Konzern 187,045 Millionen Euro aus Finanzierungstätigkeit zugeflossen. 20,660 Millionen Euro davon stammten aus der Ausgabe neuer Aktien -einer Eigenkapitalmaßnahme also. Andererseits stiegen die Finanzverbindlichkeiten zur Finanzierung einer Akquisition um 237,5 Millionen Euro. Gleichzeitig verringerte die Gruppe aber andere Finanzverbindlichkeiten um 67,462 Millionen Euro. 0,843 Millionen Euro flossen als Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ab; weitere 2,81 Millionen Euro wurden als Dividende ausgeschüttet.

Finanzmittelfonds: Aus dem Mittelzufluss aus laufender Geschäftstätigkeit in Höhe von 5,733 Millionen Euro, dem Mittelabfluss aus Investitionstätigkeit in Höhe von 148,779 Millionen Euro und dem Zufluss aus Finanzierungstätigkeit in Höhe von 187,045 Millionen Euro errechnet sich für den Konzern im Geschäftsjahr 2012 ein Mittelabfluss von 44,006 Mio. Euro, was wiederum die Veränderung des Finanzmittelfonds darstellt.

Die Kapitalflussrechnung zeigt bei Tom Tailor zudem, dass der Finanzmittelfonds zu Beginn des Jahres mit 9,376 Millionen Euro ausgestattet war. Unter Berücksichtigung des zuvor errechneten Mittelzuflusses von 44,006 Millionen Euro sowie bilanzierungstechnischer Notwendigkeiten wie zum Beispiel die Bewertung zu nunmehr aktuellen und nicht zu historischen Wechselkursen - also die Finanzmittelfondsänderung aus Konsolidierungs-und Wechselkursänderungen -errechnet sich zum Jahresende 2012 ein Finanzmittelfonds in Höhe von 53,382 Millionen Euro, wobei diese Position natürlich gleichzeitig die Startgröße für das Geschäftsjahr 2013 darstellt.

Mit diesen Erläuterungen zur Kapitalflussrechnung am Beispiel Tom Tailor sollten Cashflow-Erläuterungen auch in den Geschäfts-oder Zwischenberichten anderer deutscher Aktiengesellschaften richtig gelesen und interpretiert werden können.