Der Dax fiel bis zum Nachmittag um 0,7 Prozent auf 12.260 Punkte. "Es ist wohl der schlechteste Start in die Berichtssaison am deutschen Aktienmarkt, den man sich hätte vorstellen können", sagte Jochen Stanzl, Chefanalyst beim Brokerhaus CMC Markets. Der EuroStoxx50 notierte 0,3 Prozent schwächer bei 3491 Zählern. An den US-Börsen verdarben schwache Zahlen von Netflix Investoren die Laune.
Den Anlegern werde immer bewusster, dass aus der erhofften Erholung des Wirtschaftswachstums in der zweiten Jahreshälfte nichts werde, sagte Stanzl. Der anhaltende Handelskonflikt zwischen den USA und China hinterlässt Spuren in den Geschäften der Unternehmen weltweit. Einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge sind die Gespräche zwischen den USA und China wegen Huawei ins Stocken geraten. Die US-Regierung untersuche derzeit, wie sie mit den chinesischen Forderungen umgehe, die Sanktionen für den Telekomausrüster zu lockern.
EZB KÖNNTE FLEXIBLERE INFLATIONSZIELE ZULASSEN
Strategen zufolge halten lediglich die Zinshoffnungen die Börsen momentan oben. Spekulationen auf eine noch längere Niedrigzinsphase in der Euro-Zone setzten den Euro unter Druck. Die Devise fiel auf 1,1203 Dollar von zuvor 1,1230 Dollar. Wie die Agentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Situation vertraute Personen berichtete, prüft die Europäische Zentralbank Veränderungen an ihrem Inflationsziel. EZB-Chef Mario Draghi favorisiere einen "symmetrischen" Ansatz, der mehr Flexibilität ermögliche. Die EZB wollte den Bericht nicht kommentieren.
Bislang peilt die Notenbank mittelfristig einen Wert von "unter, aber nahe zwei Prozent" als ideal für die Konjunktur an. "Dieser flexiblere Ansatz würde bedeuten, dass es nicht automatisch zu Zinserhöhungen käme, wenn wir bei zwei Prozent angelangt sind", sagte Devisenexpertin Thu Lan Nguyen von der Commerzbank.
Am Ölmarkt machte sich nach Medienberichten über einen durch iranische Revolutionsgarden gestoppten ausländischen Tanker im Golf die Furcht vor Versorgungsengpässen breit. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuert sich um 0,9 Prozent auf 64,25 Dollar je Barrel, nachdem sie zuvor schwächer notiert hatte. Der Preis für US-Leichtöl WTI stieg um 0,7 Prozent auf 57,15 Dollar.
SAP STEUERT AUF GRÖSSTEN TAGESVERLUST SEIT ZEHN JAHREN ZU
Die SAP-Papiere brachen um bis zu zehn Prozent ein und steuerten auf den größten Tagesverlust seit rund einem Jahrzehnt zu. Das setzte auch andere Technologiewerte unter Druck. Der europäische Branchenindex fiel um rund zwei Prozent. Die Kosten für den Personalabbau und eine Übernahme drücken auf den Gewinn bei dem Walldorfer Softwarereisen, das Unternehmen kann deswegen mit seinem Programm zur Gewinnsteigerung erst 2020 durchstarten. Die relativ hohen Erwartungen seien in allen Bereichen enttäuscht worden, sagte ein Händler.
Aktien des Baukonzerns Hochtief brachen zeitweise mehr als zwölf Prozent ein. Schwächere Geschäfte der australischen Tochter Cimic machen dem Unternehmen zu schaffen.
In London legten die Aktien von Vodafone hingegen um bis zu 1,6 Prozent zu. Die EU-Wettbewerbshüter haben dem weltweit zweitgrößten Mobilfunkbetreiber unter Auflagen grünes Licht für die 18,4 Milliarden-Übernahme der Kabel-Geschäfte von Liberty Global in Deutschland und Osteuropa gegeben.