Wie gewonnen, so zerronnen: Europas Aktienanleger haben am Dienstag nach enttäuschenden Bilanzen Kasse gemacht. Der Dax fiel am Nachmittag um 1,6 Prozent auf 9965 Punkte und gab damit die Gewinne der vergangenen zwei Wochen wieder ab. Der EuroStoxx50 verlor 1,5 Prozent. Besonders der mit fast elf Prozent größte Kurssturz seit gut drei Jahren bei der Commerzbank sorgte für lange Gesichter. Für die Wall Street signalisierten die US-Futures zu Handelsbeginn fallende Kurse.

"Das sieht im Moment gar nicht gut aus für die Unternehmen", sagte ein Börsianer. "Der hohe Euro hinterlässt immer tiefere Spuren in den Bilanzen." Der Chipkonzern Infineon stutzte deshalb seinen Jahresausblick. Auch andere Konzerne leiden unter den wechselkursbedingt schlechteren Wettbewerbschancen. Der Euro kletterte zeitweise um fast einen US-Cent über 1,16 Dollar und stand damit so hoch wie seit August vorigen Jahres nicht mehr. Hinter dem Höhenflug stehen Spekulationen auf vorerst weiter niedrige Zinsen in den USA.

FINANZWERTE FALLEN WIEDER IN UNGNADE



In Scharen flohen die Anleger aus der Commerzbank, die nach einem ernüchternden ersten Quartal selbst daran zweifelt, den Milliardengewinn des Vorjahres wiederholen zu können. Die Aktien der zweitgrößten deutschen Bank stürzten daraufhin bei sehr hohem Umsatz um 10,9 Prozent auf 7,21 Euro ab. Das war der größte Kurssturz seit dem 13. März 2013, als die Commerzbank mit einer milliardenschweren Kapitalerhöhung die Anleger vergrault hatte.

Auch die meisten übrigen Finanzinstitute gerieten unter die Räder - allen voran die UBS, die um 8,6 Prozent einbrachen. Die größte Bank der Schweiz hatte zu Jahresbeginn deutlich weniger verdient. Im Sog von UBS und Commerzbank gaben auch die Titel der Deutschen Bank um mehr als fünf Prozent nach. Die italienischen Geldhäuser setzten ihre Talfahrt nach dem gefloppten Börsengang der Banca Popolare di Vicenza fort und büßten im Schnitt über drei Prozent ein.

Gegen den Trend zogen BNP Paribas um bis zu 3,8 Prozent an. Im Verlauf konnten auch sie sich dem Trend aber nicht entziehen und gaben die Gewinne wieder weitgehend ab. Die größte französische Bank hatten wegen geringeren Rückstellungen für faule Kredite und gesunkenen Kosten einen überraschend guten Jahresstart hingelegt.

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LUFTHANSA, INFINEON UND BMW NACH ZAHLEN AUF TALFAHRT



Zu den Dax-Schlusslichtern zählten auch Infineon mit einem Abschlag von fast sechs Prozent. Die Dollar-Schwäche bremste das Umsatzwachstum des auch für die Autoindustrie produzierenden Halbleiter-Konzerns. Das veranlasste die Anleger zu Gewinnmitnahmen bei einem der Favoriten des ersten Quartals.

Auch Lufthansa gingen auf Sinkflug, da Anleger an den Geschäftszielen zweifelten. Die Titel brachen um acht Prozent ein. In ihrem Sog verloren die Konkurrenten Air France und die British-Airways-Mutter IAG je mehr als drei Prozent.

Ebenfalls auf den Verkaufszetteln standen die Aktien von BMW, die am Nachmittag drei Prozent im Minus lagen. Die Münchener waren mit ihrer Gewinnentwicklung hinter den Erwartungen der Analysten geblieben.

Größter Verlierer im MDax waren Steinhoff mit einem Abschlag von 4,7 Prozent. Anleger fürchten, der Möbelhändler, der unter anderem die "Poco"-Märkte betreibt, könnte beim Bieterstreit um die britische Elektronik-Kette Darty zu tief in die Tasche greifen.

Reuters