Angesichts dieses Potpourris fällt es schwer zu glauben, dass es Koch gelungen sein soll, den früheren Baukonzern in einen effizienten Industriedienstleister zu verwandeln. Schließlich galt es, die Abhängigkeit vom Baugeschäft zu reduzieren, den losen Verbund aus über 500 Einzelfirmen zu einer kooperierenden Einheit zu formen, Synergien zu heben und den Umsatz zu steigern.
Doch drei Jahre, nachdem der frühere Merkel-Konkurrent das Ruder bei Bilfinger übernahm, läuft offenbar vieles in die richtige Richtung. Angestoßen von seinem Vorgänger Herbert Bodner setzte Koch 2011 den Weg zum Servicedienstleister fort, schrumpfte das Baugeschäft und baute durch mittlerweile 22 Zukäufe die weiteren Unternehmenssparten Industriedienstleistung, Gebäudemanagement und Energie sukzessive aus.
Auf Seite 2: 25 Konferenzräume sind zu viel
25 Konferenzräume sind zu viel
Die größere Herausforderung für den Seitenwechsler Koch sahen Beobachter jedoch stets an anderer Stelle. So arbeiteten die Tochterunternehmen lange nebeneinander her, wurden laut Konzernkennern oft wie eigenständige Firmen geführt. Synergieeffekte waren so kaum zu erzielen. Zeitgleich leistete sich der Konzern teure Doppelstrukturen. In Hamburg etwa gibt es elf Bilfinger-Standorte, was laut Koch elf Sekretariate, elf Kopier- und mindestens 25 Konferenzräume bedeutet.
Bei der Reorganisation schien sich der Neumanager lange nicht gegen interne Widerstände durchsetzen zu können. Der Befreiungsschlag gelang im vergangenen September. Damals setzte Koch überraschend seinen Vorstandskollegen Thomas Töpfer vor die Tür und startete einen strukturellen Konzernumbau. Töpfer hatte sich angeblich stets gegen solche Maßnahmen ausgesprochen. Nun werden Verwaltungs- und Vertriebsaufgaben der Töchter zentral erbracht, während die Angebotspalette der vier Konzernsparten in insgesamt 14 Geschäftsfelder gegliedert wird.
Die Divisionen sind klar auf Kundensegmente zugeschnitten und werden direkt vom Vorstand gesteuert. Zuvor war die Verantwortung oft über mehrere Einheiten verteilt. Das soll die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen den Bereichen steigern und einen einheitlichen Marktauftritt schaffen. Koch setzt darauf, dass den Kunden der früher getrennten Bereiche weitere Leistungen von Bilfinger verkauft werden können.
Auf Seite 3: Investor macht Druck
Investor macht Druck
Auslöser für den Energieschub dürfte aber auch der Druck des schwedischen Finanzinvestors Cevian gewesen sein. Der Großaktionär, der rund 20 Prozent an Bilfinger hält, soll nach dem schlechten ersten Halbjahr 2013 deutlich auf die hohen, über dem Branchenschnitt liegenden Verwaltungskosten hingewiesen haben. Im Rahmen des Sparprogramms "Excellence" will Koch nun allein beim Personal 80 bis 90 Millionen Euro einsparen und dazu 1250 Stellen abbauen.
Der Ex-Politiker muss jetzt vor allem den Umsatz steigern. Die Ziele bis 2016 sind ambitioniert. Alle Bereiche müssen demnach mehr Geschäft machen.
Im dritten Quartal 2013 schafften die beiden großen Sparten Industrie und Gebäudemanagement das bereits aus eigener Kraft. Koch bestätigte das Umsatzziel für das Geschäftsjahr von 8,6 Milliarden Euro. "Richtig ist, dass wir enorme Anstrengungen unternommen haben, um den schwachen Jahresstart auszugleichen. Es gibt derzeit keine Anzeichen, dass wir unsere Ziele nicht erreichen", sagte Koch gegenüber €uro am Sonntag.
Der Umsatz soll ab 2014 planmäßig pro Jahr um fünf Prozent steigen. Darüber hinaus muss Koch ein Umsatzvolumen in Höhe von einer Milliarde Euro zukaufen. Jüngst übernahm Bilfinger ein britisches Unternehmen im Bereich Gebäudemanagement mit rund 180 Millionen Euro Umsatz. Koch weiß: Auch die nächsten Akquisitionen müssen gelingen.
Auf Seite 4: Investor-Info