Sie haben spannende Geschichten zu erzählen - von neuen Behandlungsmethoden, von stetig steigenden Verkaufszahlen. Die Rede ist nicht von den klassischen Pillendrehern, sondern von Biotech-Unternehmen. Sie arbeiten mit lebenden Organismen, um neue therapeutische und diagnostische Verfahren zu entdecken. Neue Medikamente zum Beispiel. Gemeinsam mit der politischen Großwetterlage sorgt das für stetig steigende Nachfrage - auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht so aussieht.
Auf der einen Seite zeigt das Jahr 2014, dass die Mehrzahl der zehn meistverkauften Pharmaprodukte aus Biotech-Labors stammt. Zu den bestverkauften Medikamenten zählen zum Beispiel solche gegen Hepatitis C oder Krebs. Die Ausgaben dafür, seien es Biotechpräparate, aber auch herkömmliche Medikamente, steigen und werden weiter steigen. Ein Selbstläufer für Investoren? Nein.
Denn die Gewinnmargen der Industrie leiden unter anderem unter den Preisabschlägen und der Preiskontrolle im Segment der Endkunden. Dennoch finden sich Länder und Unternehmen, die Innovationen vorantreiben. Sie sitzen ausweislich einer Deloitte-Erhebung übrigens meistens in Singapur, China oder Australien. Warum die Forschungsausgaben? Weil niemand es sich leisten kann, den Milliardenmarkt links liegen zu lassen.
Die Nachfrage nach neuen Technologien wie der DNA-Sequenzierung oder dem "tissue engineering", der Nachzucht natürlichen Gewebes im Labor, um es zum Beispiel für den Ersatz beschädigten Gewebes zu nutzen - allein dieser Markt war 2015 104,5 Milliarden Dollar schwer. Das lockt Unternehmen, mehr zu forschen. Und vom generellen Trend zu profitieren. Ein anderes Beispiel aus der Welt der Biotechs? Im Segment Biopharma lagen 2015 die Einnahmen bei über 199 Milliarden Dollar - unter anderem wegen Wachstumshormonen oder rekombinanter Eiweiße.
Der Gesamtmarkt der Biotechnologie wiederum belief sich 2015 auf über 330 Milliarden Dollar, 2024 dürften es über 775 Milliarden sein - das jährliche Wachstum läge damit bei rund 10 Prozent. Die gleiche Entwicklung dürften auch die Verkaufszahlen nehmen. Bei Biotech-Medikamenten lag diese Kenngröße 2014 bei 289 Milliarden Dollar. 2019 sollen es schon 445 Milliarden sein.
Ein Geschäft, das längst in den Händen der Großen von Abbott bis Sanofi liegt. Sie arbeiten mit kleinen Labors zusammen, übernehmen andere Unternehmen. Roche Diagnostics tut sich da besonders hervor, brachte es 2013 auf einen Marktanteil von 17,1 Prozent. Unter anderem, weil sie zum Beispiel mit dem US-Biotech-Unternehmen Janus Biotherapeutics zusammenarbeiten, ein Mittel gegen Autoimmunsystemkrankheiten zu finden.
Donald Trump als Kurstreiber?
Den Löwenanteil dieses Marktes haben sich Nordamerikas Unternehmen gesichert - und der Anteil könnte noch wachsen; ausgerechnet wegen der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Nach dessen Amtsantritt hatte der Sektor zwischenzeitlich zehn Prozent an Wert gewonnen.
Unter anderem, weil die Biotechs als Stellvertreter für die Pharmabranche gesehen werden - geht es dem einen Sektor gut, profitiert auch der andere. Und die wiederum profitiert davon, dass Trump erklärt hat, er wolle den Protection and Affordable Care Act widerrufen, auch als "Obamacare" bekannt. Dieses Programm sicherte 12 Millionen unversicherten Amerikanern den Zugang zu medizinischer Versorgung.
Nicht mit Trump - er will stattdessen den American Health Care Act aufs Podest heben und den Grad der Regulierung zurückfahren. Das verschafft der Branche unter anderem mehr Macht bei der Preissetzung. Außerdem soll eine Steuerreform durchgewunken werden, die es den Unternehmen erlauben würde, 100 Milliarden Dollar zurück nach Amerika zu holen, die bislang im Ausland festliegen. Das macht Lust auf mehr; zum Beispiel Aktienrückkäufe oder Zusammenschlüsse. In konkreten Zahlen: Amgen besitzt 34 Milliarden Dollar in Übersee und Gilead 25 Milliarden.
Was also macht die Biotech-Branche zum zeitgeistigen Investment? Zum einen die wachsenden technischen Möglichkeiten bei der Forschung und deren Verwendung, zum anderen jene Politik, die der Branche finanziellen Rückenwind verschafft.
Fazit: Schwankungen dürften dem Sektor indes erhalten bleiben - die Forschung ist dem Risiko von Rückschlägen ausgesetzt, die Aktien dem Risiko von Rücksetzern. Aber wer sagt denn, dass ein Zeitgeist immer in regelmäßigen Schritten daherkommt.
Die Biotechnologie ist eine Mischung aus Wissenschaft, Politik und Business. Wenn das Business zu profitgierig wird, geben ihm die Politiker eins aufs Dach und es geht ihr eine Zeit lang schlecht. Doch mittel- bis langfristig wird sich die Wissenschaft durchsetzen.
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