Die Deutsche Bank hat jüngst zum 20. Mal ihre jährlich stattfindende db Access Berlin Konferenz ausgerichtet. Daran nahmen 300 Investoren und mehr als 130 Unternehmen aus der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) teil, die zusammen mehr als 3.000 Einzel-Meetings und Gruppenpräsentationen absolvierten.
Im Anschluss an die Konferenz sprachen die Analysten der Deutschen Bank davon, dass der unter den Firmenvertretern vorherrschende Ton von Zuversicht geprägt gewesen sei. Auffällig seien zudem drei weitere Beobachtungen gewesen: Das meiste Feedback habe es erstens zu den Sektoren Gesundheit, Technologie, Materialien und Industrie gegeben. Zweitens hätten sich die Unternehmens-Repräsentanten vor allem mit Blick auf Europa optimistisch gezeigt. Drittens hätten die Nachrichten von Seiten der deutschen Unternehmen die Analysten in der Richtigkeit ihrer deutschen Aktien-Empfehlungen gestärkt.
Unter den Teilnehmern und Favoriten aus Deutschland befinden sich auch einige DAX-Vertreter. Vier davon verfügen auch über ein nennenswertes Kurspotential zwischen 15 und 25 Prozent. Welche DAX-Werte das sind und wie die Kaufargumente der Deutschen Bank lauten, erfahren Sie auf den nachfolgenden Seiten.
Auf Seite zwei: ThyssenKrupp
ThyssenKrupp-Aktie
Über eine Kaufempfehlung der Deutschen Bank verfügt ThyssenKrupp. Das Kursziel beträgt 30,00 Euro. Damit beläuft sich bei diesem DAX-Vertreter das Kurspotenzial auf knapp 15 Prozent.
Der zuständige Analyst Bastian Synagowitz hat seine Kaufempfehlung nach der Konferenz und im Anschluss an Unterredungen mit Firmenvertretern bestätigt. Zur Begründung verwies er auf ermutigende Signale von Seiten des Unternehmens.
Aus seiner Sicht werde bei dem Industriekonzern in mehreren Bereichen aus dem bisher zu spürenden Gegenwind nunmehr Rückenwind. Dazu zählten beispielsweise die Gewinnspannen im Stahlgeschäft, der Barmittelfluss durch Aufträge im Bereich Industrial Solutions sowie das Umsatzwachstum und die Margenverbesserungen bei den Komponenten und im Aufzuggeschäft.
Zudem erhofft er sich bald eine Entscheidung über die Fusion mit dem Europageschäft von Tata Steel, wovon sich Synagowitz positive Kursimpulse erhofft. Zu bedeutsamen Fortschritten könnte es hier noch vor dem vierten Quartal kommen, ein Abschluss sei aber erst 2018 zu erwarten. Im Falle eines Zusammenschlusses hat ThyssenKrupp jedenfalls massive Kostensenkungen in Aussicht gestellt.
Zudem dürfte es dann anschließend zu einem Börsengang dieser Geschäftseinheit kommen. Außerdem wäre diese Transaktion ein Meilenstein beim Versuch, den Konzern umzubauen und sich künftig stärker auf das stabilere Industriegüter- und Dienstleistungsgeschäft zu konzentrieren.
Die Gewinnschätzungen sehen für 2017 eine Verbesserung von 0,63 Euro auf 1,13 Euro vor. 2018 und 2019 sollen daraus dann 1,85 Euro und 2,14 Euro werden. Auf letztgenannter Basis ergibt sich ein KGV von 12,2.
Losgelöst von der Konferenz hat ThyssenKrupp kürzlich den ersten Aufzug ohne Seiltechnik (der zudem auch seitwärts fährt) vorgestellt. Damit will das Unternehmen eine neue Ära der Fahrstuhltechnik einläuten und man darf gespannt sein, wie sich dies langfristig auf die Gewinne auswirkt.
Charttechnik
Die Aktie von ThyssenKrupp ist eher ein Papier für Trader, denn es geht bei diesem Wert historisch volatil zu und in den vergangenen 20 Jahren hat sich kein klarer Auf- oder Abwärtstrend herausgebildet. Seit Februar 2016 ist aber wieder eine Aufwärtsbewegung zu beobachten und wenn es gelingt, das Zwischenhoch aus dem Jahr 2015 bei 26,30 Euro zu knacken, dann wären die Chancen auf weiter steigende Kurse nicht als schlecht einzustufen.
Profil
Die ThyssenKrupp AG ist ein weltweit tätiger Industriekonzern mit den Schwerpunkten Stahl, Industriegüter und Dienstleistungen. Die Gesellschaft besetzt in ihren Kernbereichen Steel, Stainless, Elevator, Technologies und Services überwiegend Top-3-Positionen in den relevanten Märkten. Das Produkt- und Leistungsspektrum reicht dabei von Flachstahl über den Handel mit Werk- und Rohstoffen bis hin zu Personenbeförderungsanlagen. Ergänzt wird das Angebot durch die Herstellung von hochwertigen Komponenten, die in den verschiedensten Fahrzeugen und Maschinen zum Einsatz kommen. Die ThyssenKrupp AG ist in über 80 Ländern mit eigenen Gesellschaften, Niederlassungen und Büros vertreten.
Auf Seite drei: Linde
Linde-Aktie
Zum Kaufen rät die Deutsche Bank auch bei Linde. Diese Einschätzung geht mit einem Kursziel von 210,00 Euro einher. Damit diese Vorgabe erreicht wird, müsste dieser DAX-Wert um 24,5 Prozent zulegen.
Bei dem Gase-Spezialisten dreht sich momentan fast alles um die geplante Fusion mit Praxair (mit dem Zusammenschluss würde der größte Gase-Konzern der Welt entstehen, von dem sich Linde in den kommenden Jahren erhebliche Synergien erhofft. Der Vorstand hat sich laut dem zuständigen Analysten Tim Jones zuversichtlich gezeigt, diesen Deal auch abschließend einfädeln zu können. Die Prüfungen durch die Aufsichtsbehörden sollten zu bestehen sein und für die Unternehmensteile, die man aus wettbewerbsrechtlichen Gründen verkaufen müsse, gebe es genügend Interessenten.
Auch aus Sicht von Jones sind die wettbewerbsrechtlichen Risiken der Fusion mit Praxair überschaubar und im Falle einer erfolgreichen Transaktion könne die Aktie sogar bis zu 245 Euro wert sein, so sein Urteil. Er setzt darauf, dass die vom Unternehmen angestrebten Synergien und Kosteneinsparungen sogar noch übertroffen werden können.
Ähnlich positiv hat sich übrigens jüngst auch Standard & Poor's geäußert. Die Ratinagentur hat die Einstufung von A+ für die langfristige Bonität bestätigt und festgestellt, der Zusammenschluss mit Praxair werde eine positive Auswirkung auf die gemeinschaftlichen Geschäftsrisiken haben, da das neue Unternehmen diversifizierter und global balancierter sei.
Mit Blick auf die Quartalszahlen rechnet Jones mit einem kleinen operativen Ergebnisrückgang, weil er davon ausgeht, dass das schwache Gase-Geschäft schwerer wiegt als das Wachstum im Anlagenbau. Derzeit beinhaltet die Schätzung für den Gewinn je Aktie in den Jahren 2016 bis 2019 folgende Zahlenreihe: 7,94, 8,24, 8,97 und 9,79 Euro. Das geschätzte KGV für das übernächste Jahr bewegt sich damit bei 17,2.
Charttechnik
Unterbrochen von nur zwei größeren Rückschlägen in den Jahren 2008 und 2015/16 geht es mit dem Aktienkurs von Linde im Grunde genommen seit 2003 nach oben. Insgesamt ist die Notiz seitdem bis März 2015 von 22,83 Euro auf 193,85 Euro gestiegen. Allerdings liegt das zuvor erwähnte Rekordhoch nun schon etwas zurück, und es hat sich ein mittelfristiger Seitwärtstrend breit gemacht. Seit rund einem Jahr geht es innerhalb dieses Trends zwar wieder aufwärts, grundsätzlich charttechnisch neu zu beurteilen wäre der Titel aber erst bei einem Vorstoß auf neue Kursrekorde.
Portrait
Die Linde AG ist ein weltweit führender Technologiekonzern, der in den Bereichen Industriegase und Engineering in über 100 Ländern tätig ist. Das Unternehmen produziert Industriegase, die anschließend in verschiedenen Bereichen wie dem Energiesektor, der Strahlproduktion, der Chemieverarbeitung, dem Umweltschutz oder medizinischen Therapien zum Einsatz kommen. Darüber hinaus umfassen die weiteren Unternehmensaktivitäten Planung und Bau von Industrieanlagen für verfahrenstechnische Projekte sowie die Herstellung von Anlagenkomponenten. Dienstleistungen wie Ingenieurberatung, Projektmanagement, Personalschulung und Kundendienst runden das Portfolio ab. Die Strategie der Linde Group ist dabei auf ertragsorientiertes und nachhaltiges Wachstum ausgerichtet. Derzeit plant das Unternehmen eine Fusion mit der amerikanischen Praxair.
Auf Seite vier: BASF
BASF-Aktie
Die Kaufempfehlung für BASF hat die Deutsche Bank erst in der Vorwoche bekräftigt. Unverändert blieb dabei auch das Kursziel von 101,00 Euro. Weil dieser DAX-Vertreter zuletzt unter Druck stand, beträgt das damit verbundene Kurspotenzial derzeit 22,3 Prozent.
Laut Deutscher Bank verliefen die Gespräche mit dem Vorstandschef Kurt Bock sehr positiv und unter den auf der Konferenz vertretenen Standardwerten habe es sich dabei um eines der Hohepunkte gehandelt. Wie zu vernehmen gewesen sei, ist das zweite Quartal ähnlich gut wie das erste Quartal gelaufen und somit deutlich besser als zu Jahresbeginn erwartet. Auch für das zweite Halbjahr hätten sich die Aussichten etwas verbessert.
Aus Sicht der Deutschen Bank ist eine Anhebung der Geschäftsprognose für das Gesamtjahr 2017 nicht ausgeschlossen. Die mittelfristigen hausinternen Planungen des Chemie-Konzerns seien zwar noch relativ vorsichtig, doch inzwischen werde für die nächsten drei bis vier Jahre auch ein positiver Geschäftszyklus in der Branche nicht mehr ausgeschlossen.
Auch der M&A-Ebene gebe es eine erklärte Bereitschaft zu Aktivitäten und vielleicht seien auch Geschäftsbereiche von Dow Chemical und Dupont interessant, die im Zuge des geplanten Zusammenschlusses dieser beiden US-Konkurrenten zum weltgrößten Chemie-Konzernverkauft werden müssen.
Beim Ergebnis je Aktie kalkuliert die Deutsche Bank für 2017 mit 6,57 Euro nach 4,83 Euro im Vorjahr. Für 2018 und 2019 sieht die Schätzreihe dann 7,08 Euro bzw. 7,79 Euro vor. Zusammen mit den für die Geschäftsjahr 2017 bis 2019 erwarteten Dividendenzahlungen von 3,30, 3,55 und 3,81 Euro je Aktie ergebe sich eine Bewertung, die den Titel attraktiv erscheinen lasse.
Charttechnik
Obwohl der Weg nach oben nicht beschwerdefrei war, hat es die Aktie von BASF geschafft, von Juli 1996 bis April 2015 von 10,067 Euro auf 96,72 Euro zuzulegen. Allerdings konnten seitdem die Gewinne nicht mehr weiter ausgebaut werden. Seit April neigt der Titel wieder zur Schwäche, nachdem es bis dahin noch nach einem baldigen Angriff auf das Rekordhoch aussah. Und ein prozyklisches charttechnisches Kaufsignal ergibt sich erst, wenn diese Bestmarke getoppt werden kann.
Portrait
Die BASF SE ist ein weltweit führendes Chemieunternehmen. Der Konzern verfügt über eines der umfangreichsten Produktportfolios im Bereich der Industriechemikalien und bedient mit seinen Produkten weltweit die Automobil-, Elektro-, Chemie- und Bauindustrie sowie die Argrar- und Pharmabranche und die Öl- und Gasförderindustrie. Die BASF entwickelt und produziert Haupt- und Vorprodukte wie hochveredelte Chemikalien, technische Kunststoffe und Veredelungsprodukte sowie Pflanzenschutzmittel, Öle und Gase. Die Präparate finden Verwendung bei der Herstellung von Farben und Lacken, Papierprodukten, Hygieneartikeln, Kraft-, Kunst- und Schmierstoffen, Pestiziden, bei der Wasseraufbereitung und einer Vielzahl anderer Anwendungsgebiete. BASF verfügt über Gesellschaften in 80 Ländern, über sechs Verbund- und rund 380 Produktionsstandorte und erreicht Kunden in fast allen Ländern der Welt.
Auf Seite fünf: Volkswagen
Volkswagen-Aktie
Interessanterweise ist die Aktie von Volkswagen bei der Deutschen Bank nur mit Halten eingestuft. Interessant ist das deshalb, weil das Kursziel 160,00 Euro beträgt. Und daraus ergibt sich immerhin ein Anstiegspotenzial von 17,8 Prozent.
Der zuständige Analyst Tim Rokossa hat vermutlich deshalb noch nicht auf Kaufen umgestellt, weil er gerne erst Kostensenkungen bei dem Autobauer sehen will. Im Erstquartalsbericht konnte er diese noch nicht ausmachen, obwohl die Zahlen an sich aus seiner Sicht nicht schlecht ausgefallen sind.
Das Wolfsburger Unternehmen blieb nach den ersten drei Monaten auch bei der Prognose, dass sich die operative Rendite im Gesamtjahr zwischen 6,0 und 7,0 Prozent einstellen soll, nach 6,7 Prozent im Vorjahr. Zur Begründung wurde auf die anfälligen Märkte in Brasilien und Russland verwiesen sowie auf die Unsicherheiten, die mit dem Brexit sowie den Handelsdiskussionen mit den USA verbunden sind.
Auf der Konferenz gab es von Seiten des anwesenden Finanzvorstands keine wirklich kursrelevanten Neuigkeiten. Zu den Kosten des Diesel-Abgas-Skandals sagte er, diese würden den Konzern noch über Jahre hinweg beschäftigen. Zudem gestand er ein, dass man in den USA und in Brasilien nach wie vor deutliche Verluste schreibt.
Der Finanzvorstand riet überdies dazu, das erste Quartal nicht auf das zweite Quartal hochzuschreiben, doch die Deutsche Bank rechnet mit vernünftigen Zahlen. Allerdings werden durch die Folgen des Diesel-Abgas-Skandals Kapazitäten gebunden, die es erschwerten, ausreichend viele Ressourcen für wichtige Trends wie das fahrerlose Fahren zu bündeln.
Fehlende kurzfristige Dynamik kommt auch darin zum Ausdruck, dass Rokossa zwar für 2017 von einem Gewinnsprung von 12,26 Euro auf 23,18 Euro ausgeht, er das Ergebnis dann aber für die beiden folgenden Jahre nur bei 22,53 Euro und 22,29 Euro sieht.
Charttechnik
Bei der Volkswagen-Aktie wird man als Beobachter das Gefühl nicht los, dass der Titel nach dem Diesel-Abgas-Skandal und inmitten der Umbrüche in denen sich die Auto-Branche befindet, noch auf der Suche ist nach dem künftigen Wert. Zuletzt ging es hier jedenfalls eher trendlos zu und der Chart erlaubt nicht unbedingt eine verlässliche Aussage darüber, wohin die Reise als nächstes gehen wird. Negativ zu werten wäre allerdings ein Fall unter das nicht weit entfernte Jahrestief von 133,35 Euro.
Portrait
Die Volkswagen AG ist der größte Automobilhersteller in Europa und einer der führenden weltweit. Volkswagen konzentriert seine Tätigkeit auf das Automobilgeschäft und bietet entlang der gesamten Wertschöpfungskette einschließlich der Segmente Finanzdienstleistungen und Finanzierung ein breites und vollständiges Dienstleistungsspektrum an. Der Konzern ist in die Bereiche Automobile und Finanzdienstleistungen strukturiert. Es gehören die Marken Volkswagen, Audi, SEAT, Skoda, Bentley, Bugatti, Lamborghini, Porsche, Ducati, Volkswagen Nutzfahrzeuge, Scania und MAN zum Portfolio. Dabei hat jede Marke ihren eigenen Charakter und operiert selbständig am Markt.
Das Angebot reicht von verbrauchsarmen Kleinwagen wie dem VW Up! bis zu Luxusautos. Im Bereich Nutzfahrzeuge reicht die Produktpalette von Pick-ups bis zu Bussen und Schwertransportern. In weiteren Segmenten produziert Volkswagen Großdieselmotoren, Turbolader, Turbomaschinen und Kompressoren sowie chemische Reaktoren. Auch Spezialgetriebe für Fahrzeuge und Windräder sowie Gleitlager und Kupplungen gehören zum Sortiment.