Seit der Bitcoin am 26. Juni den Jahreshöchstkurs von rund 13 700 Dollar erreicht hat, befindet sich der Preis auf einer wilden Achterbahnfahrt. Zweimal tauchte er seither unter die wichtige psychologische Marke von 10 000 Dollar. Mit dem zwischenzeitlichen Durchbruch über die 50-Tage-Durchschnittslinie sieht das Chartbild kurzfristig etwas angeschlagen aus

Die Schwankungen kommen nicht von ungefähr, denn der Preisanstieg in den vergangenen Wochen war gewaltig: Seit Anfang April, also in nur drei Monaten, hatte sich der Bitcoin-Preis mehr als verdreifacht. Generell unterscheiden sich die Kryptomärkte nicht wesentlich von anderen hochspekulativen Märkten. Nach einem fulminanten Bullrun wie im Frühjahr fallen dann auch Korrekturen heftiger aus. Ein Mechanismus, den man auch an den Aktienmärkten häufig erlebt.

Politischer Gegenwind


Allerdings gab es zuletzt auch einen wesentlichen negativen Einflussfaktor: die Politik. Diese wurde durch den geplanten Facebook-Coin Libra aufgeschreckt. Weltweit haben Politiker größte Bedenken, so der Chef der amerikanischen Notenbank Jerome Powell, US-Präsident Donald Trump oder europäische Politiker wie der deutsche Finanzminister Olaf Scholz. Beim G7-Treffen der Finanzminister und Zentralbanker der wichtigsten westlichen Industrienationen in der vergangenen Woche herrschte seltene Einigkeit: Alle wollen das Projekt Libra stoppen, bis die Vorbehalte ausgeräumt sind.

Mit der virtuellen Facebook-Währung sollen kostengünstige länderübergreifende Überweisungen möglich sein oder auch Interneteinkäufe bezahlt werden können. Die Bedenken von Politik und Zentralbanken mögen zwar nicht ganz unberechtigt sein, doch taugt die Verwendung als Zahlungsmittel für kriminelle und terroristische Aktivitäten nur bedingt als Begründung für eine Ablehnung. Denn letztlich können Transaktionen auf der öffentlichen Blockchain verfolgt werden, Cash-Trans­aktionen mit dem Dollar dagegen nicht.

Vom Liebling zum Party-Crasher


Problematischer könnte dagegen die Vormachtstellung der amerikanischen Internet- und Datengiganten sein. Neben Face­book planen möglicherweise auch Google oder Amazon eigene Krypto­währungen. Die größte Angst der Politiker und Zen­tralbanker jedoch ist, dass ihnen die Währungshoheit entgleitet. Bei der nächsten größeren Finanz­krise könnte der Bitcoin dann auch in west­lichen Ländern zu einer Art Fluchtwährung werden, wie man das bisher nur von Problemländern kannte.

Der Bitcoin wurde seit April durch viele positive Faktoren in die Höhe getrieben. Das Bitcoin-Halving in einem Jahr, die zunehmende Adaption der Kryptowährungen oder die wirtschaftspolitischen Turbulenzen wie der Handelskrieg zwischen den USA und China wirken positiv. Zuletzt wurde der Kursanstieg dann noch durch Libra beflügelt. Denn Libra ist mit seiner festen Anbindung an traditionelle Währungen keine Konkurrenz zum Bitcoin. Vielmehr dürfte Libra diesen stimulieren.

Viele Facebook-User, die bisher keinen Umgang mit Kryptowährungen hatten, würden dadurch an diese herangeführt. Aktuell hat Facebook 2,5 Milliarden Teilnehmer, Bitcoin geschätzte 25 Millionen, also nur ein Prozent davon. Durch Gegenwind aus der Politik wurde aber Libra zuletzt vom Kurstreiber zum Party-Crasher.

Bitcoin hat sich etabliert


Die Frage ist: Wie nachhaltig ist der negative Einfluss von Libra auf den Bitcoin? Dazu ein Zitat von Mahatma Gandhi: "Erst ignorieren sie dich, dann lachen sie dich aus, dann bekämpfen sie dich, dann gewinnst du." Bitcoin & Co sind ganz oben auf der politischen Agenda und sogar im US-Wahlkampf 2020 angekommen.

Fed-Chef Jerome Powell vergleicht Bitcoin mit Gold, und selbst die Anhörungen im US-Kongress vergangene Woche sind eher positiv verlaufen. Einige Abgeordnete erkennen das Potenzial, andere, dass aufgrund der Dezentralität ein Verbot des Bitcoin sowieso nicht durchsetzbar ist. Im Gegensatz zum nicht völlig dezentralen Libra.

Konsequenzen für Anleger: Die Kursschwankungen wirken verunsichernd. Dies wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Die Preise können sogar noch weiter zurückgehen. Bitcoin bleibt als langfristiges Investment aufgrund seines Poten­zials einzigartig - kurzfristiges Traden sollte allerdings unterlassen werden. Coinpicking ist ebenfalls schwierig: Altcoins zeigen weiter eine deutliche Underperformance gegenüber dem Bitcoin.