Geht ein syrischer Flüchtling in einem jordanischen Camp in einen Supermarkt, bezahlt er seine Einkäufe seit Neuestem nicht bar. Sondern über ein Konto im Blockchain-System Ethereum, in das er sich mit einem Iris-Scan einloggt. Eingeführt hat diese Technologie das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen. Die Vorteile: Jeder ist eindeutig identifizierbar, auch Kinder erhalten das Geld, das ihnen zusteht. Sogar im Falle einer Flucht können die Menschen nicht beraubt werden und das Geld ohne Probleme über alle Grenzen mitnehmen.

Blockchains sind die Systeme der Zukunft. Sie erlauben eine sichere und anonyme Übertragung digitaler Werte und Informationen zwischen Menschen. Weltweit - ohne Kontrolle durch staatliche Notenbanken oder hohe Gebühren von Unternehmen. Derzeit existieren mehr als 1200 solcher dezentraler Netzwerke und jeden Tag kommen neue hinzu. Und jedes dieser Netzwerke hat eine Währung.

Bitcoin ist der bekannteste Vertreter und hat mit rund 180 Milliarden US-Dollar die größte Marktkapitalisierung. Ether folgt mit 47 Milliarden Dollar auf Rang  2 und basiert auf ebenjenem Ethereum, das auch Flüchtlinge nutzen. Dass sie damit Lebensmittel und Medikamente bezahlen können, ist etwas Besonderes.

Als Zahlungsmittel sind Kryptowährungen noch nicht verbreitet. Zwar akzeptiert der kommerzielle Handel zunehmend Bitcoins, doch die meisten Nutzer spekulieren lediglich damit. Kein Wunder. Der Bitcoin-Kurs hat sich in den vergangenen zwölf Monaten verzehnfacht. Nahezu jede Woche vermelden die Handelsplätze neue Rekordstände, aktuell schwankt der Preis um die 11 800-Dollar-Marke.

Der US-Ökonom und Nobelpreisträger Robert Shiller hat aufgrund der rasanten Kurssteigerungen vor einer Blase gewarnt, viele Banker und Notenbanker folgen seiner Argumentation. Der französische Notenbankchef François Villeroy de Galhau hat erst vergangene Woche Bitcoins den Status einer Währung abgesprochen.

"Hinter Bitcoin steht kein realer Wert", sagt auch der Chefvolkswirt der DZ Bank, Stefan Bielmeier. Gehandelt werden Bitcoins und vergleichbare Währungen ausschließlich auf dafür vorgesehenen Handelsplätzen. Sie liegen nicht im Depot wie Anleihen oder Derivate und können deshalb nicht einfach umgeschichtet oder getauscht werden. Zudem schwankt der Kurs stark, Einbrüche um 20 Prozent sind häufig. Die alten Hasen der Bitcoin-Gemeinschaft stecken das routiniert weg. "Aber ein Privatanleger muss das nervlich erst mal aushalten können", sagt Bielmeier. Niemand könne sich sicher sein, sein angelegtes Vermögen wiederzusehen, da keine staatliche Behörde für den Werterhalt garantiert und die Einlagen auch nicht abgesichert sind. "Ein sicherer Hafen wie Gold ist Bitcoin nicht", argumentiert Bielmeier.

Als Wertspeicher, etwa zur Altersvorsorge, würde auch Oliver Flaskämper, Chef der deutschen Bitcoin-Börse bitcoin.de, die digitalen Münzen nicht empfehlen. Doch er sieht Parallelen: "Ebenso wie Gold sind Bitcoins ein deflationäres Gut."

Auf Seite 2: Der Bitcoin-Future





Der Bitcoin-Future



Die Zahl der Bitcoins ist auf 21 Millionen Stück beschränkt. Das hat der anonyme Erschaffer unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto in einem Konzept zur Programmierung der Bitcoin-Blockchain 2008 so festgelegt. Mit der Nachfrage nach dem digitalen Geld steigt also auch der Wert.

Und die Nachfrage, die steht wohl noch ganz am Anfang. Das glaubt beispielsweise Hendrik Leber, Chef des Fondshauses Acatis. "Die ganz große Welle kommt noch", prophezeit er. Seit dem 18. Dezember hat die größte Terminbörse der Welt, die Chicago Mercantile Exchange (CME), einen Future auf Bitcoins im Angebot. Im Kleineren gab es das jedoch schon. Die Schweizer Bank Vontobel bietet bereits seit Sommer vergangenen Jahres ein Finanzprodukt an, mit dem Anleger an der Bitcoin-Rally teilhaben können (WKN: VL3 TBC). Und seit Kurzem können Schweizer Investoren über einen Future auch auf fallende Kurse wetten.

Der CME-Future wird jedoch einen größeren Effekt haben und risikoreich agierende US-Hedgefonds auf das Bitcoin-Parkett locken. Der CME-Wettbewerber Chicago Board Options Exchange (CBOE), der Hedgefonds Man Group sowie Indexanbieter Nasdaq wollen schnell mit Konkurrenzprodukten nachziehen.

Bis der erste ETF auch vorsichtigeren Anlegern Bitcoins schmackhaft macht, ist dann wohl nur noch eine Frage der Zeit. Die US-Unternehmerbrüder Cameron und Tyler Winklevoss sowie das Investmenthaus Vaneck haben sich 2017 bereits mit Anträgen an die Börsenaufsicht SEC herangewagt. Doch die wehrte ab: Zunächst müssten Bitcoins reguliert investierbar sein. Ob die Marktwächter mit einem Future diese Voraussetzung erfüllt sehen, wird sich zeigen.

Fondshäuser wie Amplify Investmens und Reality Shares stehen zumindest in den Startlöchern und haben sich mit neuen Vorstößen an die SEC gewandt. Sowohl Fondsmanager Leber als auch die DZ Bank gehen davon aus, dass der Kurs zunächst stark schwanken wird. Große Verschiebungen schlagen sich bei der aktuell noch niedrigen Marktkapitalisierung direkt auf den Kurs durch. "Langfristig gesehen tragen die institutionellen Investoren aber zur Stabilisierung und Transparenz bei", glaubt Bielmeier. Acatis-Chef Leber ist überzeugt, dass die Rally dann erst richtig startet: "Der Kurs kann durchaus sechsstellig werden." Der Hunger nach renditeträchtigen Anlageklassen ist enorm. Der US-Aktienmarkt scheint überhitzt, Bargeld sowie Anleihen unattraktiv.

Die expansive Geldpolitik der Notenbanken hat Kryptowährungen erst interessant gemacht. Selbst Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds, räumt ein, dass Kryptogeld eine Alternative darstellen kann. Bitcoins werden von Japan und Australien bereits als offizielle Währung, von Deutschland als "Recheneinheit"akzeptiert. In Venezuela und in Simbabwe, wo galoppierende Inflation die Landeswährung zerstört, retten die Menschen mit Bitcoins ihre Vermögen vor der Entwertung. Die jordanische Regierung soll nach den Erfahrungen in den Camps prüfen, ob sie das staatliche Währungssystem umstellen kann.

Experte Leber glaubt, dass die Kritik der Banken und Behörden von Angst getrieben wird. "Kryptowährungen stellen eine echte Bedrohung von Geschäftsmodellen und staatlicher Autonomie dar", sagt er. Allein auf Bitcoin zu setzen wäre aber zu kurz gedacht, da die Boomwährung nur die erste, nicht aber die effizienteste Kryptowährung sei. Ein Gewinner steht jedoch bereits fest: die Blockchain-Technologie.

Auf Seite 3: Glossar, Bitcoin-Kauf und weitere Kryptowährungen





Glossar



Blockchain: Die Blockchain (deutsch: Blockkette) überträgt Daten in einem Netzwerk über Blocks. Jeder Block ist ein Megabyte groß und bündelt Daten. Alle zehn Minuten löst sich ein Block, die Transaktionen werden ausgelöst. Das Netzwerk ist dezentral, jeder Nutzer hat zur gleichen Zeit die gleichen Informationen. Um Anonymität zu gewährleisten, sind alle Daten kryptografisch verschlüsselt.

Miner: So heißen die Betreiber, die Rechnerleistung für die Blockchain zur Verfügung stellen. Dafür erhalten sie Bitcoins - zum einen aus den Gebühren der Nutzer, zum anderen entstehen Bitcoins aus der Blockchain selbst. Die Zahl der Bitcoins ist auf 21 Millionen Stück beschränkt, aktuell befinden sich 17 Millionen Bitcoins im Umlauf. Alle zehn Minuten entstehen 12,5 Bitcoins. In Deutschland gibt es kaum noch Bitcoin-Miner, die Energiekosten sind zu hoch.

Satoshi: Bitcoin-Erschaffer Satoshi Nakamoto, nach dem die kleinste Einheit des Bitcoin benannt ist, hat festgelegt, dass ein Bitcoin bis zur achten Dezimalstelle teilbar ist. Ein Satoshi entspricht demnach 0,00000001 Bitcoin.

Hard Fork: Die Blockchain lässt sich klonen. Dabei generiert der Klon eine Parallelwährung. Danach halten Anleger die alte und die neue Währung. Das ist bereits zweimal passiert, die Kryptowährungen Bitcoin Cash und Bitcoin Gold entstanden. Über einen Hard Fork kann die Bitcoin-Community auch Änderungen an der Programmierung der Blockchain vornehmen. Die Mehrzahl der Miner muss den Hard Fork akzeptieren, später entscheidet der Markt, welche Währung bevorzugt wird.

Segwit2x: Das Kürzel steht für ein Update der Blockchain, das im November an einem Streit der Gemeinschaft gescheitert ist. Transaktionen wären schneller und günstiger geworden. Das Problem der Skalierbarkeit bleibt vorerst bestehen.

ICO: Täglich kommen neue Kryptowährungen durch Initial Coin Offerings (ICO) auf den Markt. Manche funktionieren wie Bitcoins, andere dienen dem Sammeln von Spenden oder Investorengeldern. Andere tranferieren sogar Verträge. Vorsicht: Manche dieser digitalen Münzen sind reiner Betrug.

Wie und wo kann ich Bitcoins kaufen?



Zunächst eine Warnung: Der Handel mit Bitcoins ist extrem spekulativ. Ein Totalverlust ist möglich. Zum Beispiel, wenn sich herausstellt, dass die Blockchain einen Fehler hat - und Angriffsfläche für Hacker ist. Auf Ereignisse wie etwa das Verbot neuer Kryptowährungen durch die chinesische Regierung oder Abspaltungen und Updates im Netzwerk (siehe Glossar) hat der Kurs allerdings zuletzt robust reagiert. Um Bitcoins oder die kleinere Einheit Satoshi zu kaufen, können sich Anleger beim Deutschen Handelsplatz Bitcoin.de online mit einem Konto registrieren. Die Börse wirbt mit regelmäßigen Sicherheitsprüfungen. Nach dem Kauf werden die Bitcoins in die "Wallet" (Geldbörse) transferiert. Wallets sind Apps, die sich auf Smartphone oder Computer installieren lassen. Eine Liste der Anbieter findet man beispielsweise auf der Internetseite Bitcoin.org, die auch bei der Auswahl der passenden App hilft. Es gibt zwei Arten von Wallets: Eine Offline-Wallet speichert den Zugangsschlüssel auf einer Plattform jenseits des Internets wie beispielsweise einem USB-Stick. Für Anfänger besser geeignet ist eine Online-Wallet. Dort liegen die Daten und Bitcoins - kryptografisch verschlüsselt - beim Betreiber. Das Bitcoin-Vermögen bleibt erhalten, wenn der Nutzer sein Smartphone verliert. Geht hingegen der USB-Stick verloren, gibt es kein Zurück mehr.

Eine Versicherung existiert bislang nicht. Für jede Transaktion wird eine Gebühr fällig. Bei Normalbetrieb liegt diese bei rund drei Cent. Sie steigt aber mit der Anzahl der Transaktionen in der Blockchain, bei Hochbetrieb können auch 20 Euro anfallen. Zudem verlängert sich dann die Transaktionsdauer auf mehrere Stunden. Am einem Tag bewältigt die Blockchain rund 300 000 Transaktionen. Auf Internetseiten wie zum Beispiel bitcoinblog.de finden Nutzer Listen mit Akzeptanzstellen.

Sieben Kryptowährungen



Dash: Zählt zu den Aufsteigern, da das System sicherer und effizienter arbeitet als Bitcoin und ständig weiterentwickelt wird.

Ethereum: Ist eine Plattform, auf der sich über Apps etwa Verträge übermitteln lassen.

Ripple: Eine Blockchain, die Banken als Plattform für Devisenhandel dienen will.

Iota: Transaktionen kosten bei Iota nichts und können zudem offline durchgeführt werden.

Litecoin: Die Kryptowährung basiert auf dem gleichen Quellcode wie Bitcoin, Transaktionen sind aber viermal schneller.

Steem: Ist eine Mischung aus sozialem Netzwerk und Kryptowährung. Durch das Einstellen von Inhalten entsteht Geld.

Monero: Der Sender einer Transaktion ist extrem verschleiert und kann kaum nachverfolgt werden.

Auf Seite 4: Advanced Blockchain und Bitcoin Group





Advanced Blockchain: Bald in Frankfurt und auf Xetra handelbar



Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Saal bei der Präsentation von Advanced Blockchain auf dem Eigenkapitalforum (EKF) in der vergangenen Woche. Die Firma hatte erst im Oktober die Neuausrichtung auf den Bereich Blockchain bekannt gegeben und will künftig Organisationen und Unternehmen bei sogenannten Blockchain-Lösungen beraten. Über eine Kapitalerhöhung konnten Altaktionäre jüngst 700 000 neue Aktien im Verhältnis zwei zu eins zum Preis von einem Euro beziehen. Für Februar 2018 ist eine öffentliche Kapitalerhöhung angekündigt, anschließend strebt Advanced Blockchain eine Notierung an der Frankfurter Börse und auf Xetra an. Bislang ist die Aktie nur an der Börse Düsseldorf handelbar, wo der Kurs zeitweise schon die Marke von 40 Euro erreicht hatte. Anleger, die auf dem EKF auf spannende Neuigkeiten aus erster Hand gehofft hatten, wurden enttäuscht. Zwar erläuterte Firmenchef Michael Geike in seinem Vortrag die vielfältigen Möglichkeiten von Blockchain, zu potenziellen Kunden oder künftigen Ertragspotenzialen gab der Ex-JP-Morgan-Banker aber keine Auskünfte.



Bitcoin Group: Interessante Story, Aktie viel zu teuer



Für die Präsentation der Halbjahresergebnisse hatte das Management der Bitcoin Group durchaus eine Überraschung im Gepäck: Das Unternehmen konnte seine Erlöse in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres um 128 Prozent auf 1,8 Millionen Euro steigern, während das Ergebnis um 240 Prozent auf 1,2 Millionen Euro nach oben sprang. Operativ läuft es derzeit vor allem für die 100-prozentige Tochter Bitcoin Deutschland als Betreiber der Handelsplattform bitcoin.de mit zuletzt 430 000 angemeldeten Nutzern glänzend. Die aktuelle Begeisterung für Kryptowährungen aller Art möchte die Firma nutzen und kündigte nach einer erfolgreichen Testphase die Aufnahme des Handels mit Ethereum, derzeit nach Bitcoin die zweitwichtigste Kryptowährung der Welt, an. Mit einem Kursanstieg von fünf Euro auf über 80 Euro in den vergangenen zwölf Monaten ist der Börsenwert der fundamentalen Unternehmensentwicklung jedoch meilenweit vorausgeeilt. Sollte die Stimmung der Bitcoin-Jünger kippen, birgt die aktuelle Marktkapitalisierung von rund 400 Millionen Euro ein enormes Rückschlagrisiko.



Auf Seite 5: BTL Group und Finlab





BTL Group: Hoher Vertrauensvorschuss



Die Aktie der BTL Group legte in nur 15 Monaten um satte 1700 Prozent zu. Die Gesellschaft bietet Blockchain-Lösungen für Geschäftsmodelle in verschiedenen Wirtschaftszweigen, speziell jedoch für den Energiesektor, die Finanz- oder die Glücksspielbranche an. Mit der eigenen Blockchain-Plattform Interbit können Unternehmen Vermögenswerte untereinander austauschen, Abwicklungsprozesse optimieren und dadurch einen erheblichen Kostenvorteil erzielen. In einem Pilotprojekt entwickelt BTL mit dem Kreditkartenriesen Visa und sechs europäischen Banken eine Abwicklungslösung, die den internationalen Zahlungstransfer effizienter gestalten soll. Ein Pilotprojekt mit Wien Energie und zwei weiteren Energiefirmen für den effizienteren Energiehandel konnte bereits im Sommer erfolgreich abgeschlossen werden. Zwei Finanzierungsrunden spülten BTL im November 15,3 Millionen kanadische Dollar in die Kasse. Einige Investoren trauen der Firma zu, bei der Blockchain-Revolution zu den Gewinnern zu gehören. Nur dann hätte die Aktie - momentan liegt der Börsenwert bei knapp 100 Millionen Euro - noch Luft nach oben.



Finlab: Gute Nachrichten treiben Kurs



Wahre Freudensprünge machte zuletzt die Finlab-Aktie. Der Kurs legte nach Bekanntgabe des Investments in den ICO-Spezialisten Iconiq Lab um rund ein Viertel zu. Auf dem Eigenkapitalforum kamen dem Vernehmen nach auch die Vorstände Juan Rodriguez und Stefan Schütze bei Investoren gut an. Am Donnerstag folgte dann der nächste Streich: Die Finlab-Beteiligung Deposit Solutions sammelte im Rahmen einer internen Finanzierungsrunde 17 Millionen Euro ein und wird jetzt mit 240 Millionen Euro bewertet. Seit dem Erstinvestment von Finlab im September 2015 verneunfachte sich damit die Bewertung der Fintech-Schmiede aus Hamburg. Sie ist nach dieser Finanzierungsrunde nach wie vor mit über zehn Prozent an Deposit Solutions beteiligt. Wie es in Börsenkreisen heißt, war die jüngste Finanzierungsrunde nur ein weiterer Zwischenschritt auf dem Weg zu einer großen Kapitalerhöhung von Deposit Solutions im kommenden Jahr, bei der laut Branchenkennern eine Bewertung von über 400 Millionen Euro angestrebt werden soll. Die Aktie von Finlab bleibt für spekulative Anleger interessant.



Auf Seite 6: Fintech Group und Goldmoney





Fintech Group: Einstieg in den Bitcoin-Handel



Ausgesprochen gut gelaufen ist in den vergangenen zwölf Monaten auch der Aktienkurs der Fintech Group. Im Vergleich zum Vorjahr können sich investierte Anleger über eine glatte Kursverdopplung freuen. Mitte Oktober hatte die Firma ein beschleunigtes Kundenwachstum bei der Tochtergesellschaft Flatex gemeldet und bei der Zahl der Kunden die Marke von 200 000 überschritten. Diese mussten zuletzt eine Anhebung der Ordergebühren und Kreditzinsen schlucken, womit Flatex derzeit aber noch immer zu den günstigsten Anbietern am Markt zählt. Die neue Preisstruktur soll zusätzliches Ergebnispotenzial von rund vier Millionen Euro bringen, einen weiteren Ertrag von bis zu 13 Millionen Euro verspricht sich Vorstandschef Frank Niehage vom Flatex-"flex-Kredit", der künftig nicht nur eigenen Kunden angeboten, sondern dem gesamten Markt zugänglich gemacht werden soll. Unter Hochdruck arbeitet die Fintech Group daran, ihren Kunden ab 2018 den Handel mit Kryptowährungen zu ermöglichen. Wir erhöhen das Kursziel auf 35 Euro und ziehen den Stoppkurs auf knapp unter 20 Euro nach.



Goldmoney: Fintech-Ticket nach China



Über die eigene Aurum-Plattform entwickelt und ermöglicht Goldmoney den Handel von Gold mit einer Spanne von 50 Basispunkten zum aktuellen Goldpreis. Den rund 1,4 Millionen Nutzern bietet die Firma darüber hinaus die sichere Aufbewahrung von physischem Gold, ein Vermögensmanagement sowie Researchdienstleistungen. Mit diesem Geschäftsmodell verbuchte die Gesellschaft zuletzt bereits einen Umsatz von 126,3 Millionen kanadischen Dollar sowie einen Verlust von einem Cent je Aktie. Im Anschluss an eine erfolgreiche Betaphase bietet Goldmoney nun auch den Bitcoin-Handel über seine Plattform an, ebenso wie die sichere Aufbewahrung der Kryptowährung in einem passwortgeschützten Hardware-Wallet für eine monatliche Gebühr in Höhe von 0,085 Prozent des Gegenwerts. Für Fantasie sorgte das zuletzt bekannt gegebene Joint Venture mit dem zweitgrößten Goldproduzenten Chinas, dem staatseigenen Konzern Zhaojin Mining. Zusammen wollen beide Unternehmen mit Goldmoney China Anfang 2018 den ersten digitalen Goldservice auf den Markt bringen. Wir sehen noch Kurspotenzial.



Auf Seite 7: Hive Blockchain Technology und Maier & Partner





Hive Blockchain Technology: Wert mit hohen Risiken



Einen regelrechten Katapultstart legte Hive Blockchain Technology bei seinem Börsendebüt Mitte September hin. Bis Anfang November hatte sich der Börsenneuling zeitweise um bis zu 800 Prozent verteuert. Über eine strategische Partnerschaft mit Genesis Mining sicherte sich das kanadische Unternehmen ein Kryptowährung-Mining-Datenzentrum in Island, in dem rund um die Uhr digitale Währungen produziert werden. Genesis hat eine Technologie entwickelt, um Blockchaintransaktionen zu validieren und vielversprechende neue Blockchains zu identifizieren. Mitte November sicherte sich Hive frische Liquidität in Höhe von 34,5 Millionen kanadischen Dollar, mit der man ein weiteres Datenzentrum in Schweden errichten und die Kapazitäten damit um 175 Prozent ausbauen möchte. Auch wenn das Niveau der jüngsten Kapitalerhöhung bei 2,80 kanadischen Dollar eine gewisse Unterstützung bietet, bleibt die Aktie extrem risikoreich. Selbst nach der jüngsten Korrektur im Aktienkurs bringt Hive Blockchain Technology noch immer einen Börsenwert von umgerechnet mehr als 530  Millionen Euro auf die Waage.



Maier & Partner: Zockeraktie ohne Substanz



Die britische Firma On-Line PLC sorgte Ende Oktober für Schlagzeilen, weil die reine Einbindung des Worts "Blockchain" in den Firmennamen ausreichte, um der Aktie einen Kursanstieg um rund 400 Prozent binnen zwei Handelstagen zu ermöglichen. Ähnlich seltsame Blüten treibt der Blockchain-Hype bei Maier & Partner. Die pure Ankündigung, im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung am 11. Dezember eine Namensänderung in Netcoin.Capital anzustreben und den Geschäftszweck zu ändern, hat für eine Kursexplosion der Aktie von einem auf zeitweise sieben Euro ausgereicht. Als "Beteiligungsgesellschaft für vielversprechende Unternehmen aus der Welt der Kryptowährungen" will Maier & Partner auf den Blockchain-Zug aufspringen - muss zunächst aber die Jahresabschlüsse der Jahre 2012 bis 2016 nachholen. Frische Mittel soll eine Kapitalerhöhung mit 4,5 Millionen neuen Aktien einspielen, deren Ausgabepreis noch festgelegt werden muss. Solange die Versäumnisse der Vergangenheit nicht nachgeholt wurden, bleibt Maier & Partner eine Zockeraktie ohne Substanz.



Auf Seite 8: Naga Group und Software AG





Naga Group: Sehr hohes Rückschlagrisiko



Der erfolgreichste Börsengang des Jahres ist der Naga Group gelungen. Im Juni hatte die Hamburger Fintech-Firma eine Million Aktien zum Preis von 2,60 Euro zur Zeichnung angeboten, Anfang September wechselten die Aktien zeitweise für mehr als 22 Euro ihren Besitzer. Die Gesellschaft konzentriert sich auf die Entwicklung von Fintech-Lösungen für die Finanz- und Gamingbranche. Bis Ende 2017 möchte Naga die Naga Wallet auf ihrer Plattform anbieten - eine digitale Geldbörse, die es Nutzern erlaubt, Gelder in Eigenwährung ein- und auszuzahlen, um diese in Kryptowährungen umzuwandeln. Mit dem Naga Coin will die Firma auch gleich eine eigene Währung anbieten. Das Volumen des Initial Coin Offerings (ICO), also des ersten öffentlichen Angebots des Blockchainbasierten Tokens, soll bis zu 220 Millionen Dollar betragen. Anschließend soll der Naga Coin an den weltweiten Kryptobörsen gehandelt werden können. Der aktuellen Marktkapitalisierung von knapp einer Viertelmillion Euro steht ein Halbjahresumsatz von 3,74 Millionen Euro gegenüber. Das Rückschlagrisiko ist sehr hoch.



Software AG: Unterschätztes Blockchain-Potenzial



Auch wenn die jüngsten Quartalszahlen die Erwartungen der Analysten nicht erreichen konnten, ist der Aktienkurs der Software AG dank eines vielversprechenden Ausblicks zuletzt auf den höchsten Stand seit 2000 geklettert. Analysten von Kepler Cheuvreux erwarten einen spürbaren Wachstumsimpuls vor allem aus dem Bereich Internet der Dinge und erhöhten das Kursziel der Aktie vor wenigen Tagen von 42 auf 52 Euro. Das Unternehmen selbst peilt für die Sparte Wachstumsraten von jährlich 100 Prozent in den nächsten drei bis vier Jahren an, wenngleich von einer niedrigen Basis aus gestartet wird: Rund zehn Millionen Euro dürfte das Segment in diesem Jahr zum erwarteten Gesamtumsatz von geschätzten 890 Millionen Euro beisteuern. Während auch andere Researchadressen das Potenzial im Cloud- und Internet-der-Dinge-Business hervorheben, scheinen die Perspektiven im Blockchain-Sektor bislang kaum berücksichtigt. Über die eigene Digital-Business-Plattform können etwa Finanzdienstleister Blockchain-Lösungen entwickeln und über die Plattform in vorhandene Systeme integrieren.