Verkehrte Welt: Beim Blick auf den Goldkurs reibt sich derzeit so mancher die Augen. Das Edelmetall, das seit jeher als Wertspeicher Nummer 1 angepriesen wird, fliegt derzeit aus vielen Depots. Und das, obwohl die Inflationsraten reihum nach oben schnellen. Hierzulande zog die Teuerung im Oktober auf 4,5 Prozent an und erreichte damit den höchsten Stand seit 28 Jahren. "Der Anstieg ist noch nicht beendet, mindestens fünf Prozent für November sind längst keine Utopie mehr", sagt Chefökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. In den USA ist diese Marke sogar schon durchbrochen.

Die Preise steigen, die Kaufkraft schwindet und Gold als Fels in der Brandung scheint zu bröckeln. Seit Monaten dümpelt der Preis des gelben Metalls vor sich hin. Seit Jahresbeginn steht sogar ein leichtes Minus zu Buche. Ganz anders sieht es beim Bitcoin aus. Die älteste und größte Cyberdevise der Welt hat sich seit Silvester sogar mehr als verdoppelt. Kryptofans zufolge profitiert die digitale Währung davon, wenn die Inflation um sich greift und das traditionelle Geldsystem unter Druck gerät.

Eine Glaubensfrage

Wird also eine erst wenige Jahre junge Technologie das seit Jahrtausenden bewährte Edelmetall als Inflations- und Krisenschutz ablösen? Dies ist in erster Linie eine Glaubensfrage, beide Seiten beanspruchen die Wahrheit für sich und führen schlüssige Argumente für ihren sicheren Hafen auf. Bitcoin-Verfechter Jack Dorsey, der auch Chef von Twitter und Square ist, geht davon aus, dass sich das Preisniveau über einen bestimmten Zeitraum unkontrolliert erhöhen wird: "Hyperinflation wird alles verändern. Es passiert." Mit seinem Unternehmen Square setzt Dorsey daher voll auf den Bitcoin. Nicht nur, dass dessen Peer-to-Peer-Zahlungsdienst Cash App längst um den Handel mit Bitcoin erweitert wurde. Das Unternehmen investiert auch selbst in die Kryptowährung. Square besitzt bereits für über 200 Millionen Dollar Bitcoins. Zudem denkt der Konzern derzeit über den Einstieg ins Krypto-Mining nach.

Für die Digitalwährung spricht, dass sie nicht endlos produziert werden kann, die Anzahl der Coins also limitiert ist. Vor rund einem Jahrzehnt wurde der Bitcoin als dezentrales, staatlich unabhängiges und nicht-inflationäres Zahlungsmittel entworfen. "Sollte der Preisdruck mittelfristig erhöht bleiben und sollten die Zentralbanken nicht angemessen reagieren, dürfte der Bitcoin-Kurs hiervon profitieren", heißt es auch bei der DZ Bank. Fondsmanager Tom Lee von Fundstrat lehnt sich noch weiter aus dem Fenster und nennt ein Kursziel für den Bitcoin: "100 000 Dollar bis Jahresende wären sehr angemessen." Doch damit ist das Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Im Zuge des ersten Bitcoin-ETF, der soeben in den USA emittiert wurde, rechnet Lee mit einem Kapitalzufluss von rund 50 Milliarden Dollar im ersten Jahr. Infolgedessen sieht der Profiinvestor auf mittlere Sicht ein realistisches Ziel von 168 000 Dollar.

Während der bis dato nur in den USA gehandelte ProShares Bitcoin Strategy ETF Geld anlockt, ziehen Investoren spürbar Kapital aus den Gold-ETFs ab. Nach Rekordzuflüssen im Jahr 2020 von 47,9 Milliarden Dollar zeigt die Kurve dieses Jahr nach unten. Laut dem World Gold Council (WGC) betrug der Nettoabfluss im ersten Halbjahr 6,8 Milliarden Dollar oder drei Prozent des gesamten verwalteten Vermögens. Im dritten Quartal setzte sich dieser Trend fort. Von Juli bis September ging die Goldnachfrage im Jahresvergleich um sieben Prozent auf 831 Tonnen zurück. Dieser Rückgang war fast ausschließlich auf ETFs zurückzuführen.

Anders als die Investoren, die das gelbe Metall verschmähen, greifen die Zentralbanken rund um den Erdball beherzt zu. So nahmen deren weltweite Goldreserven im zweiten Quartal um 199,9 Tonnen zu, das höchste Niveau an Käufen seit dem zweiten Quartal 2019. Zudem lag die gekaufte Menge um 73 Prozent über dem fünfjährigen Quartalsdurchschnitt. Angeführt wurde die Nachfrage im zweiten Quartal von den Ländern Thailand, Ungarn und Brasilien. Die Zentralbanken traten im dritten Jahresviertel weiterhin als Käufer auf, wenn auch etwas zurückhaltender als in den vergangenen Quartalen. Die globalen Reserven stiegen in diesem Zeitraum um weitere 69 Tonnen. "Eine Verdoppelung der Zentralbankkäufe und ein 50-prozentiges Wachstum der Schmucknachfrage in den ersten drei Quartalen glichen den Rückgang der ETF-Nachfrage nur teilweise aus", lautet das Fazit der WGC-Experten.

Notenbanken setzen auf Gold

Abschreiben sollte man Gold deswegen noch lange nicht. Das WGC rechnet damit, dass die anhaltende wirtschaftliche Erholung unter anderem die Schmuckindustrie begünstigt. Darüber hinaus sollten anhaltende Inflationsängste weitere Investitionen in das Edelmetall unterstützen. Zudem könnten die Notenbanken nach wie vor für eine hohe Nachfrage sorgen. Dazu passend gibt es Berichte, dass die polnische Zentralbank im Verlauf der nächsten Jahre mindestens 100 Tonnen Gold kaufen will. Aber nicht nur die Währungshüter glauben an das Metall, auch große Finanzhäuser sehen Potenzial. "Der Goldpreis steigt langfristig auf 5500 Dollar, da die Zentralbanken nicht in der Lage sein werden, aus der unorthodoxen Geldpolitik auszusteigen", heißt es etwa bei Jefferies. Kurzfristig könnte der Preis zwar wegen des Tapering, also der Reduzierung der Anleihekäufe der US-Notenbank Fed, unter Druck geraten. Doch glauben die Analysten nicht an hohe Realzinsen. So sollten mittel- bis langfristig die Chancen deutlich die Risiken überwiegen. Obendrein könnte ein Vertrauensverlust in das staatliche Finanzsystem hinzukommen.

Ins gleiche Horn bläst Steffen Orben, Geschäftsführer der Deutsche Börse Commodities GmbH: "Gold ist nicht nur ein unverzichtbares Element für einen nachhaltigen Vermögensaufbau, es bietet auch die Sicherheit, die sich viele Bundesbürger in diesen gesellschaftlich wie finanziell anspruchsvollen Zeiten wünschen." Wer das Edelmetall nicht selbst aufbewahren möchte, kann etwa auf Inhaberschuldverschreibungen wie Xetra-Gold zurückgreifen, die zu 100 Prozent mit Gold hinterlegt sind. Dass diese Anlageform ungebrochen attraktiv ist, zeigt der Bestand an physischem Gold, der Ende September bei 240 Tonnen lag.

Unter Privatanlegern genießt das Edelmetall immer noch einen hohen Stellenwert. Nach einer repräsentativen Studie des Marktforschungsinstituts Kantar Emnid auf der Suche nach den Top-Investments landeten Immobilien auf Platz 1, gefolgt von Gold auf Rang 2. Auf das gelbe Metall vertrauen die Befragten zudem, wenn es um ein Finanzgeschenk für ein Neugeborenes geht: Neben Aktienfonds, Bausparverträgen und dem Sparbuch taucht Gold auf den vorderen Plätzen auf. Kryptowährungen spielen dagegen kaum eine Rolle. Lediglich vier Prozent der Befragten vertrauen auf die digitalen Devisen, wenn es darum geht, Geld für die Zukunft eines Kindes anzulegen.

Unterschiedliche Anlagemöglichkeiten

Letztendlich könnten beide Anlageklassen, also Edelmetalle genauso wie Kryptowährungen, gute Absicherungsgeschäfte gegen die Gefahr einer anziehenden Teuerung ermöglichen. Auch bei einer Stagflation, also der Kombination aus wirtschaftlicher Stagnation und gleichzeitig steigender Inflation, könnten sich beide Anlageklassen als vorteilhaft erweisen.

Daher sollte es nicht schaden, das eigene Portfolio um diese Alternativen zu ergänzen. Am Markt sind zahlreiche Zertifikate und ETFs zu finden, mit denen sich die Strategie nicht nur effektiv, sondern auch sehr vielschichtig umsetzen lässt.

Aber ebenso lassen sich explizit ausgewählte Aktien in Erwägung ziehen. Neben dem bereits eingangs erwähnten Bitcoin-Fan Jack Dorsey und seiner Square ist Michael Saylor, Vorstandschef von Microstrategy, einer der lautstärksten Befürworter der digitalen Währung. Seine im Bundesstaat Virginia ansässige Softwareschmiede kaufte in den vergangenen Wochen weiter zu und hält aktuell 114 042 Bitcoins in ihrer Wallet. Dank der Kryptorally ist die US-Tech-Aktie gerade dabei, aus ihrem Seitwärtstrend nach oben auszubrechen. Chancen ergeben sich aber auch im Goldminenbereich. Viele Aktien der Branche handeln derzeit am oder nahe des unteren Endes ihrer historischen Bewertungen. Der Abschlag liegt bei rund einem Fünftel zum Goldpreis.

Als "abnormal günstig" bezeichnet beispielsweise die Credit Suisse daher die Goldaktien. Mit einem deutlichen Discount notiert derzeit der Branchenprimus Barrick Gold. Die Aktie des kanadischen Goldminenspezialisten bietet daher eine gute Einstiegsmöglichkeit. Anleger müssen indes wissen, dass vor allem die Kryptoinvestments aufgrund ihrer hohen Volatilität sehr riskant sind und daher lediglich zur Depotbeimischung dienen sollten. Wer sich physisch, also mit Münzen oder Barren, in Gold positionieren will, der hat die Qual der Wahl bei unzähligen Edelmetallhändlern. Licht ins Dunkel bringt unsere Auswertung auf den folgenden Seiten.

 


Wichtige Fakten zu Bitcoin und Gold

Limitierter Bitcoin: Ende September dieses Jahres waren rund 18,8 Millionen Bitcoins im Umlauf. Neue Coins können nur durch ein spezielles Mining erschaffen werden. Sie sind dabei so programmiert, dass ihre maximale Anzahl 21 Millionen nicht übersteigen kann.

Unterschiedliche Volatilitäten: Im Vergleich zu Gold ist der Bitcoin deutlich schwankungsanfälliger. So beträgt die historische Zwölf-Monats-Vola bei der Cyberdevise 75,1 Prozent, beim Gold liegt die Kennzahl lediglich bei 14,5 Prozent.

Gemischtes Bild: Eine historische Untersuchung von Morningstar zeigt, dass Gold nicht immer als Inflationsschutz taugte. Beispielsweise büßte das Edelmetall in den Jahren 1980 bis 1984 bei einer jährlichen Inflationsrate von hohen 6,5 Prozent rund ein Zehntel an Wert ein. Deutlich besser abgeschnitten hat Gold im Zeitraum 1973 bis 1979. Hier lag die jährliche Preissteigerung im Mittel bei 8,8 Prozent, der Goldpreis brachte dagegen Erträge in Höhe von 35 Prozent.

Physisches Gold ist gefragt: Die weltweite Nachfrage nach Barren und Münzen erreichte im dritten Quartal 262 Tonnen, was einem Anstieg um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Das Wachstum der Nachfrage wurde durch einen Anstieg der weltweiten Baranlagen um 56 Prozent vorangetrieben. Neben den anhaltenden Covid-19-Beschränkungen in vielen Ländern führen die Experten von WGC auch die Ängste vor einer steigenden Inflation und den Goldpreisverfall im August auf, warum viele Anleger zum Kauf des Edelmetalls bewegt wurden.

Deutschlands beste Edelmetallhändler


Der wohl wichtigste Beweggrund für Anleger, Gold in Form von Barren und Münzen zu kaufen, ist, sich gegen Inflation und Verwerfungen an den Märkten abzusichern. Um herauszufinden, wo das am besten zu tun ist, prüft das Deutsche Kundeninstitut (DKI) im Auftrag des Finanzen Verlags, in dem BÖRSE ONLINE erscheint, jedes Jahr Edelmetallhändler, die hierzulande tätig sind. Für den aktuellen Test wurden zehn Anbieter unter die Lupe genommen. Rund 300 Kriterien in fünf Kategorien zog das DKI heran, um die besten Adressen zu ermitteln.

In diesem Jahr gibt es einen neuen Gewinner: Philoro Edelmetalle konnte am meisten überzeugen. 2019 und 2020 hatte Anlagegold24 den ersten Platz erringen können, dieses Mal reichte es nur für Rang 3. Das Siegertreppchen komplettiert Goldsilbershop.de als Zweitplatzierter.

Das Gesamtergebnis kann sich sehen lassen. Kein einziger der getesteten Anbieter fiel durch, nicht ein Mal musste die Note "ausreichend" vergeben werden. Fast alle Händler konnten ihre Punktzahl im Vergleich zum Vorjahr steigern, manche sogar deutlich. Selbst die beiden Edelmetallhändler mit dem Urteil "befriedigend" stünden einem "Gut" näher als einem "Ausreichend", erklärt DKI-Projektmanagerin Celina Stromski-Dresler.

Analysiert wurden fünf Kategorien, die in das Endergebnis einflossen. In der mit 30 Prozent gewichteten Rubrik "Konditionen" wurde untersucht, wie fair die Preisgestaltung und die Gebühren sind. Der günstigste Anbieter erhielt die meisten Punkte, der teuerste die wenigsten.

Als genauso bedeutsam stufte das DKI die Kategorie "Transparenz & Sicherheit" ein und gewichtete sie ebenfalls mit 30 Prozent. Um hier zu punkten, mussten die Anbieter umfassend über ihre wirtschaftliche Lage Auskunft geben, indem sie beispielsweise über ihr Eigenkapital und ihre Rentabilität informierten. Außerdem wurde die Sicherheit des Handels, insbesondere Versand und Datenschutz, bewertet.

In der Kategorie "Handel", die mit 20 Prozent ins Gesamtergebnis einfloss, beurteilte das DKI den Leistungs- und Produktumfang der Händler. Je mehr Münzen und Barren aus verschiedenen Edelmetallen angeboten wurden, desto mehr Punkte wurden vergeben.

Zudem wurde dem Kundenservice auf den Zahn gefühlt. Testerinnen und Tester gaben sich verdeckt als mögliche Kunden aus und stellten Fragen per Telefon oder E-Mail. Je nachdem, wie schnell, kompetent und freundlich die Antwort kam, wurden die Punkte in dieser mit 20 Prozent gewichteten Kategorie vergeben.

Auch der Altgoldankauf wurde bewertet, vor allem die Transparenz und die Methodik zur Wertermittlung. Wie in den Vorjahren zählte dieser Punkt aber nicht in die Gesamtbewertung, da nicht alle Anbieter in diesem Geschäftsfeld aktiv sind. Die meisten Punkte erzielten Pro Aurum und Gesamtsieger Philoro Edelmetalle. Wer also abgabewillig ist, wendet sich am besten an diese beiden Adressen. AH/CP