Um frühere - teils unrühmliche - Kapitel wie Flugzeugbau, Rüstung, Zwangsarbeit, Existenzkrise oder Kabinenroller wird es bei der großen BMW-Jubiläumsfeier in der Münchner Olympiahalle nur am Rande gehen. Im Mittelpunkt steht die "Mobilität von morgen".
"Die Zukunft der Automobilindustrie entscheidet sich am vernetzten Fahrzeug und autonomen Fahren", sagt Vorstandschef Harald Krüger und beansprucht für BMW eine Führungsrolle. Über der Vision bis 2030 hat der Vorstand lange gebrütet. Sie geht weit hinaus über den bloßen Verkauf von Autos und Motorrädern. Per Smartphone soll dem Kunden zum Beispiel je nach Zeitpunkt, Entfernung oder Wetter vorgeschlagen werden, ob er besser mit der Bahn, dem Fahrrad oder dem Auto fährt. Fällt die Wahl auf den Pkw, will BMW eines Tages automatisch einen elektrischen Cityflitzer, Sportwagen oder Kombi vorfahren lassen - Dauer-Zugang zum Internet und Online-Dienste inklusive.
Die konkreten Schritte auf dem Weg in die schöne neue Mobilitätswelt will BMW eine Woche nach der Jubiläumsfeier bei der Bilanzpressekonferenz erklären. Ein hochrangiger Manager dämpft die Erwartungen an Krügers neue Strategie: "Wir werden nicht das Rad neu erfinden." Weiterdrehen reicht. Die vor Jahren eingeführte elektrische i-Familie soll trotz Absatzschwäche Zuwachs bekommen. Sie besteht bisher aus dem batteriebetriebenen Stadtmobil i3 und dem Hybrid-Sportwagen i8. Über einen i5, ob als Limousine oder Geländewagen, wird seit langem spekuliert.
"Man muss stärker auf Tesla antworten", fordert Equinet-Autoanalyst Holger Schmidt. Der Elektroautopionier aus den USA punktet mit hoher Reichweite und coolem Image. Schmidt rechnet damit, dass BMW sich künftig ein Ziel setzt, wieviele Fahrzeuge der Flotte batteriebetrieben sein sollen. "Das könnten 30 oder 40 Prozent sein." 2015 waren es knapp 30.000 E-Autos bei 2,25 Millionen verkauften Pkw - nicht einmal 1,5 Prozent.
AUFHOLJAGD
Investieren will BMW weiter in alternative Antriebstechniken wie die Brennstoffzelle, in Kohlefaser als Zukunftswerkstoff und in die Digitalisierung. Nach einem Flirt mit Apple und Avancen von Google wissen die Münchner besser denn je, dass sie hier und da mit der IT-Branche kooperieren müssen, um nicht zum Hardware-Hersteller degradiert zu werden. Die Suche nach neuen digitalen Geschäftsmodellen kostet allerdings viel Geld. Um das zu verdienen, will BMW die Modellpalette am oberen Ende ausbauen, wo Preise und Margen höher sind.
Ein Riesen-Geländewagen namens X7 ist in Vorbereitung. Und das Flaggschiff, der 7er, soll ein luxuriöses Beiboot bekommen, ein Coupé, sagt ein Insider. "Man braucht ein Modell zwischen Rolls-Royce und dem 7er", um auf die S-Klasse von Mercedes auszuschließen. Daimler verdient mit durchschnittlich rund 30.000 Euro pro verkaufter S-Klasse nicht mehr als BMW mit dem 7er. Aber die Schwaben verkaufen mehr: Von allen Varianten der S-Klasse waren es 2015 rund 107.000 Fahrzeuge. BMW kam nur auf gut 36.000 Wagen der 7er-Reihe. Auch wenn der Absatz nach dem Modellwechsel wieder deutlich steigt, könne Daimler allein durch höhere Stückzahlen bis zu 1,5 Milliarden Euro mehr in diesem Segment einnehmen, schätzt der Insider.
Die Frage, ob BMW seinen Aktionären zum Jubiläum eine Sonderdividende schenkt, ist Unternehmenskennern zufolge noch nicht entschieden. Analyst Arndt Ellinghorst von Evercore ISI rechnet damit, dass der Konzern seine Ausschüttungsquote von bisher 30 bis 40 Prozent auf 40 bis 50 Prozent erhöht. Wenn die Aktionäre - allen voran die Kinder von Herbert Quandt, der Ende der 1950er Jahre BMW aus der Krise gerettet hat - mehr Geld bekommen, dürften auch die Mitarbeiter einen Aufschlag beim Bonus verlangen.
Dass sich der Vorstand im Jubiläumsjahr auf Streit mit der Belegschaft einlässt, scheint unwahrscheinlich. Schließlich wird erwartet, dass Konzernchef Krüger Mitte März das sechste Rekordjahr in Folge vermelden kann.