Der Automobilbauer BMW hat ein schweres Geschäftsjahr hinter sich. Das wird auch auf der Hauptversammlung am Donnerstag deutlich. "Wir gehen unseren Weg. Auch bei Gegenwind. Und in ungewissen Zeiten", begann der BMW-Chef Harald Krüger seine Rede vor den Aktionären in der Olympiahalle München.
Gedrückte Stimmung auch bei den Aktionären: "Sie haben sich zu lange auf einer Position der Stärke ausgeruht", kritisierte Daniela Bergdolt von der Aktionärsvereinigung DSW den Vorstand. Der Autobauer habe die Vorreiterrolle in der Entwicklung von Elektroautos verspielt. "Ich erwarte eine Modelloffensive, die Tesla vom Tisch bläst", forderte die Anwältin mit roter Fliege - ein Zeichen für ihre Unzufriedenheit -unter dem Beifall der Kleinanleger. Vorstandschef Harald Krüger verwies darauf, dass der Konzern bis 2021 fünf vollelektrische Modelle auf den Markt bringen wolle. BMW werde sich aber nicht auf einen Antrieb festlegen. "Alles auf eine Karte setzen - das ist aus meiner Sicht unternehmerisch nicht klug."
Eine sinkende Umsatzrendite, eine nach acht Jahren erstmals gekürzte Dividende und eine milliardenschwere Rückstellung für angebliche Kartellverstöße, die die Ziele 2019 gefährdet: "Von BMW kommen derzeit nur Hiobsbotschaften", stellte Analyst Janne Werning von der Fondsgesellschaft Union Investment fest. Dabei seien den Münchnern als einzigem deutschen Autohersteller keine Manipulationen an den Diesel-Abgaswerten nachgewiesen worden. "BMW wirkt zaghaft, kraft- und mutlos, während VW und Daimler die Flucht nach vorn antreten und positive Signale an den Kapitalmarkt senden", sagte er. "Mit dem Jahr 2018 können wir nicht zufrieden sein", kritisierte auch Daniel Bauer vom Kleinaktionärsverein SdK.
Doch nicht alles war 2018 schlecht bei dem DAX-Konzern. Bei den Absatzzahlen für 2018 konnte der Automobilhersteller einen neuen Rekord verbuchen: 2,5 Millionen verkaufte Fahrzeuge, davon 142.000 Elektroautos - Unternehmensangaben zufolge sei damit alle vier Minuten ein elektrifiziertes Fahrzeug an die Kunden gegangen. Der Gewinn vor Steuern sank jedoch auf 9,8 Milliarden Euro, nach den 10,7 Milliarden Euro des Rekordjahres 2017. Für das kommende Jahr könnte der Gewinn vor Steuern sogar unter 8,9 Milliarden Euro fallen.
Forschungsinvestitionen belasten
Die Investitionskosten schlugen im Jahr 2018 massiv zu Buche. Mit fast 6,9 Milliarden Euro investierte BMW damit so viel wie nie zuvor. Die hohen Summen flossen vor allem in Elektroautos und die Umrüstung und Modernisierung der Fabriken, um die schärferen EU-Klimavorschriften einzuhalten und hohe Strafen zu vermeiden. Dazu kommen Investitionen in selbstfahrende Autos und Mobilitätsdienste Dadurch wollen die Münchener, so der Plan, in naher Zukunft nicht bloß als Zulieferer der finanzstarken IT-Unternehmen dastehen. Denn "nur wer investiert, hat Zukunft.", so Krüger.
Kartellverfahren der EU-Kommission
Das Kartellverfahren der EU-Kommission steht ebenfalls im Raum. Den Kartellvorwurf weist BMW entschieden von sich. Die drohende milliardenschwere Strafe will der Autobauer nicht auf sich sitzen lassen. "Die von der EU-Kommission erhobenen Vorwürfe sind unberechtigt", bekräftigte Krüger, auf der Hauptversammlung. "Deshalb wehren wir uns mit allen rechtlichen Mitteln - wenn erforderlich." BMW habe keine geheimen Absprachen mit anderen Autobauern zum Nachteil der Kunden getroffen, betonte Krüger. "Unser Ziel war die zulässige Abstimmung von Industriepositionen".
Die EU-Kommission vermutet illegale Kartellabsprachen unter den deutschen Autobauern in der Abgasreinigungstechnik. BMW, Daimler und Volkswagen sollen von 2006 bis 2014 gegen Vorschriften verstoßen haben, indem sie sich bei der Technik zur Reinigung von Diesel-Autos und Benzinern von Schadstoffen abstimmten.
Angesichts der angedrohten Buße bildete der DAX-Konzern im ersten Quartal 1,4 Milliarden Euro Rückstellungen. Das drückte den Autobauer in die Verlustzone. Für das laufende Jahr rechnen die Münchner nur noch mit einer operativen Umsatzrendite von 4,5 bis 6,5 Prozent.
Prognose gesenkt
Wegen der zahlreichen Belastungen schraubte BMW die bereits Anfang April gesenkte Prognose dennoch erneut zurück. Demnach rechnet der Konzern in diesem Jahr nun mit einer operativen Rendite von 4,5 bis 6,5 Prozent - bei einem ursprünglichen Zielkorridor von sechs bis acht Prozent.
Dennoch sieht sich BMW für die Zukunft auf dem richtigen Weg. Die global ausgewogene Produktion sei in Zeiten von Handelskonflikten ein Vorteil, erklärte Krüger den Aktionären. Deshalb verfolge BMW für die großen Marktregionen eine spezifische Strategie. Mit dem neuen BMW 1er oder dem BMW 2er Gran Coupe will BMW in Zukunft auch die junge Generation ansprechen.
AK / Mit Material von Reuters/dpa.
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Einschätzung der Redaktion
Am Tag der Hauptversammlung liegt die BMW-Aktie leicht im Minus. Im Chartbild kriselt es. Die Unterstützung aus unserem jüngsten Chartcheck bei 72 Euro durchbrach das Papier nach unten. Anleger sollten sich nun auf ein weiteres Absacken der Notierungen bis an das Mehrjahrestief bei 67,73 Euro einstellen. Eine größere Unterstützung erfährt der Kurs am 2016er-Tief bei 63,38 Euro.
Auf dem Weg nach oben ist der Bereich um 74,91 Euro ein kurzfristiger Widerstand. Die psychologisch wichtige 200-Tagelinie bei 75,75 Euro ist eine zusätzliche Hürde für die BMW-Aktie.
Wir bleiben bei unserer Halten-Einschätzung.