"Die Industrie befindet sich in einem moderaten Aufwärtstrend", sagte Ford -Europa-Chef Stephen Odell. Nach dem guten Jahresstart habe sich das Wachstum inzwischen abgeflacht. Das Kölner Ford-Werk hat Kurzarbeit angekündigt. Auch der größere US-Konkurrent GM ist wegen der Turbulenzen im Russland-Geschäft eher skeptisch. Die Opel-Mutter rechnet erst 2016 mit schwarzen Zahlen im Europageschäft. Bislang hatte sie dies für die Mitte des Jahrzehnts versprochen.
"Ich wäre froh, wenn man für den Rest des Jahres in Europa noch eine leichte Erholung sehen würde", sagte Autoexperte Stefan Bratzel am Donnerstag. Der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach rechnet damit, dass die Hersteller den Absatz weiter durch hohe Preisabschläge ankurbeln werden, um ihre Fabriken auszulasten.
Bratzel geht davon aus, dass die Autobauer noch länger unter den Folgen der Ukraine-Krise im Russland-Geschäft leiden werden. Die Konjunkturflaute, die hohe Inflation und die Sanktionen des Westens sorgen in dem großen Schwellenland für eine starke Verunsicherung der Verbraucher, die sich mit größeren Käufen spürbar zurückhalten. Im Autogeschäft betrifft das vor allem Pkw im unteren Preissegment. "Es ist noch überhaupt nicht abzusehen, wie lange der Vertrauensverlust in den Standort Russland anhält", betonte Bratzel. Auch VW ist skeptisch: "Wir sehen den russischen Markt, speziell auch den ukrainischen Markt, momentan sehr kritisch", sagte Konzernchef Martin Winterkorn dem Sender n-tv. Die Wolfsburger haben zwei Fabriken in Russland und bauen gerade ein Motorenwerk.
Während insbesondere Hersteller wie Opel und Ford unter dem Absatzeinbruch in Russland leiden, schlägt sich Daimler mit seinen Oberklasse-Autos dort besser. Mercedes-Benz habe die Monate Juli bis September in Russland besser abgeschnitten als im Vorjahr, betonte Konzernchef Dieter Zetsche. "Wir unterscheiden uns signifikant von den Wettbewerbern." Der Markt in Europa sei allerdings insgesamt "nicht so begeisternd". Der Stuttgarter Autobauer geht deshalb inzwischen nur noch von einem weltweiten Absatzzuwachs von drei bis vier Prozent aus - zu Jahresbeginn hatte Zetsche noch mit vier bis fünf Prozent Plus gerechnet.
Auch BMW hat der Rückgang in Russland einen Dämpfer beim Absatz eingebrockt. Durch die politische Krise sei der Gesamtmarkt in Russland und der Ukraine um 27 Prozent zurückgegangen, sagte BMW-Chef Norbert Reithofer in Paris. "Wir können uns diesem Markttrend nicht entziehen." Die positive Entwicklung in Westeuropa gleiche dies aber aus. "Europa in Summe hat ganz klar ein Plus geliefert." Es gebe auch keinen Grund, die Erwartungen für das kommende Jahr zurückzuschrauben.
Weltmarktführer Toyota hält ebenfalls an seinen Zielen fest. Im gesamteuropäischen Markt, wozu Toyota auch Russland, die Türkei und Israel zählt, will der japanische Konzern den Absatz in diesem Jahr auf 865.000 Fahrzeuge leicht steigern. 2015 sollen es eine Million sein.
Reuters