Mit viel Schwung ist der DAX in den April gestartet. Charttechniker jubilieren bereits, dass die 200-Tage-­Linie nicht mehr weit weg ist und deren Überwinden ein starkes Kaufsignal wäre. Doch wie sieht es fundamental aus? An der Gemengelage hat sich seit den Herbststürmen des vergangenen Jahres nicht viel geändert. US-Präsident Donald Trump stichelt munter weiter gegen China, Europa und den Rest der Welt, die Gelbwesten gehen in Frankreich weiter auf die Straße, und das Szenario eines ungeordneten Brexits am 12. April ist keineswegs vom Tisch. Hinzu kommen schwache Konjunkturdaten aus China, aber auch aus Europa. Trotzdem sieht plötzlich alles wieder sehr viel freundlicher aus an den Märkten.

Auf dem Münchner Börsentag lieferte Fondsmanager und Vermögensverwalter Jens Ehrhardt am vergangenen Samstag eine frappierend einfache Erklärung: "2018 war zu viel Pessimismus vorhanden, zu viel Angst vor einer Eskalation des Handelsstreits." Mit der Folge, dass Aktien nicht teuer seien. Gerade deutsche Titel seien im Vergleich zu US-Werten "so günstig wie seit 50 Jahren nicht mehr". Die aktuelle Erholungsphase überrascht ihn deshalb nicht, wie er auch insgesamt davon ausgeht, dass "2019 ein Aufwärtsjahr wird".

Drei Experten, zwei Meinungen


Neben Ehrhardt zählten Bestsellerautor Max Otte ("Der Crash kommt") und Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank, zu den gefragtesten Rednern auf dem Münchner Börsentag. Letzterer teilt Ehrhardts Optimismus für die Aktienmärkte, vor allem weil es an Anlage­alternativen fehlt. Der "Totensonntag für Zinsen" sei eingeläutet, erklärte Halver. Die Aktie von BASF bringe fast fünf Prozent Dividendenrendite, während eine Anleihe desselben Unternehmens gerade 0,3 Prozent Zinsen pro Jahr abwerfe. Zinssparen sei deshalb ungefähr "so attraktiv wie Fußpilz".

Die Risiken am Aktienmarkt hält er mittlerweile für überschaubar, denn: "Bei den geringsten Anzeichen einer Krise werden die Notenbanken den Markt wieder mit billigem Geld fluten." Auch Ehrhardt sieht in der anhaltenden Niedrigzinspolitik eine Art "weltweites Doping" für die Börsen. "Solange es kaum Inflation gibt, funktioniert dieser Mechanismus, und es gibt keine Crashgefahr. Ganz anders wiederum sieht Vermögensverwalter und Fondsberater Max Otte die Situation. Er geht nach wie vor davon aus, dass der nächste Crash "noch in die erste Amtszeit von US-Präsident Donald Trump fällt" (was er auch schon mehrfach in Interviews mit BÖRSE ONLINE geäußert hatte, zuletzt in Ausgabe 09/2019).

Vor allem die ausufernde Verschuldung sowohl von Staaten als auch Privathaushalten und Unternehmen sei eine komplett unterschätzte Gefahr. "US-Unternehmen sind so hoch verschuldet wie noch nie", sagte er, "aber die aufgenommenen Milliarden wurden nicht ins operative Geschäft investiert, sondern in Aktienrückkäufe" (ein Punkt übrigens, den auch der ansonsten optimistische Ehrhardt als "ungesund" bezeichnete).

Zwei Meinungen, ein Rezept


Ottes Rezept, um einigermaßen unbeschadet durch eine Krise zu kommen, sind 25 bis 40 Prozent Cash, wie er auf dem Börsentag betonte. Was schließen wir daraus? Wenn mit Ehrhardt und Halver zwei Experten optimistisch sind und der dritte als Pessimist ebenfalls auf bis zu 75 Prozent Qualitätsaktien setzt, können Anleger doch einigermaßen beruhigt in die Zukunft schauen. Sich vom Aktienmarkt komplett abzuwenden, wäre im Moment sicher ein Fehler. Eher angebracht wäre es, ein paar Teilgewinne zu realisieren, um Geld zum Nachkaufen zu haben, falls es - entgegen allen Erwartungen - in der kommenden Woche doch zu einem ungeregelten Brexit mitsamt Börseneinbruch kommen sollte.