Die Ankündigung der Deutschen Börse sorgte bei Aktionären der Krypto-Handelsplattform Coinbase kurz für Verunsicherung: Nachdem der Börsenbetreiber zuerst erklärt hatte, ab dem 23. April den Handel mit Papieren von Coinbase an der Frankfurter Börse und dem Computerhandelssystem Xetra vorerst einzustellen, hat er kurz darauf Entwarnung gegeben. Grund sei, dass die zuvor fehlenden Stamm- beziehungsweise Kennzeichnungsdaten nun doch zur Verfügung stünden. Coinbase hatte am 14. April ein fulminantes Börsendebüt an der Nasdaq gefeiert. Mittlerweile hat sich die Stimmung etwas abgekühlt.
Bei diesem Rummel um den neuen Kryptoriesen am Kapitalmarkt sind die Zahlen der Deutschen Börse etwas untergegangen. Dabei lohnt es sich, einen genaueren Blick darauf zu werfen, denn sie können sich sehen lassen. Obwohl die im Vergleich zum Vorjahr viel niedrigere Volatilität das Geschäft deutlich beeinträchtigt hat - diese Sorge hatte ab Juli 2020 für kräftigen Abwärtsdruck der Aktie gesorgt - ist der Umsatz im ersten Quartal 2021 um lediglich sieben Prozent auf 855,1 Millionen Euro gesunken. Dazu trugen auch zwei Übernahmen bei. So hatte der DAX-Konzern Ende September 2020 die Fonds-Vertriebsplattform Fondcenter von der Schweizer Großbank UBS gekauft und ist nun mit einem verwalteten Vermögen von rund 290 Milliarden Euro einer der führenden Anbieter für Fondsdienstleistungen. Ende Februar 2021 folgte dann der Erwerb eines Anteils von 81 Prozent am US-Aktionärsberater Institutional Shareholder Services für rund 1,5 Milliarden Euro. Der Deal unterstützt Vorstandschef Theodor Weimer bei dem Ziel, einer der führenden Datenanbieter im Bereich ESG (Environment, Social, Governance) zu werden, der einer der wichtigen Wachstumstreiber in der Branche ist.
Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ging im ersten Quartal zwar um zwölf Prozent auf 521,2 Millionen Euro zurück. Damit liegt die operative Marge allerdings bei 61 Prozent. Finanzchef Gregor Pottmeyer gab sich daher zuversichtlich. "Auch wenn das erste Quartal wegen des Covid-19-bedingten außerordentlich starken Vorjahresquartals schwächer ausfiel, befinden wir uns vollumfänglich auf dem Wachstumspfad unserer Compass-2023-Mittelfristprognose. Da wir diese Entwicklung bei der Prognose für das laufende Geschäftsjahr antizipiert haben, sind wir auch zuversichtlich, unsere Wachstumsziele 2021 zu erreichen", sagte Pottmeyer. Dabei soll der Umsatz 2021 um neun Prozent auf 3,5 Milliarden Euro zulegen. Rund die Hälfte davon werde aus organischem Wachstum kommen, der Rest aus Übernahmen. Zudem soll das Ebitda auf rund zwei Milliarden Euro zunehmen.
Mit Zukäufen das Wachstum anheizen
Der Firmenlenker treibt zudem die Mittelfriststrategie zügig voran. Bis 2023 sollen Umsatz, Ebitda und Gewinn je Aktie um jeweils rund zehn Prozent pro Jahr steigen. Rund die Hälfte des Umsatzplus werden laut Weimer Zukäufe beisteuern, wobei er vor allem außerhalb des Aktiengeschäfts und dem dazugehörigen Derivatebereich akquirieren will, um das Unternehmen unabhängiger von den Schwankungen an diesen Märkten zu machen. Der Vorstandschef hat vor allem Datenanbieter und Handelsplätze für Währungen und Rohstoffe im Visier. Als Wachstumstreiber sieht er neben dem ESG-Thema auch den Trend vom außerbörslichen zum börslichen Handel, die zunehmende Bedeutung institutioneller Investoren (Buy-Side), passive Investments und die Digitalisierung des Finanzsektors. Laut Pottmeyer hat der Börsenbetreiber rund 1,5 Milliarden Euro für mögliche Deals in der Kasse. Zukäufe bleiben für den DAX-Konzern mit einem Börsenwert von 27,6 Milliarden Euro wichtig, um im Konzert der Großen, wie den US-Konkurrenten CME Group (61,5 Milliarden Euro) oder Intercontinental Exchange (56,4 Milliarden Euro) mitzuspielen, ist doch die Branche im Fusions- und Übernahmefieber. So hat die London Stock Exchange (LSE, 41,0 Milliarden Euro) Ende Januar den Finanzdatenanbieter Refinitiv für 27 Milliarden Dollar übernommen. Im Zuge des Deals veräußert die LSE die Borsa Italiana für mehr als 4,3 Milliarden Euro an die Mehrländerbörse Euronext.
Nasdaq spürt den Börsenboom
Gemessen an der Marktkapitalisierung ist die Nasdaq Inc. deutlich kleiner als die Deutsche Börse. Die US-Technologiebörse hat prächtige Zahlen vorgelegt, woraufhin die Aktie die Rekordfahrt fortgesetzt hat. Im ersten Quartal ist der Umsatz um 21 Prozent auf 851 Millionen Dollar gestiegen. Dabei lief das Geschäft in vielen Bereichen, wie etwa im Aktienhandel, gut. Zudem spülte der Börsenboom viel mehr Lizenzeinnahmen für ihre Indizes in die Kasse, weil das verwaltete Vermögen kräftig gestiegen ist. Laut Vorstandschefin Adena Friedman stieg der wiederkehrende Umsatz, eine von Analysten und Investoren stark beachtete Kennzahl, um 21 Prozent auf eine Jahresrate von 1,76 Milliarden Dollar. Ebenso wie die Deutsche Börse kurbelt auch die Nasdaq das Geschäft mit Akquisitionen an. Friedman hat im Februar die Übernahme der kanadischen Firma Verafin für 2,75 Milliarden US-Dollar abgeschlossen und stärkt damit die Technologielösungen der Nasdaq gegen Kriminalität im Finanzsektor, wie Geldwäsche und Betrug. Zudem ist die operative Marge gemessen am Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) um vier Prozentpunkte auf 43 Prozent geklettert.
Mit den starken Quartalszahlen bewegt sich die Nasdaq weiter in Richtung der 2025er-Ziele. Friedman hat den einzelnen Bereichen klare Vorgaben gemacht, wodurch das Geschäft außerhalb des Handels in den kommenden drei bis fünf Jahren aus eigener Kraft um durchschnittlich fünf bis sieben Prozent pro Jahr wachsen soll. Laut Konsens der Analysten soll der Gewinn je Aktie bis 2025 um 50 Prozent gegenüber 2020 auf 9,25 Dollar nach oben schießen. Die Aktien der beiden Börsenbetreiber sind gemessen am KGV zwar hoch bewertet. Allerdings sollten die hohen operativen Margen und die erwarteten Gewinnsteigerungen die Kurse weiter nach oben treiben.