Ein berauschendes Jahr war 2021 für die Schwellenländer nicht. Die wirtschaftliche Entwicklung stand ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Dem Handel machten die Ausgangsbeschränkungen im Zuge der einzelnen Infektionswellen zu schaffen. Die Industrie wiederum hatte mit unterbrochenen Lieferketten und Engpässen bei Rohstoffen und Zwischenprodukten zu kämpfen.
Eher mittelprächtig war auch die Performance des MSCI Emerging Markets Index. Seit Jahresanfang verzeichnet der Index, in dem China, Südkorea und Taiwan zusammen rund 62 Prozent der Gewichtung stellen, ein Minus von rund drei Prozent. Großen Anteil daran hatten die kräftigen Kursverluste chinesischer Technologie- und Internetaktien, ausgelöst durch regulatorische Eingriffe von staatlicher Seite.
Ungeachtet dieser Probleme beschleunigte sich mit den Fortschritten bei der Impfkampagne in den jüngsten Monaten die konjunkturelle Erholung. "Anders als in den westlichen Industrieländern, wo massive staatliche Finanzhilfen die Verwerfungen der Corona-Pandemie abfederten, setzt in den Schwellenländern eine klassische wirtschaftliche Erholung ein. Mit dem einsetzenden Wirtschaftswachstum haben Privathaushalte jetzt wieder mehr Geld für Konsumausgaben zur Verfügung. Zugleich sind gerade die asiatischen Volkswirtschaften weitaus weniger von Inflation betroffen als die USA und Europa", meint Sean Taylor, Anlagestratege Asien-Pazifik bei DWS Investment.
Ländern wie Indonesien und Thailand, deren Volkswirtschaften von den Auswirkungen der Pandemie besonders betroffen waren, räumt Taylor für 2022 das größte Aufholpotenzial ein. Für China erwartet er wesentlich geringere Risiken für einzelne Branchen durch staatliche Interventionen. In seinem Fonds stockte der Experte bei den chinesischen Aktien vor allem die Anteile von Unternehmen aus dem Konsumsektor und von Zulieferern für die Elektroautoproduktion auf.
Auf Länderebene abwarten und firmenspezifisches Stockpicking ist die Strategie der meisten Fondsgesellschaften für Lateinamerika, Osteuropa und Afrika. In Russland und Südafrika ist die Abhängigkeit der dominierenden Rohstoffindustrie von Weltpreisen und von innenpolitischen Faktoren der größte Unsicherheitsfaktor.
Auf China, Japan und Indien setzen
Asien wird deshalb bei den Schwellenländerinvestments weiterhin die Akzente setzen. "China wird 2022 zum Schlüsselfaktor für eine bessere Performance der Schwellenländermärkte", meint auch Luke Barrs, leitender Portfoliomanager bei Goldman Sachs Asset Management. Aufgrund ihrer niedrigen Bewertungen favorisiert er neben den in der E-Mobilität führenden Unternehmen ausgewählte Titel aus den Sektoren Software, Hardware, Bauteilefertigung und industrielle Automatisierung.
Wie Fondsmanager Taylor und andere Asien-Experten setzt auch Barrs für 2022 auf das Comeback von Japan. Anders als die meisten Staaten in Ost- und Südostasien sei das Land glimpflich durch die Corona-Pandemie gekommen und werde als exportorientierte Nation von einer global anziehenden Nachfrage profitieren. Darüber hinaus, meint Barrs weiter, werden die von der neugewählten Regierung angestoßenen fiskalischen Maßnahmen den Binnenkonsum weiter stimulieren.
Das größte Überraschungspotenzial könnte Indien bieten. Nachdem der Subkontinent bis Mitte 2021 von der Pandemie hart getroffen worden war, hatte eine deutliche inländische Erholung einen großen Anteil an den wieder kräftig steigenden Unternehmensgewinnen. Zugleich entfalten die von Narendra Modis Regierung in den vergangenen Jahren eingeleiteten Steuer- und Arbeitsmarktreformen ihre Wirkung. Hinzu kommen die Digitalisierungstrends. "Ähnlich wie es in China vor mehr als einem Jahrzehnt begann, werden die Wirtschaft und die Finanzmärkte in Indien, aber auch in Indonesien von einer Digitalisierung der Arbeitswelt und des Privatkonsums profitieren", ist DWS-Mann Taylor überzeugt.
Sechs Produkte, zwei Aktien
Für Privatanleger sind ausgewählte ETFs und aktiv gemanagte Fonds eine sehr gute Option, um im geografisch und länderspezifisch breit gestreuten Universum der Schwellenländermärkte zu investieren. Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) spielen bei der Titelauswahl eine immer wichtigere Rolle. Besonders Einsteiger fahren bei Kosten und Performance gut mit den drei von uns empfohlenen Produkten, die den Markt in der Breite abbilden und im Falle des ETF von iShares einen Index abbilden, dessen Titelauswahl sich an expliziten Nachhal- tigkeitskriterien orientiert. Die drei Fondsprodukte zählen zu unseren langfristigen Favoriten und haben sich mit ihrer Performance auch im Börsenjahr 2021 bewährt.
Der südafrikanische Medienkonzern Naspers (WKN: 906 614) wächst nicht nur in seinem Kerngeschäft, sondern bietet über seine Beteiligungsgesellschaft Prosus auch die Option, am Wachstum von Internetkonzernen wie der chinesischen Tencent Holdings zu partizipieren. Die Kursverluste der chinesischen Onlineplattformen als Folge der regulatorischen Eingriffe der Regierung schlugen dieses Jahr auch auf den Kurs der Naspers-Aktie durch. Jetzt bietet Naspers wieder eine spekulative Einstiegschance. Mit einem 2022er-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 17,7 ist die Aktie günstig bewertet.
Nidec (WKN: 878 403) mit Sitz in Japan baut Elektromotoren und -antriebe für Fahrzeuge und Lokomotiven. Zudem entwickelt der Konzern Sensoren, Kompressoren und andere elektronische Komponenten etwa für Haushaltsgeräte. Mit einem 2023er-KGV von 42,1 ist die Aktie nicht mehr günstig. Weil Nidec mit seinen Produkten in Zukunftsmärkten wie der E-Mobilität vorn mitmischt, ist ein Bewertungsaufschlag bei jährlichen Wachstumsraten über 20 Prozent auf Sicht der nächsten Jahre gerechtfertigt.