Prall gefüllt sind die Cafés in Bukarest. Rumänien und besonders seine Hauptstadt erleben einen Wirtschaftsboom. Die Einkommen kletterten in den vergangenen Jahren stark, teilweise bis zu zehn Prozent im Jahr. Das führte dazu, dass in großen Städten Restaurants und Cafés aus dem Boden schossen. Schließlich wollen die Menschen ihren Wohlstand auch genießen.

In Bukarest hat sich eine florierende IT-Szene entwickelt. Die Rumänen sind bekannt für ihre Top-Softwarespezia­listen. Viele Branchengrößen wie Microsoft haben dort Dependancen eröffnet, sind doch die Gehälter im EU-Vergleich immer noch die drittniedrigsten.

Das gefällt auch Automobilherstellern. Vor allem Ford und Renault-Dacia produzieren in dem Karpatenstaat. Der Umsatz des Sektors hat sich seit zehn Jahren verdreifacht und macht inzwischen 14 Prozent des BIP aus. Auch die Textilindustrie beschäftigt rund 250.000 Arbeitskräfte. Rumänien gilt als die "Schneiderei Europas". Führende Markenartikelhersteller lassen dort fertigen. Außer günstigen Kosten ist vor allem die räumliche Nähe zu Europas Absatzmärkten das große Plus ­gegenüber Staaten in Fernost.

Mit geringen Unternehmensteuern von 16 Prozent ist das Land attraktiv für Investoren. Zudem wurde 2018 die Einkommensteuer gesenkt, was den Konsum ankurbelt. Dieser Mix aus verschiedenen Zutaten hat die Wirtschaft befeuert. 2017 legte das BIP um sieben, 2018 um 4,2 und 2019 um 4,1 Prozent zu.

Börse Bukarest im Rallymodus


Infolgedessen haussierten auch Aktien. In den vergangenen zwölf Monaten legte der Leitindex BET um 22 Prozent zu. Damit zählt die Börse Bukarest zu den am besten performenden Märkten global. Mit dem Zertifikat der Raiffeisen Centrobank (ISIN: AT 000 048 140 3) auf den in Wien berechneten ROTX-Index, der aus neun rumänischen Bluechips besteht, können spekulative Anleger sich engagieren. Großen Chancen stehen jedoch hohe Risiken gegenüber.

Der Boom ist umso erstaunlicher, da von der Politik viel Gegenwind kommt. Die politische Klasse gilt als extrem korrupt. 2019 versuchte die damals herrschende postkommunistische PSD eine Justizreform durchzuboxen. Diese sah kürzere Verjährungsfristen und Straf- freiheit bei Selbstanzeige in Bestechungsfällen vor. Proteste der Bevölkerung und ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren aus Brüssel kippten das Vorhaben. Im Oktober trat die PSD-Regierung zurück. Der neue Ministerpräsident Ludovic Orban von der nationalliberalen Partei gilt als integer. "Die Kontroversen um den Rechtsstaat sind damit erledigt", hofft Martin Sieg, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bukarest.

Zudem möchte Orban die schlecht ausgebaute Infrastruktur verbessern, zudem will man den schleppenden ­Abruf von EU-Geldern beschleunigen. Exilrumänen sollen zurückgeholt werden, um den Fachkräftemangel zu beheben. Weitere Probleme sind die mit gut vier Prozent kräftige Inflation und das mit minus 3,7 Prozent hohe Haushaltsdefizit. Ursache dafür sind vor allem üppige Wahlgeschenke im Sozialbereich, die die PSD gemacht hat. Der neue Premier will den Haushalt nun ordnen. Wegen sprudelnder Steuereinnahmen könnte das auch gelingen.

Da die Staatsverschuldung mit 37 Prozent des BIP trotz sozialer Wohltaten noch gering ist, können Anleger sich mit einer rumänischen Staatsanleihe (ISIN: US 775 86T AA4 3) eine Rendite von rund zwei Prozent per annum beim Kurs von etwa 109 Prozent sichern (Kupon: 6,75 Prozent). Das entspricht 2,9 Prozent Rendite-Spread zu vergleichbaren Bundesanleihen. Der Bond notiert in Dollar. Das eröffnet Währungschancen, aber auch Risiken. Wegen der kurzen Laufzeit bis 2022 stellt ein wachsendes Haushaltsdefizit keine große Gefahr dar.