Protzige Autos waren gestern. Wer in den USA etwas auf sich hält und in der Nachbarschaft angeben will, legt sich heutzutage ein schickes Boot zu. Zumindest wenn man an den Küsten der USA lebt, an die es gerade gut betuchte Amerikaner zieht. Eine Klientel, die für den Kauf eines Freizeitbootes infrage kommt und wirtschaftlich von den Folgen der Lockdowns in der Regel kaum betroffen war. Schließlich litten zumeist Menschen aus Berufsgruppen mit niedrigem Lohnniveau - wie beispielsweise die Gastronomie - besonders hart darunter.
So kommt es auch, dass der Freitzeitbootsektor kaum negativ beeinflusst wurde. Im Gegenteil, einige Unternehmen aus diesem Bereich konnten sogar neue Umsatzrekorde vermelden. Während andere Branchen das schwierige Jahr 2020 so schnell wie möglich abhaken wollen, konnte der Markt für Freizeitboote und maritime Produkte im vergangenen Jahr um neun Prozent zulegen. Mit einem Gesamtumsatz von 47 Milliarden US-Dollar konnte sogar ein frischer 13-Jahres-Umsatzrekord aufgestellt werden.
Wer sich aktuell für ein Boot interessiert, muss inzwischen nicht wie üblich mit Wartezeiten in der Größenordnung von Wochen, sondern eher Monaten rechnen. Auch gebrauchte Freizeitboote sind ein rares Gut geworden, und so steigen die Preise für die ohnehin schon teuren Wassergefährte weiter an. Bootshändler sprechen von 2020 als dem besten Jahr seit Jahrzehnten. Klar, dass der Erfolg auch auf die Produzenten der gefragten Wasserfahrzeuge überschwappt.
Dem Branchenprimus Brunswick kommt der Boom in Anbetracht der stagnierenden Umsätze der vergangenen Jahre gerade recht. Er machte im vergangenen Jahr besonders mit Ersatzteilen und Zubehör das große Geschäft. Und David Foulkes zufolge ist der Boom noch nicht zu Ende: Laut dem Brunswick-Chef ist der durch die Pandemie geförderte Homeofficetrend einer der Hauptgründe für die guten Geschäfte. Schließlich seien es die flexiblen Arbeitszeiten, die es vielen Menschen an der Küste ermöglichten, auch während des Tages einen schnellen Abstecher raus aufs Meer zu machen. Der Boom sorgt Foulkes zufolge dafür, dass es zwei bis drei Jahre dauern wird, bis die Lager der Bootshändler wieder aufgefüllt sind. Das bringt Brunswick ein sattes Umsatzplus im laufenden Jahr. Während bereits 2020 mit einem Jahresumsatz von 4,35 Milliarden Dollar und einem Gewinn pro Aktie von 5,07 Dollar die Kasse ordentlich klingelte, rechnet das Unternehmen in einer kürzlich erhöhten Jahresprognose mit einem Umsatzplus von 30 Prozent auf gemittelt 5,70 Milliarden Dollar sowie mit einem Gewinnanstieg um 57 Prozent auf acht Dollar pro Aktie. Dadurch ergibt sich ein attraktives Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 11,6. Zugleich stellt die geschätzte Dividendenrendite von 1,1 Prozent ein nettes Zubrot dar. Die Rendite ist zwar nicht überragend, jedoch konnten die Ausschüttungen seit 2014 mehr als verdoppelt werden.
Wirtschaftslage ist entscheidend
Die konjunkturelle Abhängigkeit der Branche ist aber auch der Grund, weshalb mit Ausschüttungen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht zu rechnen ist. Eine ausbleibende Dividende ist beim kleinen Konkurrenten Malibu Boats gar kein Thema. Stattdessen steckt das Unternehmen mit den Surferanklängen im Namen einen Teil seiner Gewinne in Wachstum - und das ausgesprochen erfolgreich. So konnten Umsatz und Gewinn mit Ausnahme des schwachen vergangenen Jahres prozentual mit hohen doppelstelligen Zuwachsraten überzeugen. Erreicht wurde das auch durch kluge Übernahmen.
Beispielsweise wurden viele, teilweise kleinere, im Familienbesitz befindliche Produzenten von Booten übernommen, über die Jahre hinweg gut integriert und margenseitig auf Vordermann gebracht. Besonders mit dem Kauf eines kriselnden Herstellers von Bootsaufbauten im Jahr 2009 konnte sich Geschäftsführer Jack Springer auszeichnen.
So ist Malibu Boats nach seinen Angaben heute so stark vertikal integriert wie kein anderer Konkurrent und dadurch kaum auf Zulieferer angewiesen. Zudem konnte durch einen guten Produktmix und die Übernahme von Premiummarken der durchschnittliche Preis pro Boot von 71 000 Dollar im Jahr 2016 auf über 100 000 Dollar im Jahr 2020 gesteigert werden. Mit einem geschätzten KGV von 12,8 ist der Titel zwar etwas teurer bewertet als Brunswick, bringt aber wesentlich mehr Wachstumsfantasie mit als der Branchenprimus. Bilanziell stehen beide Konzerne solide da, wobei Marine Max mit einer nettoschuldenfreien Bilanz noch besser aufgestellt wirkt. Mit einem geschätzten KGV von 7,7 bei einem erwarteten Anstieg beim Umsatz um 39 Prozent sowie beim Gewinn um 87 Prozent für das aktuelle Geschäftsjahr ist der Bootshändler und Anbieter von Jachtcharterservices sowie Zubehörteilen wie Motoren und Anhängern in den Augen der Redaktion der aussichtsreichste Titel der Branche.
Was alle drei Unternehmen gemein haben, sind die hohen Produktionskosten und die daraus resultierenden geringen Margen. In Konjunkturkrisen fallen solch margenschwache Unternehmen schnell in die Verlustzone. In einem Boom sorgt diese Tatsache im Umkehrschluss jedoch auch für eine enorme Hebelwirkung in positiver Hinsicht sowie für explodierende Gewinne.