Kabinentermin beim Dortmunder Bundesligisten BVB: Vertriebsdirektor Carsten Cramer und der Marketingchef des neuen Sponsors Comdirect, Matthias Hach, reden über eine Kooperation der Direktbank mit dem Vizemeister. Die brennendste Frage aber richtet sich an den ebenfalls anwesenden BVB-Kapitän und Nationalspieler Marco Reus. Ob der BVB wohl in der vergangenes Wochenende gestarteten 57. Spielzeit der Bundesliga endlich den Titel ergattert? Reus lacht, hellsehen könne er nicht, aber er bestätigt das Vorhaben: "Dafür sind wir jetzt alle in der Verantwortung und wir haben 34 Spieltage Zeit, unser Ziel zu erreichen", antwortet er.
Beim ersten Spiel gegen Augsburg hat die Mannschaft bewiesen, dass sie das Zeug dazu hat. Mit einem 5:1-Sieg gingen die Dortmunder vom Platz, auch Reus war mit einem Treffer beteiligt. "Es gibt nichts schöneres, als die Saison zu Hause zu beginnen, vor 80.000 Zuschauern", sagt der Profi. Er war aber nicht der Star auf dem Platz. Das war der vom FC Bayern zurückgekehrte Verteidiger Mats Hummels, der sich vorgenommen hat, die Siegermentalität der Münchner nach Dortmund zu übertragen.
Nicht nur die Fans auf den Tribünen von Deutschlands größtem Fußballstadion jubelten. Der Aktienkurs des Vereins stoppte die Talfahrt und drehte fulminant ins Plus. Dabei war der Kurs noch vor wenigen Tagen nach Vorlage der Bilanz für das Ende Juni abgelaufene Geschäftsjahr ins Straucheln geraten. Der Umsatz war um neun Prozent auf knapp 490 Millionen Euro geschrumpft. "Bereinigt um die Transfers ist der Umsatz im Geschäftsjahr 2018/19 um 18 Prozent auf 370 Millionen Euro gewachsen", erklärte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Ein Rekordwert, das operative Geschäft brummt.
Der Umsatzschwund kam zudem nicht überraschend: Dass sich ein Ereignis wie der Verkauf des französischen Spielers Masour Ousmane Dembélé im Jahr zuvor für 125 Millionen Euro an den spanischen Klub FC Barcelona nicht wiederholen würde, darauf hatte das Management bereits hingewiesen. Bislang haben Watzke und Co knapp 128 Millionen Euro für Spieler - darunter 31 Millionen Euro für Bayern-Rückkehrer Hummels - ausgegeben und lediglich etwa 72 Millionen Euro eingenommen. Rechnet man allerdings die 64 Millionen Euro für den im Januar angekündigten, aber erst im Sommer vollzogenen Wechsel von Christian Pulisic zum britischen Verein FC Chelsea mit ein, sieht die Bilanz gar nicht schlecht aus.
"Wir hatten eine klare Transferstrategie: Möglichst schnell die Zugangsseite abzudecken, um nicht unter Preisdruck zu geraten", sagte Watzke bei der Bilanzkonferenz. Nun nähere sich der BVB-Kader der reduzierten Wunschgröße. Die geringere Transferzahl hat einen weiteren Vorteil: Die Ausgaben des BVB für Berater haben sich im abgelaufenen Geschäftsjahr um 53 Millionen Euro verringert.
Marketing im Ausland
Der knapp verpasste Meistertitel in der abgelaufenen Spielzeit ist laut Watzke zwar "hart" gewesen, hatte aber kaum Einfluss auf die Einnahmen. Das größte Plus fuhr der BVB mit 37 Prozent bei den TV-Erlösen ein, die rund 167 Millionen Euro in die Kasse gespült haben. Zudem zahle sich der Werbefeldzug der letzten Zeit in den USA und Asien aus: "Unsere Ausrüster machen mittlerweile 50 Prozent des Umsatzes mit BVB-Artikeln im Ausland", so Watzke.
Bundesligisten setzen zunehmend auf internationale Sponsoren. Hinzugekommen ist beim BVB aber zuletzt die Comdirect aus Schleswig-Holstein. Zusammen bringen die Unternehmen eine App heraus, die den Fans neben dem kontaktlosen Bezahlen im Stadion auch den Kauf von BVB- und anderen Aktien ermöglicht. Künftig dürften also ein paar Kleinaktionäre hinzukommen.
Die können darauf hoffen, dass Borussia Dortmund das Ziel von 500 Millionen Euro transferbereinigtem Umsatz früher erreicht als geplant. Watzke will 2025 die Marke knacken, abhängig vom spielerischen Erfolg könne das auch früher passieren. Es liegt also an Kickern wie Reus, den Aktienkurs nach oben zu spielen. Der entschwand nach dem Kabinentermin - wild entschlossen - auch gleich wieder zum Training.
Investor-Info
Borussia Dortmund
Luft nach oben
Die BVB-Aktie könnte bald erstmals seit dem Börsendebüt auf über elf Euro steigen. Im Verhältnis zu Kader und Marke ist der Titel nach Berechnungen der Analysten des Bankhaus Lampe unterbewertet. Die Aktie schwankt abhängig von den spielerischen Leistungen der Profimannschaft stark. Die Teilnahme an der Champions League ist etwa wegen der hohen TV-Erlöse entscheidend. Geringen Einfluss auf den Kurs hat hingegen die sich abkühlende Konjunktur.
Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 12,00 Euro
Stoppkurs: 7,00 Euro