Alles hängt vom Preis ab, auch die Psyche des Vorstands: "Als Öl noch bei über 100 Dollar pro Barrel notierte, lebten wir glücklich in einer Welt des Luxus", sagt Bob Dudley, Chef des britischen Öl- und Gaskonzerns BP.
Seit Juni 2014 hat sich der Ölpreis jedoch auf 57 Dollar halbiert. Für die Branche sei das ein Schock, sie stehe vor einer schmerzhaften Periode, klagt Dudley. Im vierten Quartal des vergangenen Jahres war der Gewinn bei BP bereits um rund ein Fünftel eingebrochen. Fürs erste Quartal dieses Jahres droht das Minus sogar noch deutlich höher auszufallen.
Saudi-Arabien könnte wesentlich dazu beitragen, die Stimmung Dudleys wieder aufzuhellen. Der weltweit größte Erdölproduzent müsste nur die Förderung zurückfahren und somit das Angebot auf dem Weltmarkt verringern. Doch dazu sind die Scheichs nicht bereit. Erst wollen sie die unliebsame Fracking-Konkurrenz in den USA und Kanada aus dem Markt drängen. Das aber kann noch eine Zeit lang dauern.
Auf Seite 2: Entwicklung des Markts erfordert schnelles Handeln
Die Entwicklungen auf dem Ölmarkt zwingen BP zum Handeln. Zwar wird die Dividende nicht gekürzt, doch statt 26 Milliarden will Dudley in diesem Jahr nur noch 20 Milliarden Dollar investieren.
Zudem wird Personal abgebaut, und die Mitarbeiter müssen sich wohl auf eine Nullrunde bei den Löhnen einstellen. Der Tritt auf die Kostenbremse soll auch Moody’s besänftigen. Im September hatte die Agentur das "A2"-Rating von BP zwar bestätigt, den Ausblick jedoch auf "negativ" gesenkt. Einer Herabstufung will Dudley aber unbedingt zuvorkommen.
Doch lassen sich allein mit dem Rotstift die künftigen Herausforderungen meistern? Die Preiskrise droht sich noch zu verschärfen, sollten die Atomgespräche mit dem Iran erfolgreich abgeschlossen werden. Das Land kann dann wieder unbegrenzt Öl exportieren. Nach Prognosen der US-Energiebehörde EIA könnte dies das Barrel um weitere 15 Dollar verbilligen.
Auf Seite 3: Auf Konsolidierungskurs
Auf Konsolidierungskurs
BP-Konkurrent Royal Dutch Shell setzt in dieser kritischen Lage auf Größe und greift dafür tief in die Tasche. Das - gemessen an der Marktkapitalisierung - derzeit viertgrößte Unternehmen der Branche will für umgerechnet 65 Milliarden Euro die britische BG Group erwerben. Royal Dutch Shell verspricht sich durch den Megadeal jährliche Synergieeffekte in Höhe von 3,4 Milliarden Euro.
Die angekündigte Übernahme nährt nun Spekulationen, auch BP könnte auf Einkaufstour gehen, einen "freundlichen Merger" suchen beziehungsweise selbst geschluckt werden. Innerhalb einer Woche legte der Aktienkurs jedenfalls um fast sechs Prozent zu.
Schon im vergangenen Jahr kursierten Gerüchte, US-Multi ExxonMobil sei an BP interessiert. Da die Briten rund 20 Prozent an Rosneft halten, bekäme Exxon durch einen Kauf Zugang zu russischem Öl. Als wiederum für BP interessant gilt etwa das portugiesische Unternehmen Galp Energia. BP wäre damit unter anderem an der Förderung der Tiefseevorkommen vor der brasilianischen Küste beteiligt.
"Die Folgekosten des Deepwater-Horizon- Unglücks beschränken jedoch die finanziellen Möglichkeiten BPs", sagt Sven Diermeier, Analyst bei Independent Research. Der Experte schätzt, dass der Energieriese wegen der Ölpest im Golf von Mexiko 2010 schon im Lauf dieses Jahres zu einer Strafzahlung in Höhe von über zehn Milliarden Dollar verurteilt wird. Gut möglich, dass auch ExxonMobil eine mögliche Offerte von einem endgültigen Urteil im Rahmen des sogenannten "Clean Water Act" abhängig macht.