Der geplante Ausstieg beim russischen Rivalen Rosneft brockt BP den größten Kursrutsch seit drei Monaten ein. Der britische Energiekonzern hatte seit 2013 einen Anteil von 19,75 Prozent der Rosneft-Aktien gehalten. Mit dem Ausstieg sei auch der Rückzug von BP-Chef Bernard Looney und seinem Vorgänger Bob Dudley als Verwaltungsratsmitglieder von Rosneft verbunden, hieß es in einer Mitteilung des Konzerns am Sonntag. Britischen Medienberichten zufolge gab BP mit dem Schritt Druck aus der Regierung in London nach.
"Wie so viele bin ich zutiefst schockiert und traurig über die Lage in der Ukraine und fühle mit allen, die davon betroffen sind", sagte Looney einer der Mitteilung zufolge. Die Ereignisse hätten eine "fundamentale Neuausrichtung" im Verhältnis zwischen BP und Rosneft ausgelöst. Die Priorität liege bei der Sorge um die Menschen in der Region. Die vom BP-Vorstand gemeinsam getroffene Entscheidung sei auch im langfristigen Interesse des Konzerns. BP-Chefaufseher Helge Lund bezeichnete Russlands Angriff auf die Ukraine als "Akt der Aggression, der tragische Konsequenzen in der ganzen Region haben wird".
Schmerzhafte Trennung
BP habe 30 Jahre lang in Russland mit "brillanten russischen Kollegen" zusammengearbeitet. Doch der militärische Einsatz stelle eine fundamentale Veränderung dar. Der Vorstand sei daher zu dem Entschluss gekommen, dass die Beteiligung an dem staatseigenen russischen Unternehmen nicht fortgesetzt werden könne.
Aber auch wirtschaftlich stellt der Verkauf der Anteile Einbußen für die Briten dar. Rosneft hat im vergangenen Jahr 21 Prozent zum Konzerngewinn beigetragen. Darüber hinaus drohen BP durch den Verkauf nach eigenen Aussagen Abschreibungen im Volumen von bis zu 25 Milliarden Dollar. Rosneft-Aktien hatten in den vergangenen Tagen zeitweise 70 Prozent ihres Wertes eingebüßt.
Aufsichtsratsmandate bei Rosneft
Neben BP gibt es weitere Akteure, die mit dem russischen Ölkonzern in Verbindung gebracht werden: Etwa der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Er sitzt in Führungsgremien der Gaspipeline-Betreiberfirma Nord Stream und des russischen Energiekonzern Rosneft. Zudem soll der SPD-Politiker in Kürze in den Aufsichtsrat des russischen Energieriesen Gazprom einziehen.
Die SPD-Spitze drängt den ehemaligen Bundeskanzler, seine Posten in russischen Unternehmen abzugeben. "Rosneft und Gazprom sind nun Infrastruktur eines blutigen Angriffskrieges", twitterte SPD-Co-Chefin Saskia Esken am Wochenende mit Blick auf die Aufsichtratsmandate von Schröder. "Mit seinen dortigen Mandaten schadet Gerhard Schröder dem Ansehen Deutschlands und der Sozialdemokratie. Geschäfte mit einem Kriegstreiber sind mit der Rolle eines Altkanzlers unvereinbar."
Schröder selbst hatte Russland die Verantwortung für den Krieg gegeben, aber keine weiteren Schritte angekündigt.
Unsere Einschätzung zur BP-Aktie
BP notiert zum Montagmittag mehr als 6,2 Prozent im Minus - und zieht dadurch auch weitere Ölwerte mit nach unten, obwohl der Ölpreis ansteigt. Die Trennung von dem rund 20-prozentigen Anteil kommt für das russische Ölunternehmen Rosneft zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, da die russische Börse extrem unter Druck geraten ist. Britischen Medienberichten zufolge gab BP mit dem Schritt Druck aus der Regierung in London nach.
Dieser Schritt könnte sich auf BP teuer auswirken, ist aber nachvollziehbar. Der Verkauf der Anteile dürfte den Konzern aber auch voranbringen. "Wir beschleunigen das Greening von BP", sagte Looney bei der Vorlage der Geschäftszahlen Anfang Februar. BP werde die Wachstumschancen nutzen, die die Energiewende biete. Der Energieriese will seine Öl- und Gasproduktion bis 2030 um 40 Prozent drosseln und gleichzeitig das Geschäft mit Erneuerbaren Energien ausbauen.
Die starke Dividende und der Gewinnsprung nach einem Verlust im Vorjahr spricht für das robuste Papier. Wir empfehlen die BP-Aktie zum Kauf.
ak/rtr/dpa-AFX