Wie es alle sechs Monate üblich ist, hat Barclays eine Übersicht über die europäischen Top-Picks der eigenen Analysten für das nächste halbe Jahr zusammengestellt. In der Einleitung zu dieser Studie lässt die britische Investmentbank zunächst wissen, dass man Aktien weiterhin für eine attraktive Anlage-Klasse hält.

Allerdings sei diese Einschätzung in einem Umfeld, in dem die Bewertungen allgemein recht anspruchsvoll seien, eher relativ gemeint. Will heißen, im Vergleich mit anderen Anlageklassen sind für Barclays Aktien als am wenigsten unattraktiv einzustufen, was die Chance auf eine relativ gute Performance eröffne.

Außerdem stellt man klar, dass die vergleichsweise geringen Kursschwankungen an den Aktienmärkten weniger als ein Indiz für Selbstzufriedenheit unter den Anlegern zu werten ist, sondern eher mit einem ungewöhnlich ruhigen volkswirtschaftlichen Umfeld.

Europäische Aktien stuft Barclays im weltweiten Vergleich als unterbewertet ein. Die insgesamt 26 Top-Picks kommen im Schnitt auf ein geschätztes KGV von 14,7. Das geht einher mit einem geschätzten Gewinnwachstum von 12,4 Prozent.

Die Favoriten verfügen über ein Aufwärtspotenzial von durchschnittlich 20 Prozentgemessen an den Barclays-Kurszielen für die nächsten zwölf Monate. Die von uns auf den nächsten Seiten etwas näher vorgestellten fünf Empfehlungen kommen sogar auf ein Kurspotenzial von 24 Prozent bis 52 Prozent.

Auf Seite 2: Renault





Renault (WKN: 893113)



Über nennenswertes Aufwärtspotenzial unter den Barclays-Favoriten verfügt Renault. Das Kursziel für den französischen Autobauer beträgt 110,00 Euro. Das ist eine Vorgabe, die sich um 37,8 Prozent über den aktuellen Notierungen bewegt. Laufe es besonders gut, seien sogar Kurse von 141 Euro drin, bei einer besonders negativen Entwicklung müssten aber auch Notierungen von 54,00 Euro einkalkuliert werden.

Die Briten haben die Franzosen am 11. Mai von "Gleichgewichten" auf "Übergewichten" hochgestuft und damals auch das Kursziel von 88,00 Euro angehoben. Zur Begründung wurde auf eine neue Ära verwiesen, die für Renault jetzt anbrechen dürfte. Das ist auch eine Anspielung auf Allianzen mit Nissan, Mitsubishi und Avtovaz, die im Jahr 2022 Synergien von rund acht Milliarden Euro bringen dürften. Mehr dazu dürfte es im Herbst geben.

Zudem sei Renault in den wachstumsstarken Schwellenländern(Ex-China) mit einem Anteil von 42 Prozent an den verkauften Fahrzeugen dreimal stärker aufgestellt als der Durchschnitt der anderen Volumenhersteller. Außerdem verfüge Renault über eine starke Finanzierungssparte, die kontinuierlich eine Eigenkapitalrendite von mehr als 20 Prozent erwirtschaftet habe.

Auf Höhe des Kursziels von 110 Euro wäre das KGV auf Basis der Gewinnschätzungen für 2018 auf das 6,5-fache zu veranschlagen. Bei Peugeot und bei Volkswagen seien es dagegen 8,0 und 7,0. Die Dividendenrendite auf Sicht von zwölf Monaten wird zudem auf rund vier Prozent taxiert.

Charttechnik





Die Renault-Aktie kostet momentan so viel wie im Jahr 2005. Es handelt sich somit um keinen charttechnischen Dauerläufer, der Langfrist-Anlegern zu Wohlstand verhilft. Seit März 2009 hat die Aktie zwar deutlich zugelegt, aber zuletzt hat sich ein Seitwärtstrend breit gemacht. So lange das so bleibt, gibt es charttechnisch kein überzeugendes Anlage-Argument.

Profil



Renault S.A. ist einer der führenden Automobilhersteller in Europa, der PKW und Leichtlastkraftwagen entwickelt und vermarktet. Zum Unternehmen gehören die drei Marken Renault, Dacia und Samsung. Darüber hinaus unterhält Renault Beteiligungen an Nissan und AvtoVAZ. Bei letzterem handelt es sich um einen der größten russischen Autoproduzenten, der Fahrzeuge der Marke Lada fertigt. Zu den bekannten Produktlinien von Renault selbst gehören der Clio, Languna, Twingo sowie der Kangoo im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge.

Auf Seite 3: Deutsche Telekom



Deutsche Telekom (WKN: 555750)



Mit der Deutschen Telekom hat es neben ProSiebenSat.1 Media ein zweiter Wert geschafft, zu einem Sektor-Top-Pick von Barclays zu avancieren. Sein Kursziel im Zuge einer bestehenden Übergewichten-Empfehlung hat der zuständige Analyst Mathieu Robilliard im Mai von 19,80 Euro auf 21,00 Euro erhöht. Das lässt diesem Titel theoretisch 35 Luft nach oben.

Für die Extremszenarien einer besonders guten oder besonders schlechten Entwicklung stellt er Notierungen von 24,00 Euro und 13,00 Euro in den Raum. Seine mittelfristig erhöhten Schätzungen reflektierten im Wesentlichen eine positivere Kostenprognose, so Robilliard. Bei einem Treffen mit dem Vorstand hätten sich die Fragen vor allem auf eine mögliche Konsolidierung und die Auswirkungen des Zusammenschlusses von United Internet und Drillisch konzentriert. Negatives kam dabei ganz offensichtlich nicht zum Vorschein.

Der Telekommarkt in Deutschland sei strukturell gesund und auf dem Weg der Erholung. Zudem entpuppe sich die US-Beteiligung T-Mobile mehr und mehr als ein strategisch wertvolles Asset. Die Risiken für einen neuerlichen Kapazitätsschock seien gering und es bestehe die Chance auf Kostensenkungen. Ob und wann es bei T-Mobile in den USA zu einer Fusion mit einem Konkurrenten komme, sei offen. Die Telekom stehe dem aufgeschlossen gegenüber, habe bei der Umsetzung aber keine Eile.

Gemessen an den Aussichten für Umsatz und Gewinn sei die Aktie im Branchenvergleich attraktiv. Barclays rechnet beim Ergebnis je Aktie für 2017 mit 1,10 Euro nach 0,88 Euro im Vorjahr und für 2018 mit 1,21 Euro. Auf letztgenannter Basis ergibt sich ein geschätztes KGV von 12,86.

Charttechnik





Die 1996 beim Börsengang als Volks-Aktie an den Start gegangene Aktie der Deutschen Telekom hat der Börsen-Kultur in Deutschland die meiste Zeit einen Bärendienst erwiesen, denn die Kursentwicklung war einfach zu schlecht. Von den Tiefstkursen von 7,71 Euro aus dem Jahr 2012 hat sich der Titel aber gelöst und im Mai sah es mit einem da gelungenen Vorstoß auf neue Mehrjahreshochs charttechnisch sogar recht viel versprechend aus. Doch in den vergangenen Wochen ist die Notiz wieder in den zuvor gültigen Seitwärtstrend zurückgefallen.

Profil



Die Deutsche Telekom AG ist ein weltweit führendes Dienstleistungs-Unternehmen der Telekommunikations- und Informationstechnologie-Branche. Der Konzern bietet seinen Kunden die gesamte Palette der Telekommunikations- und IT-Branche aus einer Hand, was Festnetztelefonie, Breitbandinternet, Mobilfunk, TV oder komplexen ICT-Lösungen für Geschäftskunden umfasst. Die Gesellschaft ist international ausgerichtet und in rund 50 Ländern vertreten. Der wachsenden Konvergenz der Technologien trägt die Gesellschaft mit einem zunehmend integrierten Produktportfolio Rechnung, das den Zugriff auf persönliche Daten wie Musik, Videos oder auch Adressen über alle Endgeräte hinweg ermöglicht.

Kunden werden sowohl Netzzugänge wie auch Kommunikations- und Mehrwertdienste über Festnetz und Mobilfunk zur Verfügung gestellt. Das Stammgeschäft machen dabei klassische Anschlüsse aus. Die Gesellschaft ist auch in der Erschließung des Smart Grid Marktes, mit IT-Services sowie mit Internet- und Netzwerkdiensten tätig. Des Weiteren betreibt T-Systems, die Großkundensparte des Unternehmens, das Geschäft mit netzzentrierten ICT-Lösungen. Für einen Transaktionswert von 300 Millionen Euro verkauft die Deutsche Telekom 2015 das Internetportal T-Online sowie den Digitalvermarkter Interactive Media an die Werbefirma Ströer.

Auf Seite 4: Glencore





Glencore (WKN: A1JAGV)



Das größte Kurspotenzial unter den europäischen Top-Empfehlungen von Barclays weist Glencore auf. Der Aktie des Rohstoff-Konzerns wird ein Anstieg bis auf 4,00 Pfund zugetraut. Das bewegt sich um gut 30 Prozent über den derzeit gültigen Notierungen.

Im Idealfall sind laut dem zuständigen Analysten Ian Rossouw übrigens sogar Kurse von 7,00 Pfund denkbar, während er im Negativfall auch einen Rückfall bis auf 1,36 Pfund nicht ausschließen will. Chancen berge dabei besonders ein weiterer Anstieg des Kobaltpreises, weil Glencore davon stark profitieren dürfte.

Barclays hatte die Abdeckung des Titels im Januar mit einem Übergewichten-Urteil wieder aufgenommen und dabei gelobt, wie wettbewerbsfähig das Unternehmen sei. Im April witterte die britische Investmentbank dann allgemein eine Einstiegschance bei europäischen Minenwerten, die auch Glencore umfasste. Die Bewertungen in dem Sektor hätten ein interessantes Niveau erreicht, hieß es damals, weil für das laufende und das kommende Jahr Cash Flow-Renditen von 14 und 16 Prozent zu erwarten seien, was die Bilanzen der Unternehmen stärke.

Allgemein verfügt Glencore nach Einschätzung von Barclays über ein etwas anderes Profil als die ebenfalls diversifiziert aufgestellte Konkurrenz. Die am Markt immer wieder zu vernehmenden Bedenken in Sachen Asset-Qualität seien unangemessen. Vielmehr seien die Kupferressourcen sogar vergleichsweise hochwertig. Auch die Stückkosten seien geringer, während die Margen auf EBITDA-Basis höher seien.

Zudem habe das Unternehmen die Schulden gesenkt und für dieses Jahr dürfe mit einemdeutlichen Gewinnanstieg gerechnet werden. Barclays kalkuliert beim Ergebnis je Aktie mit 0,38 Pfund nach 0,14 Pfund im Vorjahr. Die Prognose für 2018 sieht mit einen geschätzten Gewinn je Aktie von 0,37 Pfund zwar Stagnation vor, doch auch das wäre gleichbedeutend mit einem einstelligen KGV.

Charttechnik





Die Schwäche der Rohstoffpreise in den vergangenen Jahren wäre Glencore fast zum Verhängnis geworden. Denn das Unternehmen hatte zu offensiv expandierte und die Schulden lasteten schwer auf dem Unternehmen als die Rohstoffpreise in den Keller gerutscht waren. Doch ein Konkurs konnte abgewendet werden und von Anfang 2016 bis Mitte März 2017 hat sich der Kurs deutlicher erholt. Doch diese Bewegung ist zuletzt ins Stocken geraten und noch bleibt abzuwarten, ob das nur eine Verschnaufpause ist oder der Vorbote eines neuen Abwärtstrends. Die Gewinne der vergangenen Tage lassen auf das erstere hoffen.

Profil

Glencore Xstrata Plc (vormals Glencore International plc) mit Geschäftssitz in Baar, Schweiz und registriertem Hauptsitz in Jersey, ist nach der Übernahme des Bergbaukonzerns Xstrata plc im Mai 2013 eines der weltweit führenden Unternehmen in der Rohstoffbranche. Die Geschäftsaktivitäten des Konzerns sind in die Bereiche Metalle und Mineralien, Energieprodukte und Agrarerzeugnisse gegliedert die von der Division Marketing und Logistik unterstützt werden. Das Unternehmen agiert international in der Produktion, Beschaffung, Bearbeitung, Veredelung, dem Transport, der Lagerung und dem Handel von Metallen und Mineralien, Energie und landwirtschaftlichen Produkten.

Im Weiteren ist der Konzern in der Förderung, Verarbeitung, Raffinierung und Lagerung von Kupfer, Ferrochrom, Nickel, Vanadium, Zink, Kokskohle, thermische Kohle und Öl wie auch Platinmetalle, Gold, Kobalt, Blei und Silber tätig. Der Konzern betreibt weltweit über 150 Bergbau- und Minenanlagen, Offshore-Öl-Produktionsanlagen, Farmen und landwirtschaftliche Einrichtungen. Über ein globales Netzwerk mit mehr als 90 Niederlassungen betreut die Glencore Xstrata Plc ihre Kunden in über 50 Ländern. Die Mehrheitsbeteiligung an dem Bergbaukonzern Lonmin plc wurde im Juni 2015 veräussert. Glencore wurde 1974 gegründet, Xstrata wurde bereits 1926 als Südelektra AG gegründet. Nach dem Zusammenschluss beider Unternehmen zu Glencore Xstrata Plc entstand einer der größten Rohstoffproduzenten und Rohstoffhändler weltweit.

Auf Seite 5: BP





BP (WKN: 850517)



Unter den Sektor-Favoriten von Barclays ist auch BP zu finden. Hier beträgt das Kursziel 6,75 Pfund. Damit traut die britische Investmentbank dem Mineralöl- und Energieunternehmen einen Anstieg von rund 52 Prozent zu. Die Extremszenarien sehen sogar Kurse von 8,00 Pfund bzw. von 4,20 Pfund vor.

Das Unternehmen hat sich nach Einschätzung von Barclays ehrgeizige Ziele gesetzt und es wäre untypisch für einen Energie-Konzern, wenn auf dem Weg dorthin alles reibungslos funktionieren würde. Trotzdem traut man der Gesellschaft eine deutliche und nachhaltige Verbesserung beim freien Cash Flow zu.

Der Konzern leidet bis heute unter der Explosion auf der Ölplattform Deepwater Horizon und die nachfolgende Ölpest im Golf von Mexiko im Jahr 2010 kosteten insgesamt über 60 Milliarden Dollar. Aber im Zuge einer kürzlich erfolgten Anhebung des Langfrist-Rating von A2 auf A1 sagte die Kreditwürdigkeitsagentur Moody's Investors Service jüngst, es gebe inzwischen mehr Klarheit über die Höhe und den Zeitpunkt der restlichen Barzahlungen im Zusammenhang mit der Deepwater-Horizon-Katastrophe. Zudem gehen auch die Moody's-Analysten von sich verbessernden Finanzkennzahlen sowie einer starke operative Entwicklung selbst im Falle von hoher Volatilität bei den Ölpreisen aus.

Die zuständige Analystin Lyia Rainforth sieht vor allem auch in der hohen Dividendenrendite ein Kaufargument. Diese bewege sich bei hohen sieben Prozent und sollte Kaufinteresse auslösen, sobald klarer werde, dass BP tatsächlich entsprechend zahle und auch sonst auf einem guten Weg sei. Potenzial verspreche auch das Verarbeitungsgeschäft.

Beim Gewinn je Aktie prognostiziert sie für 2017 einen Anstieg von 0,10 Pfund auf 0,29 Pfund und für 2018 mit einer nochmaligen Verbesserung auf 0,46 Pfund. Letzteres wäre gleichbedeutend mit einem knapp einstelligen KGV. Die Berechnungen von Barclays gehen ab 2018 von einem Ölpreis je Barrel von 60 Dollar aus und den Aktivitäten in Russland wird derzeit kein Wert zugebilligt.

Charttechnik





Die Aktie von BP hat sich als alles andere als eine Reichmacher-Aktie erwiesen. Die heutigen Notierungen bewegen sich sogar unter Zwischenhochs aus dem Jahr 1997. Kursgewinne waren somit in den vergangenen 20 Jahren nicht drin. Und charttechnisch gesehen sind Kursavancen kurzfristig auch weiterhin nicht zu garantieren. Denn dafür fehlt es einfach an klaren Kaufsignalen. Verglichen mit Anfang 2017, als es etwas besser aussah, hat sich das Chartbild zuletzt sogar wieder spürbar verschlechtert.

Profil



Der britische Konzern BP Plc (BP) gehört zu den weltweit größten Mineralöl- und Energieunternehmen und ist mit Niederlassungen und Tochtergesellschaften weltweit vertreten. Das Portfolio setzt sich aus der Förderung von Erdöl, Erdgas, alternativer Energie, Treibstoffen, Schmierstoffen, Petrochemikalien und Bitumen zusammen. Das Unternehmen ist in allen Bereichen des Produktionsprozesses aktiv eingebunden, von der Erschließung über die Förderung bis hin zu Raffinerie, Transport und Verkauf. Das Erschließen, der Bau von Infrastrukturen sowie die Produktion von Erdöl und Erdgas verteilen sich auf allen fünf Kontinenten.