Steigende Rohstoffpreise ermutigen Investoren zum Einstieg in Schwellenländer-Aktien. Die Risiken sind deswegen aber nicht aus der Welt. Gefahren drohen vor allem dann, wenn der Staat sich einmischt. Brasilien ist dafür ein gutes Beispiel. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, wie wichtig es für Emerging-Markets-Investoren ist, die Mittel zu streuen.

Im Blickpunkt steht Petróleo Brasileiro - einer der wertvollsten und wichtigsten Konzerne des Landes. Das Unternehmen, besser bekannt als Petrobras, kontrolliert die Öl- und Gasreserven der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas. Es unterhält zudem petrochemische Anlagen, produziert Bio-Ethanol und betreibt mehrere Tausend Tankstellen. Mit rund 46.000 Beschäftigten ist Petrobras auch einer der größten Arbeitgeber des Landes. Das Spezielle am Unternehmen: Es ist an der Börse gelistet, allerdings nicht frei von politischem Einfluss. Der Staat hält 36,8 Prozent der Anteile und verfügt über 50,5 Prozent der Stimmrechte. Wie stark Regierungen in den 1953 gegründeten Konzern hineinregieren, in welchem Umfang Politiker Petrobras für ihre Zwecke instrumentalisieren, das verfolgen Investoren stets mit Argusaugen.

Derzeit sind die Anleger nervös. Die Aktie verlor in den vergangenen Tagen massiv an Wert - obwohl das Unternehmen fürs vierte Quartal 2020 starke Zahlen präsentierte. Credit Suisse und JP Morgan stuften ihre Einschätzung von "Kaufen" auf "Verkaufen" herab. Auch der Kurs des ebenfalls halbstaatlichen Unternehmens Centrais Elétricas Brasileiras rutschte in die Tiefe.

Beide Titel sind Schwergewichte der Börse in São Paulo. Der MSCI Brazil gab daher deutlich nach. Der breit gefasste Index weist seit Jahresanfang ein Minus von mehr als zehn Prozent auf. Es gibt aktuell wenige Finanzplätze, die schlechter laufen. Der durch anziehende Öl- und Eisenerznotierungen im November eingeleitete Aufwärtstrend brasilianischer Titel ist - zumindest vorerst - unterbrochen.

Schuld an der Talfahrt trägt Jair Messias Bolsonaro. Brasiliens Staatspräsident hat Petrobras-Chef Roberto Castello Branco seines Postens enthoben. Der Ökonom bleibt noch bis zum 20. März, dann übernimmt der Vier-Sterne-General der Reserve Joaquim Silva e Luna den Job. Der 71-Jährige verfügt über keinerlei Erfahrung im Ölgeschäft. Was ihn dennoch für den Job qualifiziert? Gute Beziehungen zum ehemaligen Fallschirm-Offizier Bolsonaro und der Glaube an Befehl und Gehorsam.

Branco dagegen ist in Ungnade gefallen. Trotz heftiger Kritik Bolsonaros hatte er seit Jahresanfang die Preise für Öl und Gas den globalen Marktentwicklungen angepasst und um 35 Prozent erhöht. Die Maßnahme erzürnte vor allem die mächtige Lobby der Lastwagenfahrer. Sie drohten mit Streik. Die Erhöhungen treffen insbesondere aber Menschen mit geringem Einkommen. Sie tragen bereits schwer an den konjunkturellen Folgen der Pandemie.

Im vergangenen Jahr hatten ärmere Haushalte vom Staat noch monatliche Notfallzahlungen von umgerechnet jeweils 89 Euro erhalten. Mit Verweis auf die angespannte Finanzlage stellte die Regierung Ende Dezember die Unterstützungsleistungen ein. Die Neuverschuldung ist infolge eines milliardenschweren Stimulierungsprogramms auf über zehn, die Gesamtverschuldung auf 96 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen. Mehr Schulden - das kann sich Brasilien nicht leisten. Die Ratingagenturen stufen das Land bereits mit Noten im Non-Investment-Grade ein.

Popularität im Keller

Die Einstellung der Zahlungen macht die Bürger wütend. Zudem löst die katastrophale Corona-Bilanz des Präsidenten erheblichen Unmut aus. Es sei nur ein "Schnüpfchen", hatte Bolsonaro lange Zeit das Virus verharmlost. Mittlerweile starben jedoch 250.000 Menschen. Nun leidet Bolsonaro. Die Popularitätswerte des Rechtpopulisten sind laut Bloomberg auf 33 Prozent gesunken, der schlechteste Wert in seiner bisherigen Amtszeit. Bolsonaro fürchtet daher um seine Chancen, im Oktober 2022 wiedergewählt zu werden. Er weiß: Er muss bei den Bürgern wieder punkten. Und er nutzt dazu Petrobras.

"Ein staatliches Unternehmen hat auch eine soziale Funktion zu erfüllen", schlägt er bislang unbekannte Töne an. Man könne keinen Manager an der Spitze eines staatlichen Unternehmens akzeptieren, der nicht dieser Ansicht sei, begründet der Staatspräsident den Rauswurf Brancos. Gut möglich, dass der neue CEO Luna Preiserhöhungen zumindest teilweise zurücknimmt. Anleger fürchten zudem, dass Petrobras- Einnahmen in dunkle Kanäle fließen und der Staat seinen Einfluss auf weitere Unternehmen ausweitet.

Geringe Gewichtung

Sich ganz aus Brasilien verabschieden müssen sich Investoren dennoch nicht. Die Bewertungen sind nach dem jüngsten Kursrutsch wieder günstig. Anleger sollten vorerst jedoch nur mit kleinen Summen erste Positionen aufbauen.



Eine kluge Alternative dazu: Sie verlassen sich auf die Expertise von Investmentprofis. Michael Altintzoglou steuert den mit €uro-FondsNote 1 beurteilten Flossbach von Storch - Global Emerging Markets (siehe Investor-Info). Brasilianische Aktien hat er derzeit mit nur vier Prozent gewichtet. Auf chinesische Werte entfallen hingegen 30 Prozent und auf indische Titel zwölf Prozent der Mittel. Die jüngste Korrektur in São Paulo hat daher die Wertentwicklung nur marginal beeinflusst. Seit Jahresanfang weist der Fonds bereits ein Plus von zehn Prozent auf.
 


INVESTOR-INFO

FVS - Global Emerging Markets

Mehr China, weniger Brasilien

Fondsmanager Michael Altintzoglou setzt derzeit vor allem auf Technologie-Aktien aus Asien wie etwa Tencent und Meituan. Brasilianische Titel sind dagegen nur mit 4,4 Prozent gewichtet. Unter anderem habe das Land bei der medizinischen Bewältigung der Pandemie bislang kein gutes Bild abgegeben. Binnen fünf Jahren legte der Fonds 95 Prozent zu.

DWS Invest Brazilian Equities

Volatile Anlage

Das Management hat Petrobras und Centrais Elétricas Brasileiras hoch gewichtet. Seit Jahresanfang steht daher ein Minus von rund zehn Prozent zu Buche. Investoren mit längerem Anlagehorizont können aber zufrieden sein: In den vergangenen fünf Jahren brachte der Fonds 160 Prozent. Neueinsteiger sollten Schwächephase abwarten.