Nach rekordhohen Kursen der Aktien in den vergangenen Wochen reichten die starken Quartalszahlen für weitere Aufwärtsavancen nicht mehr aus. Die Aktien büßten im Vormittagshandel um rund 1,4 Prozent auf 84,68 Euro ein. Jüngst hatten die Papiere bei etwas mehr als 87 Euro ein Rekordhoch erreicht. Seit Jahresbeginn hat sich die Aktie um rund 34 Prozent verteuert. Wegen der inzwischen erreichten Marktkapitalisierung von 13 Milliarden Euro gilt Brenntag als heißer Kandidat für den Dax-Aufstieg, wenn dieser im September von 30 auf 40 Werte erweitert wird.

"Brenntag hat im zweiten Quartal 2021 seine positive Geschäftsentwicklung fortgesetzt", schrieb Unternehmenschef Christian Kohlpaintner in einem Brief an die Aktionäre. Das Unternehmen bewege sich nach wie vor in einem außergewöhnlichen Marktumfeld. Dies werde sich positiv auf das Geschäft und die Ergebnisse von Brenntag auswirken. Allerdings werde die COVID-19-Pandemie weiterhin ein gewisses Maß an Unsicherheit mit sich bringen.

Im zweiten Quartal legte der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Jahresvergleich um knapp 29 Prozent auf 355,1 Millionen Euro zu, wie der Dax-Kandidat (DAX 30) mitteilte. Ohne die negativen Währungseffekte lag das Plus bei gut 34 Prozent. Der Umsatz kletterte von April bis Juni um knapp 23 Prozent auf rund 3,5 Milliarden Euro. Umsatz und operatives Ergebnis lagen über den durchschnittlichen Analystenschätzungen.

Das Unternehmen habe erneut von einem guten Margenmanagement profitiert und einen hohen Bruttogewinn pro Einheit erzielt, sagte Finanzchef Georg Müller. Zudem verzeichnete es über das gesamte Quartal hinweg eine deutliche Verbesserung der Volumina. Unter dem Strich blieb ein auf die Aktionäre entfallender Überschuss von 134,1 Millionen Euro übrig, was 8,7 Prozent mehr ist als vor einem Jahr.

Der Chemikalienhändler habe sehr stark abgeschnitten, was angesichts des aktuell überaus günstigen Nachfrage- und Preisumfeldes bereits zu erwarten gewesen sei, schrieb Analyst Chetan Udeshi von der US-Bank JPMorgan in einer ersten Reaktion. Nun könnten die Markterwartungen moderat steigen. Nach Ansicht von Analysten Christian Obst von der Baader Bank sollten Anleger nun über Gewinnmitnahmen nachdenken. Die Markterwartungen seien ambitioniert.

Um wieder profitabler zu werden, hatte Unternehmenschef Kohlpaintner vor einiger Zeit dem Unternehmen eine Restrukturierung verordnet. Prozesse, Abläufe und Strukturen sollen verbessert werden, Arbeitsplätze fallen weg, wobei betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden sollen. Von den rund 100 geplanten Standortschließungen seien bereits 58 vollzogen, hieß es. Zudem seien etwa 480 der ungefähr 1300 Stellen abgebaut, die bis Ende 2022 wegfallen sollen. Brenntag beschäftigt mehr als 17 000 Mitarbeiter und betreibt ein Netzwerk aus mehr als 670 Standorten in über 77 Ländern.

Zum Ergebniszuwachs trugen beide Sparten bei. Der operative Gewinn im Geschäftsbereich Essentials wuchs im zweiten Quartal um fast ein Viertel. Er vertreibt Prozesschemikalien für ein breites Spektrum an Branchen und Anwendungen und ist deutlich größer als das Segment Specialties rund um den Vertrieb von Inhaltsstoffen für bestimmte Branchen, die direkt in der Herstellung der Endprodukte der Kunden verwendet werden. Das Gewinnplus betrug in der Sparte Specialties mehr als 40 Prozent.

Das Management um Kohlpaintner hatte die Konzernstruktur erst zu Jahresbeginn auf diese beiden Geschäftsbereiche umgestellt. Die Brenntag-Führung verspricht sich davon eine gezieltere Ansprache der Kunden und einen besseren Service.

dpa-AFX