Es gibt vermutlich 1000 Gründe, sich ein Leben ohne Smartphone zu wünschen. Einer davon könnte der Vorsatz sein, sich endlich wieder mehr selbst zu bewegen statt nur bewegte Bilder auf einem kläglich mickrigen Bildschirm anzustarren. Andererseits werden sich wahrscheinlich auch 1000 Gründe dafür finden, das Smartphone kaum mehr aus der Hand zu geben. Neben genereller Verlustangst oder der Furcht, etwas zu verpassen, wäre womöglich auch das Interesse am unkomplizierten Handel mit Aktien, Zertifikaten, Fondsanteilen & Co ein solcher Grund.
Wertpapiergeschäfte lassen sich gewiss auch am Laptop erledigen oder beim Gespräch mit dem Anlageberater, der einem vielleicht ein Heißgetränk dazu anbietet und die Keksdose öffnet. Aber mobile Anwendungen fürs schnelle Traden unterwegs haben einen gewissen Charme. Wertpapiere kaufen und verkaufen, wann und wo immer man will, passt in dieses Zeitalter des Immer-und-überall. Allein im vergangenen Jahr, so hat das Deutsche Aktieninstitut errechnet, wuchs die Zahl der Aktionäre hierzulande um 2,7 Millionen auf 12,4 Millionen. Mehr als jeder Fünfte der Neulinge war unter 30 Jahre alt - und mithin wahrscheinlich eher von der Fraktion mit den 1000 Gründen fürs Festhalten am Smartphone - im doppelten Sinn. Da kommt es gut, wenn Onlinebroker via App die weite Welt der Wertpapiere greifbar machen.
Umfrage zur Zufriedenheit der Trader
Die Fülle der Angebote nahm BÖRSE ONLINE zum Anlass, das Deutsche Kundeninstitut (DKI) erstmals mit dem Test "Beste Brokerage-App" zu beauftragen. Die Aufgabe: Prüfen, was die mobilen Anwendungen konkret bieten, wie es um die Sicherheit der Apps bestellt ist und was der Kundenservice der Anbieter taugt. Eine ergänzende Onlineumfrage förderte obendrein zutage, wie beliebt die Brokerage-Apps bei den Kunden sind. Bei der Umfrage flossen 315 Voten in die Wertung ein.
Der eigentliche Test mit den Komponenten Leistungsangebot, Sicherheit und Kundenservice umfasst 22 Brokerage-Apps von 21 Anbietern. Die Erklärung für die Diskrepanz zwischen der Zahl der Apps und derjenigen der Anbieter: Vom Commerzbank-Ableger Comdirect wurden zwei Apps getestet. Das DKI betrieb viel Aufwand, um die Vorzüge und Nachteile der Angebote herauszufinden. Die Düsseldorfer versendeten nicht nur Fragebogen an die 21 Anbieter, sondern überprüften zum Beispiel mit jeweils acht Testanrufen und -mails die Qualitäten der Broker beim Kundenservice ("So wurde getestet").
Testsieger: CapTrader
Als einziger Anbieter schaffte der Onlinebroker CapTrader in der Gesamtwertung die Bestnote "sehr gut +". Der Anbieter mit Sitz in Düsseldorf, der damit wirbt, seinen Kunden Zugriff auf mehr als 1,2 Millionen Wertpapiere in 33 Ländern zu ermöglichen, überzeugte im Test sowohl beim Leistungsangebot als auch im Kundenservice. In der Kategorie "Sicherheit" erreichte der Broker, der seit zehn Jahren im Geschäft ist, die Note "gut".
Beim Angebot überzeugte unter anderem die große Vielfalt. Nutzer der schlicht "CapTrader" genannten App haben Zugang zu 135 Börsen. Sie können direkt mit überdurchschnittlich vielen verschiedenen Produkten wie etwa Aktien, Anleihen, CFDs, ETFs, Fonds oder Rohstoffen handeln. Gekauft werden kann in Euro, Britischen Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken und vielen weiteren Währungen. Zu den größeren Pluspunkten gehört zudem, dass über die App Weiterbildungsmöglichkeiten zu Finanzfragen in Form von Informationstexten und Videos angeboten werden.
In der Sparte Sicherheit gefielen den Testern die verschiedenen Möglichkeiten der Sicherheitsabfrage etwa mittels Passwort, Face-ID und Touch-ID. Positiv fiel auf, dass die Nutzer nach der Registrierung (mit Name und Mail-Adresse) keine Handydaten zum Zugriff freigeben müssen. Auch die Sicherheitsvariante der Zwei-Faktor-Authentifizierung (zum Beispiel Passwort und Fingerabdruck) wurde positiv bewertet. Als ausbaufähig stuften die Prüfer indes die Informationen zur Datensicherheit der App auf der Webseite von CapTrader ein.
Im Kundenservice punkteten die Rheinländer mit einer Hotline, die auf Zack ist. Nur beim Mailkontakt mit Kunden könnten die Mitarbeiter den Grad der Freundlichkeit etwas erhöhen. Der Internetauftritt ist für Nutzer formidabel, stellte das DKI beim Check fest. Zu diesem Eindruck trugen unter anderem ein Rückrufservice, ein Live-Chat, eine Vielzahl von Informationen zur App sowie die Mehrsprachigkeit der Seite bei. Und schließlich: CapTrader ist auf diversen Social-Media-Kanälen überdurchschnittlich aktiv - legt also Wert auf Kommunikation mit Interessenten und Kunden.
Schlusslicht: Admiral Markets
Am anderen Ende der Gesamttabelle landete die erst seit einigen Monaten auf dem Markt befindliche App "Admiral Markets". Sie erreichte im Test nur die Note "befriedigend". Sowohl beim Angebot als auch bei der Sicherheit fand das DKI jede Menge Optimierungspotenzial. So bot die App, die laufend verbessert wird, zum Zeitpunkt des Tests zwar den Handel mit (Krypto-)Währungen, ETFs, CFDs oder Rohstoffen an, nicht jedoch den mit Aktien, Anleihen, Fonds und Zertifikaten. Von 18 abgefragten App-Funktionen bot Admiral Markets nur sieben an. Das war im Test der zweitschwächste Wert.
In der Kategorie" Sicherheit" bemängelten die Tester, dass bei der Registrierung nicht nur Name und Mailadresse gefordert werden, sondern auch Adresse, Telefonnummer und Geburtsdatum. Als positiv wertete das DKI hingegen, dass Handydaten wie der Standort oder Kontakte nicht für den Zugriff freigegeben werden müssen. Ein Hinweis darauf, dass manch anderer Anbieter an dieser sensiblen Stelle weniger zimperlich ist. Negativ wiederum fiel auf, dass es weder eine Touch-ID noch die Möglichkeit einer Zwei-Faktor-Authentifizierung gibt.
Noch ein Blick auf den Kundenservice: Hier gab es ein "gut". Der Anbieter reagierte überdurchschnittlich flott auf Anfragen via Hotline oder E-Mail. Und: In den App-Stores gibt es Bewertungen der Brokerage-App Admiral Markets, auf die der Anbieter reagiert. Ohnehin ist der Anbieter überdurchschnittlich kommunikativ, auf Social Media im Vergleich sogar am aktivsten.
Sicherheit: Viele sehr gute Bewertungen
Beim Test fiel auf, dass elf der 22 Apps in puncto Sicherheit mit "sehr gut" oder sogar "sehr gut ?+" abschnitten. Neben der klassischen Sicherung per Passwort nutzen 19 Apps die Sicherungsvariante Face-ID und 18 bieten Sicherungen via Touch-ID. Informationen zur Datensicherheit finden sich auf den Webseiten für 19 Apps. Allerdings bemängelt das DKI den als zu dürftig erachteten Umfang. Lediglich bei eToro stufte das Institut die Informationen als umfangreich ein.
Apropos eToro: Die App ist im Vergleich die einzige, über die Wertpapiere nicht in Euro gekauft werden können. Und noch ein paar generelle Besonderheiten: Bei Justtrade können Nutzer der App zwischen acht Handelsplattformen wählen. Das ist im Test die höchste Anzahl. Bei Guidants sind es sieben, Nutzer der Apps von Flatex und Scalable Capital haben die Wahl zwischen zwei Plattformen. Einzahlungen sind bei zehn getesteten Apps möglich, Auszahlungen bei elf. Bei acht Apps ist solcherlei nicht nötig, weil es sich um Banking-Apps handelt.
Beim Angebotsumfang fällt auf, dass von neun im Test definierten Leistungen nur Such- und Filterfunktionen bei allen 22 Apps zu finden sind. Bei immerhin 21 Apps werden Marktentwicklungen in Echtzeit angezeigt. Nur bei der Comdirect-App ist das nicht so. Hinweise zum Datenschutz, bei Brokerage-Apps ein wichtiges Thema für viele Nutzer, fehlen bei fünf der 22 Apps. Und selbst die Möglichkeit, eigene Transaktionen nachzuverfolgen, scheint nicht selbstverständlich: Bei Geno Broker und Lynx fehlt diese Funktion. Erstaunlich. Aber vielleicht gibt es ja tausend Gründe dafür.
So wurde getestet
Beim ersten Test "Beste Brokerage-App" checkte das Deutsche Kundeninstitut (DKI) 22 Apps auf ihre Qualität und ihren Leistungsumfang. Bei der Erhebung wurden jeweils 210 Einzelkriterien betrachtet. Zudem kamen 505 Kundenkontakte zustande, bei denen insbesondere die Servicequalitäten der Anbieter geprüft wurden. Bei dem Test waren jeweils 100 Punkte zu erreichen, im Fall von Bonuspunkten sogar noch ein paar mehr.
Leistungsangebot (50 Prozent Gewicht an der Gesamtwertung): Hier untersuchte das Institut, welche Funktionen die Apps bieten. Darunter: Ein- und Auszahlungsmöglichkeiten, Angebot von Demokonten, Finanzanalyse und Informationen zu aktuellen Finanzthemen.
Sicherheit (30 Prozent): In dieser Kategorie checkte das DKI die vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen: Login-Verfahren, Face-ID, Touch-ID, Zwei-Faktor-Authentifizierung, notwendige Daten zur Registrierung.
Kundenservice (20 Prozent): Hier wurde bei Testanrufen und -mails geprüft, wie kompetent, freundlich und schnell Anfragen bearbeitet werden. Zudem bewertete das DKI die Webseiten und das Treiben der Anbieter auf Social Media.
Bei einer vom Test unabhängigen Onlineumfrage ermittelte das Düsseldorfer Institut ergänzend, wie beliebt die Apps bei den Kunden sind.