Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte bereits am Montagabend nach dem Impf-Gipfel von Bund und Ländern angekündigt, dass die Regierung kommende Woche einen Vorschlag zur Gleichstellung von vollständig Geimpften und Genesenen vorlegen werde. Der Bundesrat werde dann abschließend am 28. Mai darüber beraten. Dann soll auch die Frage geklärt werden, ob Geimpfte von Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen ausgenommen werden sollen. Nach einigen anderen Bundesländern kündigte auch Bayern am Dienstag an, Geimpfte etwa bei Friseur- oder Einzelhandelsbesuchen Getesteten gleichzustellen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die 16 Ministerpräsidenten hatten am Montag über etliche Aspekte der Impfkampagne beraten. Derzeit ist eine Gleichstellung von Geimpften und negativ Getesteten in Arbeit. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat die Quarantäne-Regeln bei Infektionen im Privatbereich bereits geändert. Spahn hatte eine Änderung in der Einreiseverordnung angekündigt. Merkel und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) bezeichneten es aber als gesellschaftlich wesentlich heiklere Frage, ob Ausgangsbeschränkungen für Geimpfte gelten sollen. Etliche Politiker verwiesen auf ein Gerechtigkeitsproblem, weil viele Menschen sich noch gar haben impfen lassen können. Derzeit hat knapp ein Viertel der Menschen eine Erstimpfung erhalten, etwas mehr als sieben Prozent haben einen Vollschutz.
Die FDP sprach sich dafür aus, Geimpften mehr Rechte einzuräumen. Kontakteinschränkung und Ausgangssperre seien für diesen Personenkreis nicht mehr nachvollziehbar, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Marco Buschmann.
INZIDENZ LEICHT RÜCKLÄUFIG
Nach Berlin und Niedersachsen stellte auch Bayern vollständig geimpfte Menschen bereits denen mit einem negativem Testergebnis etwa beim Einkaufen gleich. "Ich halte es für sinnvoll, dass überall dort, wo ein negativer Antigentest eine Ausnahme beziehungsweise eine Erleichterung ermöglicht, diese automatisch auch für Geimpfte und Genesene gilt", sagte auch die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD). Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wiederholte seine Einschätzung, dass die Impfpriorisierung ab Mitte oder Ende Mai aufgehoben werden könne. Auf dem Bund-Länder-Treffen war zuvor von spätestens Juni die Rede. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) hatte darauf verwiesen, dass man vor einer generellen Freigabe des Impfstoffes sicherstellen müsse, dass die dritte Risikogruppe - etwa mit Verkäuferinnen und Busfahrern - geimpft werde.
NRW-Integrationsstaatssekretärin Serap Güler forderte ein verstärktes Impfen in Wohngebieten mit hohem Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund. "Viele Migranten leben nach wie vor in sozial prekären Verhältnissen", sagte die CDU-Politikerin den Sendern RTL und ntv. Viele Migranten hätten Jobs, die kein Homeoffice zuließen. Dienstleistungs-, Reinigungs- und Pflegeberufe seien weit verbreitet. Einwanderer nutzten zudem häufiger öffentliche Verkehrsmittel, hinzu kämen beengte Wohnverhältnisse - deshalb sei das Infektionsrisiko deutlich größer. "Dass man in diese Sozialräume geht und sagt, hier müssen wir stärker impfen, ist ein richtiger Ansatz", sagte Güler.
Das RKI meldete 10.976 neue Corona-Fälle. Das sind über 1300 mehr als vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz fiel dennoch auf 167,6 (Vortag: 169,3). Der Wert gibt an, in wie viele Fällen je 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen Menschen positiv auf das Coronavirus getestet wurden. 344 weitere Menschen starben, die positiv getestet wurden. Die regionalen Unterschiede sind weiter sehr groß. Sachsen und Thüringen haben eine Sieben-Tage-Inzidenz von deutlich mehr als 200. Schleswig-Holstein liegt dagegen bei 72,3. Die Zahl der in Krankenhäusern registrierten Corona-Intensiv-Patienten fiel leicht: Das Divi-Register meldete 5049 Patienten (Vortag: 5106).
rtr