Das Management von Cewe Stiftung hat die Aktionäre des Unternehmens in vorweihnachtliche Feierlaune versetzt. Die Aktie von Europas größtem Fotoentwickler ist auf ein neues Allzeithoch ausgebrochen, nachdem das im SDAX notierte Unternehmen mit seinen jüngsten Quartalszahlen die Erwartungen übertroffen hatte.
Darüber hinaus gaben die Oldenburger Anfang Dezember einen wegweisenden Deal mit der größten britischen Drogeriekette Boots bekannt. Dabei vereinbarten beide Seiten, dass Cewe exklusiver Partner in sämtlichen Boots-Läden in Großbritannien und Irland wird.
Das Geschäft funktioniert ähnlich, wie es Cewe mit Partnern in Deutschland aufgezogen hat, etwa der Drogeriekette DM. Die Kunden können die Cewe-Fotoprodukte ab 2020 in den mehr als 1000 Boots-Filialen oder über die Internetseite bestellen und in den mehr als 2500 Verkaufsstellen drucken, die Boots errichten wird. Cewe ist bislang in 24 europäischen Ländern aktiv, generiert aber den Großteil der Erlöse und Gewinne in den deutschsprachigen Ländern.
Die Erlöse in Großbritannien beliefen sich 2018 auf zehn Millionen Euro, das sind gut 1,5 Prozent der Gesamterlöse. Das wird sich künftig ändern. "Boots hat das Potenzial, sich zu einem der drei wichtigsten Einnahmequellen von Cewe außerhalb der deutschsprachigen Märkte zu entwickeln", sagt Volker Bosse, Analyst bei der Baader Bank. "Cewe wird dasselbe Konzept aus vielerlei Vertriebskanälen aufziehen, wie es bereits mit vielen Partnern europaweit funktioniert. Weil Cewe bereits eine Produktionsstätte in Großbritannien besitzt, lässt sich der Geschäftsstart effizienter hochfahren." Aber auch aktuell läuft es bestens. So hat Cewe bereits in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres ein positives Ergebnis eingefahren. In der Regel sorgt das enorm wichtige Weihnachtsgeschäft dafür, dass fast der gesamte operative Gewinn im Schlussquartal anfällt.
Im Zeitraum Juli bis September legte der Umsatz um 10,9 Prozent auf 151,2 Millionen Euro zu. Der operative Gewinn fiel ohne Sondereffekte mit 0,2 Millionen Euro positiv aus. Zugleich verdoppelte sich der Free Cashflow auf fast 5,6 Millionen Euro. Beste Voraussetzungen also, um die bisher kommunizierten Jahresziele mindestens zu erreichen. "Wir sind gut auf die erwartete Saisonspitze im vierten Quartal vorbereitet. Aufgrund des guten Vorlaufs benötigen wir nur 0,5 Millionen Euro Ergebniszuwachs im vierten Quartal, um sogar das obere Ende unseres Zielkorridors von 58 Millionen Euro für 2019 zu erreichen", kommentierte Vorstandschef Christian Friege das Zahlenwerk.
Alle Jahre wieder: Fotogeschenke
Gut denkbar ist, dass die Weihnachtszeit dem Unternehmen wie auch den Investoren am Ende auf der Ergebnisseite eine positive Überraschung bescheren wird. Schließlich sind Kalender, Wandbilder oder mit eigenen Fotos gestaltete Puzzles oder Schlüsselanhänger beliebte Geschenke zum Fest der Liebe. Nicht zu vergessen der internationale Klassiker: das Cewe Fotobuch. Es hat sich mittlerweile über 60 Millionen Mal verkauft. Indes passt sich das Unternehmen bei der Produktentwicklung dem technologischen Fortschritt an: "Durch den Megatrend Smartphone-Fotografie war die Affinität der Kunden zum Thema Fotografie noch nie so verbreitet wie heute", sagt Finanzvorstand Olaf Holzkämper gegenüber BÖRSE ONLINE. "Die besten Bilder des Jahres landen dann gerne auf Mehrwertprodukten wie einem Fotokalender, einem Fotobuch oder einem Smartphone-Case. Für uns bietet das die Möglichkeit, unserer Kundschaft immer neue hochwertige Produkte anzubieten." Um Anwendungen wie Such-Apps weiterzuentwickeln, greift Cewe auf künstliche Intelligenz zurück, etwa um Kunden die Bildersuche in Tausenden gespeicherter Daten zu erleichtern und Vorschläge für Layouts anzubieten.
Wer nach einem Schwachpunkt sucht, findet ihn im Geschäftsfeld Onlinedruck, der für rund 15 Prozent der Gesamterlöse steht. Mit seinen Werbeflyern und Broschüren bedient Cewe hier vor allem Geschäftskunden. Finanzchef Holzkämper rechnet damit, dass der Preisdruck in diesem Segment 2020 anhalten wird. Mittelfristig setzt Cewe darauf, dass sich die 2018 zugekauften und in diesem Jahr integrierten Firmen Cheerz und Laserline auf der Ertragsseite positiv bemerkbar machen.
Ob Cewe seinen guten Lauf im nächsten Jahr fortsetzt, hängt also weitgehend davon ab, ob die Nachfrage nach höherpreisigen personalisierten Fotoprodukten hoch bleibt. Im Kerngeschäft Fotofinishing hat Cewe in den letzten zehn Jahren die operative Marge von sieben auf 12,1 Prozent gesteigert. Die Kontinuität bei Umsatz- und Ertragswachstum macht den Nebenwert zu einer Qualitätsaktie. Mit einem 2020er-KGV von 17,8 ist die Bewertung angesichts eines erwarteten Gewinnwachstums im mittleren zweistelligen Bereich bereits gestiegen.
Allerdings glänzt Cewe im Gegenzug mit seinen Bilanzkennziffern. Die Gesellschaft ist schuldenfrei, die Eigenkapitalquote lag zuletzt bei 46 Prozent. Dazu kommt eine stramme Kapitalrendite von 15,8 Prozent. Angesichts dieser starken Zahlen können Anleger damit rechnen, dass die Niedersachsen ihre Dividendenausschüttung für 2019 weiter erhöhen. Für einen Einstieg empfiehlt es sich, Rücksetzer im Kursverlauf abzuwarten.