Das haben sich die zahlreichen Gold-Anhänger sicherlich ganz anders vorgestellt. Nach einem sehr passablen Start in das neue Jahr sollten die im Vorjahr erlittenen schweren Verluste von 28 Prozent ausgebügelt werden. Doch entgegen aller Hoffnungen driften die Kurse seit Mitte März wieder nach unten. Nervös macht dabei nicht das Ausmaß der Verluste, denn diese halten sich mit einem Abschlag von 9,6 Prozent gemessen an dem am 14. März markierten Zwischenhoch von 1.383,18 Dollar je Feinunze noch in Grenzen. Das Chartbild ist inzwischen dennoch kritisch zu werten. Denn auf dem aktuellen Niveau wird nicht nur am langfristigen Aufwärtstrend gerüttelt, der im Jahr 2001 aufgenommen wurde, sondern in Gefahr ist auch ein im Vorjahr ausgebildeter doppelter Boden, der entscheidender Punkt beim Dezember-Zwischentief bei 1.186 Dollar liegt. Sollte dieses Niveau nachhaltig unterschritten werden, wäre ernsthafter Schaden angerichtet. Charttechnisch gesehen müsste dann ganz klar von einem Verkaufssignal gesprochen werden. Sollten die Unterstützungen letztlich allerdings halten, würde dadurch der Bodenbildungsprozess gestärkt und darauf aufbauend könnte es mittelfristig vielleicht auch wieder nach oben gehen.
Für die Bullen und Bären am Goldmarkt steht somit momentan einiges auf dem Spiel und in den nächsten Tagen und Wochen ist mit wichtigen Weichenstellungen zu rechnen. Die Pessimisten sehen sich dabei gestärkt durch die jüngste Serie von fünf Verlusttagen in Folge. Der Mai brachte dem Goldpreis außerdem mit einem Minus von fast vier Prozent den bisher größten Monatsverlust in diesem Jahr. Fundamental verweisen sie zudem auf die Aussicht auf eine langsam wieder besser laufende Weltwirtschaft und sofern sich auch die Konjunkturhoffnungen für die USA erfüllen, die dort dann mittelfristig möglicherweise anstehende Wende in der Geldpolitik. Negativ zu werten für den Goldpreis sind außerdem die neuen Rekorde, die derzeit von führenden Aktienbörsen markiert werden. Denn wenn die Aktienkurse steigen, ist Gold weniger interessant, zumal das gelbe Edelmetall anders als viele Aktien auch keine laufenden Erträge in der Form von Dividenden abwirft.
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Preisstützende Faktoren haben zuletzt wenig geholfen
Nachgelassen haben in den vergangenen Tagen auch etwas die Spannungen in der Krim-Krise, was den Goldpreis ebenfalls etwas belastet haben dürfte. Doch von den Optimisten wird das durchaus auch ganz anders interpretiert. Sie sehen den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine oder andere Spannungen wie etwa jenen zwischen China und Vietnam, als Beleg dafür, wie wichtig Gold als Krisenwährung im Notfall nach wie vor sein kann. Am überzeugendsten von allen Argumenten zugunsten des Goldes ist sicherlich der weltweit weiter steigende Staatsschuldenberg. Denn dieser Trend schürt die Zweifel am herrschenden Geldsystem und stärkt im Gegenzug Gold als Alternativwährung. Nicht zu unterschätzen sind auch die preisstützenden Impulse, die von dem regen Interesse der Asiaten und Inder am Gold ausgehen. Weil das auch kulturell bedingt ist, könnte dieser Trend mit einem steigenden Wohlstand in der Region langfristig anhalten.
Vor diesem Hintergrund überrascht es allerdings ein wenig, wie wenig Unterstützung bisher von der Aussicht auf gelockerte Gold-Importvorschriften im wichtigen Goldabnehmerland Indien ausgingen. Nachdenklich stimmt zudem, wie wenig sich die fallenden Renditen bei den US-Staatsanleihen bei gleichzeitig etwas gestiegenen Inflationsraten positiv auf den Goldpreis ausgewirkt haben. Denn in der Vergangenheit stieg der Goldpreis oft bei fallenden Realrenditen und umgekehrt ging es bei steigenden Realrenditen eher nach unten. So gesehen ist es auch erstaunlich, wie wenig die Diskussionen über weitere expansive geldpolitische Schritte der Europäischen Zentralbank den Goldnotierungen geholfen haben. Das kann sich zwar alles noch jederzeit ändern, Stand heute muss es aber zumindest als erwähnenswert herausgestellt werden, dass Gold davon begünstigt zuletzt keine relative Stärke aufbauen könnte.
Was neben dem Chartbild und den erwähnten fundamentalen Überlegungen weiter irritiert, ist die große Anhängerschaft, die weiter hinter dem gelben Edelmetall steht. Gemessen an den vielen Fürsprechern hat eine wirklich breite marktbereinigende Kapitulation jedenfalls noch nicht stattgefunden. Nach den bereits eingefahrenen Kursverluste ist das erstaunlich und einer der wichtigsten Gründe, der zunächst weiter zu einer gewissen Skepsis mahnt. Irritierend daran ist vor allem der fast schon missionarische Eifer, mit dem hartgesottene Gold-Fans ein Investment in ihr Lieblingsobjekt verteidigen. Marktteilnehmer mit einer anderen Meinung werden da bei nicht selten als Unwissende abgestempelt, oder was in den Augen der Gold-Fanatiker noch schlimmer ist, als Teil des herrschenden Finanzsystems "diffamiert". Ein Kontraindikator sind sicherlich auch die vielen An- und Verkaufsgeschäfte für Gold, die weltweit im Zuge des vorangegangenen Preisbooms in vielen Ländern gegründet wurden.
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Anleger sollten sich nie in ein Investment verlieben
Mit diesen Hinweisen soll nicht behauptet werden, dass Gold mittel- und langfristig nicht deutlich steigen kann. Bei einer sich wieder zuspitzenden Schuldenkrise ist das vielmehr durchaus denkbar. Nicht zielführend ist es aber, aus einem Investment in Gold ein unumstößliches Dogma zu machen und sich davon zu jeder Zeit eine gute Performance zu versprechen. Wie die Entwicklung seit September 2011 gezeigt hat, ist auch Gold kein jederzeit funktionierender Heilsbringer. Denn während der Goldpreis seitdem um mehr als ein Drittel verloren hat, legte der Dax gleichzeitig um fast 90 Prozent zu. Wer sich in dieser Zeit flexibel gezeigt und Scheuklappen auf den Trend gesetzt hat, der hat mit Aktien viel besser abgeschnitten als die Gold-Missionare.
Auch künftig verspricht ein flexibles Vorgehen den größten Anlageerfolg. Das Investmentverhalten sollte sich dabei neben fundamentalen Überlegungen auch an der Charttechnik orientieren. Diese hat sich mit Blick auf das Gold zuletzt aber eingetrübt und mit charttechnischen Indikatoren, die mit Verkaufssignalen den jüngsten Abwärtstrend bestätigen, kann ein Abrutschen unter die eingangs genannten wichtigen Chartunterstützungen nicht ausgeschlossen werden. Und falls das passiert, sind weitere Kursverluste erfahrungsgemäß einfach wahrscheinlicher als eine schnelle Trendwende nach oben. Spürbar aufhellen würde sich dagegen die charttechnische Ausgangslage bei Kursen von mehr als 1.320 Dollar, denn dann wäre der Abwärtstrend überwunden. Investments auf der Long-Seite könnten dann auch charttechnisch wieder gerechtfertigt werden. Aber auch das hat dann mit handfesten Argumenten zu tun und nicht mit Glaubensgrundsätzen. Daran sollten sich übrigens auch alle Marktteilnehmer am Silbermarkt erinnern. Denn ähnlich wie beim Gold gestaltet sich auch bei diesem Edelmetall das Chartbild kritisch und ausgehend von einem Elfmonatstief können weitere Verluste nicht ausgeschlossen werden.