In der Tat weisen die Ursachen des jüngsten Börsenkrachs in der Volksrepublik überraschende Parallelen zu Japans Entwicklung zu Beginn der 90er Jahre auf. Wie damals der asiatische Rivale versuchte auch Peking einen heiß gelaufenen Immobilien- und Aktienmarkt abzukühlen und gleichzeitig den Finanzsektor zu liberalisieren. Und wie damals in Japan treibt auch in China ein massiver Handelsüberschuss sowie eine nach Meinung von ausländischen Kritikern überbewertete Landeswährung den Aufschwung an. Zudem bringt das Reich der Mitte heute in der Weltwirtschaft genauso viel Gewicht auf die Waage wie der östliche asiatische Nachbar vor 25 Jahren.

Rund zwölf Prozent der globalen Wirtschaftskraft entfallen auf die Volksrepublik. Doch damit enden die Parallelen auch fast schon. Denn Japans wirtschaftlicher Absturz ereignete sich in einer Zeit, als die Weltwirtschaft rund lief. Obwohl wenige Jahre später mit der Asienkrise 1997/98 weitere Wachstumsländer wie Thailand, Indonesien und die Philippinen wirtschaftlich ins Straucheln gerieten, blieben die Auswirkungen doch regional begrenzt. Durch die jüngsten Turbulenzen in China befürchtet Chefvolkswirt Adam Slater vom britischen Institut Oxford Economics jedoch weit größere Schockwellen für die Weltwirtschaft: "Die Folgen der abflauenden Wirtschaft Chinas werden in den nächsten ein bis zwei Jahren weltweit für enttäuschende Wachstumszahlen sorgen", prophezeit der Experte.

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FURCHT VOR HARTER LANDUNG



China hatte sich über Jahre als Konjunkturlokomotive der globalen Wirtschaft erwiesen - mit zweistelligen Wachstumsraten, die die Welt nach der Finanzkrise 2007/08 vor dem Schlimmsten bewahrten. Die Furcht vor einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft - also einem Konjunktureinbruch weit unter die von der Führung in Peking angestrebte Wachstumsrate von sieben Prozent - hat die Nervosität an den Börsen von Schanghai bis New York zuletzt maßgeblich erhöht. Schließlich ist das globale Wachstum schwach und China trägt zwei Fünftel dazu bei.

Doch andererseits ist das Gewicht der Aktienmärkte im Reich der Mitte nicht annähernd mit dem Japans vor 25 Jahren zu vergleichen: Es entspricht 40 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes, während es in Japan Anfang der 90er Jahre rund 140 Prozent waren. Zudem hat die Regierung in Peking noch weit mehr Spielraum als das bereits Ende des vorigen Jahrhundert hoch entwickelte Japan, Konjunkturprogramme aufzulegen - beispielsweise zum Ausbau der Straßen, Flughäfen und Eisenbahnlinien in dem riesigen Land.

Japan war durch die Krise zudem in eine lange Phase der Deflation geraten, in der die Preise ins Rutschen gerieten, die Löhne sanken und das Investitionsklima litt. Chinas Führung will nicht das selbe Schicksal erleiden. Sie stemmt sich mit Macht gegen die Turbulenzen und hat mehrfach mit staatlichen Vorgaben in das Marktgeschehen eingegriffen, während die Zentralbank niedrigere Zinsen und verringerte Mindestreserveanforderungen für die Banken beschloss. Kritiker bemängeln bereits einen Hang zum Aktionismus. Doch Japans Beispiel dient auch hier als abschreckendes Beispiel: Die Notenbank in Tokio reagierte einst nur zögerlich auf die heraufziehende Krise. Und auch die Regierung betrieb ihr Konjunkturprogramm zunächst nur halbherzig. Aus der mit der Deflation verbundenen ökonomischen Schockstarre hat sich die einst zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt bis heute nicht völlig gelöst. China hat ihr mittlerweile den Rang abgelaufen und sich hinter den USA als Nummer zwei etabliert. Ein japanischer Insider, der engen Kontakt zur chinesischen Aufsicht hält, ist sich sicher: "China will aus den Fehlern Japans lernen."

Reuters