Die bisher stark auf die Autoindustrie konzentrierten Japaner wollen damit ihr Angebot auf andere Industriebereiche von der elektronischen Steuerung von Wohnungen ("Smart Home") bis zur Medizintechnik erweitern. Sie setzen vor allem auf die Niedrigenergie-Chips und Bluetooth-Lösungen der Schwaben, die beim Einsatz selbstfahrender Autos oder bei digital verknüpften Geräten zum Einsatz kommen. "Die Transaktion, die wir heute angekündigt haben, ist unser nächster wichtiger Schritt im Wachstumsplan", sagte Renesas-Chef Hidetoshi Shibata.

Für Dialog ist die Übernahme die Chance, sich weniger abhängig vom Großkunden Apple zu machen. Die Zustimmung der Aktionäre und Aufsichtsbehörden vorausgesetzt soll das Geschäft noch 2021 über die Bühne gehen. Bei Analysten stieß der Deal auf Zustimmung. "Energie-Management ist die DNA des Wissens bei Dialog", sagte Neil Campling, Analyst bei Mirabaud Securities. In einer Welt, die zunehmend auf Batterietechnik, Elektroautos und die energieintensive 5G-Technologie setze, seien Energie, Energieeffizienz und Energiemanagement entscheidend.

RENESAS ERHOFFT EINSPARUNGEN VON 125 MILLIONEN DOLLAR


Renesas bietet 67,50 Euro je Dialog-Aktie. Das sind gut 20 Prozent mehr als der Schlusskurs vom Freitag. Die Papiere waren da bereits um 6,8 Prozent auf ein Jahreshoch von 56,12 Euro gestiegen, nachdem ein italienischer Zeitungsbericht über ein Interesse von STMicroelectronics an Dialog die Runde machte. In den vergangenen drei Monaten hatten Dialog-Aktien um gut die Hälfte zugelegt. Am Montag schossen sie um ein Fünftel bis auf 66 Euro in die Höhe, blieben damit aber unter dem Angebotspreis. Renesas-Aktien gaben in Tokio 3,6 Prozent nach. Zur Finanzierung der Übernahme planen die Japaner eine bis zu 270 Milliarden Yen (2,1 Milliarden Euro) schwere Kapitalerhöhung, der Rest soll mit Krediten abgedeckt werden.

Renesas verspricht sich von der Übernahme in den kommenden drei Jahren Einsparungen von 125 Millionen Dollar und einen Umsatzschub um 200 Millionen Dollar binnen fünf Jahren. Dialog-Chef Jalal Bagherli hofft vor allem auf die Marktmacht, den Vertrieb und die Kundenbetreuung der Japaner. Erst im August hatten die beiden Unternehmen ihre jahrelange Zusammenarbeit ausgebaut. Dialog fertigt Chips bisher nicht selbst, sondern baut auf Auftragsproduzenten wie TSMC in Asien.

RENESAS SEIT LÄNGEREM AUF EINKAUFSTOUR


Renesas ist aus den ehemaligen Chip-Sparten der Elekronik-Konzerne Hitachi, Mitsubishi Electric und NEC entstanden. Der Infineon-Konkurrent hat bei Mikrocontrollern für die Autoindustrie einen Weltmarktanteil von 30 Prozent, versucht sich aber auch in anderen Bereichen mit Übernahmen zu verstärken. 2017 und 2019 wurden Intersil Corp und Integrated Device Technology (IDT) gekauft. 2019 erwirtschaftete der japanische Chipkonzern einen Umsatz von 718 Milliarden Yen (umgerechnet 5,7 Milliarden Euro), 2020 lag er nach neun Monaten auf Vorjahresniveau.

Dialog hat sich vor allem als Entwickler von Chips für den iPhone-Hersteller Apple einen Namen gemacht. Allerdings übernahm der US-Computerriese einen Teil des Geschäfts mit iPhone-Chips 2019 selbst. Bis 2022 soll der Anteil von Apple am Dialog-Umsatz deshalb auf 35 bis 40 Prozent schrumpfen. Die Wurzeln von Dialog liegen in Kirchheim/Teck bei Stuttgart. Das Unternehmen hat aber seinen offiziellen Firmensitz in London und war deshalb im vergangenen Jahr nach dem Brexit aus den deutschen Börsenindizes ausgeschlossen worden. Es ist aber weiterhin an der Frankfurter Börse gelistet.

rtr