Die von den Schweden Christer Gardell und Lars Forberg gegründete Beteiligungsfirma ist hierzulande gut bekannt. Das Unternehmen ist ein bedeutender Aktionär bei Thyssen- Krupp und Bilfinger. Cevians Spezialität sind konzentrierte Beteiligungen an Firmen, die Verbesserungsbedarf haben. Bei Thyssen hat sich das bisher gelohnt. Bei Bilfinger bleibt abzuwarten, ob Cevian am Ende auch Geld verdienen wird.

Die Konstellation bei ABB ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil der größte ABB-Aktionär, Investor AB, ebenfalls aus Schweden kommt. Es ist die Beteiligungsfirma der Industriellenfamilie Wallenberg. Es ist kaum vorstellbar, dass Gardell und Kollegen eine so große Wette wagen, ohne etwa mit Jacob Wallenberg gesprochen zu haben, der im ABB-Verwaltungsrat vertreten ist. Offensichtlich wurde dort auch Wertsteigerungspotenzial geortet. Und das ist zweifelsfrei vorhanden.

Zwei Kurshebel



Die Analyse des Konzerns fördert zwei Ansatzpunkte zutage. Erstens ist ABB gering verschuldet. Im Vergleich zu Wettbewerbern wie Siemens könnte ABB mehr Fremdkapital aufnehmen und eine Sonderdividende finanzieren. Würden die Schweizer ihre Verschuldungsrate auf das Niveau von Siemens bringen, wäre eine Sonderzahlung von 1,50 Euro möglich.

Zweitens ist die Konzernstruktur sehr spannend. ABB hat viele Geschäftsbereiche rund um den Globus. Nach Kunden geordnet, ergeben sich zwei Schwerpunkte: Zum einen Produkte für Stromnetzbetreiber, zum anderen Energie- und Automatisierungstechnik für Industriekonzerne.

Der klassische Fall einer Aufspaltung. Und die scheint ABB-Chef Ulrich Spiesshofer, vielleicht auch auf Druck der Schweden, nicht mehr auszuschließen. Der organisatorische Rahmen dafür wurde schon geschaffen. Die Geschäfte wurden auf vier Sparten gestutzt. Die neu geschaffene Stromnetzsparte mit einem Erlös von rund elf Milliarden Euro könnte nun zur Disposition stehen. Sicherlich würde der Weltmarktführer eine Schar von Käufern anziehen, die einen hohen Preis zahlen. Aus der neuen ABB würde ein reiner Industrieausrüster mit Robotern, Motoren und Prozesstechnik werden, der analog zu Konkurrenzfirmen wie Fanuc aus Japan eine höhere Börsenbewertung erfahren sollte.

Das Potenzial ist hoch. Allerdings sollten Anleger nur einsteigen, wenn sie wie Cevian einen langen Anlagehorizont haben. Die Probleme der Schwellenländer und die eingetrübten Wachstumsaussichten in China werden auch an ABB nicht spurlos vorübergehen.