Die Aktie der Comdirect zeigte sich in den vergangenen Jahren als relativ stabil. Kein Wunder: Die Direktbank, die sich mit 2,9 Millionen Kunden als Marktführer im Online-Wertpapiergeschäft für moderne Anleger bezeichnet, profitiert von Haus aus selbst von volatilen Kursausschlägen. Angesichts der jüngsten heftigen Kursbewegungen an den Börsen bewegt sich das 1994 gegründete Institut also in einem vorteilhaften Geschäftsumfeld.
Das dürfte ein Grund sein, warum die Aktie zuletzt erstmals seit Langem im seit März 2009 laufenden Bullenmarkt besser abgeschnitten hat als der Gesamtmarkt. Seit Jahresbeginn hat die Notiz den DAX abgehängt, und neuerdings liegt sie im Performance-Wettstreit mit dem SDAX vorn, in dem die Comdirect Mitglied ist. Dazu passt die Meldung, wonach im Geschäftsfeld B2C (Brokerage, Banking und Beratung für Privatkunden) im August die Zahl der ausgeführten Orders gegenüber Juli von 1,16 Millionen auf 1,3 Millionen stieg. Verglichen mit den rund 869 600 Orders im Vorjahresmonat ergibt sich sogar ein noch viel größeres Plus.
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Die Kunden sind aktiv wie nie
Bereits zum Halbjahr wies das Unternehmen aus Quickborn bei Hamburg mit 7,4 Millionen B2C-Trades das stärkste Trading-Halbjahr in der Geschichte aus. Ebenfalls überzeugend war das Vorsteuerergebnis mit plus 15 Prozent auf 50,2 Millionen Euro.
Für das Gesamtjahr strebt der Broker nur ein Ergebnis von mehr als 80 Millionen Euro an, was etwa dem Vorjahresniveau (82,6 Millionen Euro) entspricht. Dieser Punkt ist noch verbesserungsfähig. Denn obwohl das Institut sich selbst und die Branche insgesamt für wachstumsstark hält, hat es in den vergangenen Jahren nicht zu Verbesserungen beim Gewinn je Aktie gereicht. Für 2015 und 2016 rechnen Analysten ebenfalls nur mit einem Ergebnis je Aktie von im Schnitt 0,45 und 0,47 Euro, was sich auf dem Niveau des Vorjahres bewegt. Denn zum einen belastet das Niedrigzinsumfeld das Zinsergebnis, zum anderen sind die Investitionen hoch.
Diese scheinen sich aber zu lohnen: Im ersten Halbjahr stieg die Zahl der neuen Konten um fast 50 000. Der Vorstand rechnet dadurch langfristig mit weiteren positiven Impulsen. Bei der Kundenakquise anzugreifen ist auch deshalb sinnvoll, weil der aus dem Zusammenschluss von CortalConsors und DAB Bank hervorgegangene Konkurrent Consorsbank derzeit vielleicht noch recht stark mit sich selbst beschäftigt ist.
Wachstumschancen gibt es ganz allgemein genug. Schließlich nutzt erst ungefähr jeder zweite Bundesbürger Onlinebanking. Viele neue digitale Banking-Optionen dürften erst noch auf den Markt kommen. Dazu zählt mehr Komfort für die Nutzer. Hier will die Comdirect vorn mitmischen. So können Kunden inzwischen per Videochat auf dem Smartphone ihre Konten entsperren und sich das bisher nötige Brief- oder Fax-Verfahren mit Unterschrift ersparen.
Um auf der Ergebnisseite aber wieder nachhaltig vorwärtszukommen, wird es letztlich auf ein vorteilhaftes Aktienmarktumfeld ankommen. Natürlich würde ein Zinsanstieg das Zinsergebnis begünstigen. "Prinzipiell ist eine hohe Volatilität gut für die Comdirect. Ein Ende des Bullenmarkts würde unter sonst gleichen Bedingungen aber zu niedrigeren Erträgen führen, insbesondere wenn die Zinsen gleichzeitig niedrig blieben", erklärt Equinet-Analyst Philipp Häßler.
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Zuversicht in jeder Börsenlage
Die Verantwortlichen bei der Comdirect sehen sich selbst mit den beiden Ertragssäulen Zins- und Provisionsüberschuss aber für jede Marktphase ertragsstark aufgestellt. Bei steigender Volatilität an den Börsen oder anziehenden Marktzinsen verfüge man zudem über zusätzliches Potenzial, so das hauseigene Urteil.
Außerdem heißt es im Halbjahresbericht, man verfüge über ausreichend Risikopuffer, um selbst lang anhaltende Phasen der Marktschwäche sicher zu überstehen. Ob dieses Versprechen einem sehr negativen Marktumfeld standhalten und die freien Aktionäre an Bord bleiben würden, bleibt abzuwarten. Ziemlich sicher dürfte aber selbst bei etwas schwierigeren Rahmendaten die Dividende sein. Schließlich ist die Großaktionärin Commerzbank auf jeden Euro angewiesen, um selbst wieder dividendenfähig zu werden. Das Institut hält 81,27 Prozent der Comdirect-Anteilscheine. Für 2015 erwarten Analysten im Schnitt eine Ausschüttung von 0,38 Euro je Aktie. Daraus ergibt sich eine Dividendenrendite von rund 3,8 Prozent. Das steht einem Volatilitäts-Profiteur als Stabilitätsanker gut zu Gesicht.
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