Deutschlands größter Online-Broker Comdirect will sich angesichts der Dauer-Niedrigzinsen wieder mehr auf die aktiven Aktien- und Derivate-Kunden konzentrieren. "Der Fokus liegt auf dem Wertpapiergeschäft und dem Depotvolumen", sagte Vorstandschef Arno Walter am Mittwoch in Frankfurt. "Wir sind ein Vollsortimenter, aber man muss sehen, wo man besonders gut ist." Ein Basisangebot für reine Girokonto-Kunden wolle man aber beibehalten. In den vergangenen vier Jahren war die Commerzbank-Tochter mit Girokonten stärker gewachsen. Nun wolle sie "von der Direktbank zum smarten Finanzbegleiter" werden, sagte Marketingvorstand Sven Deglow. Die Kunden sollten mit einfachen Einstiegsangeboten zur Anlage in Aktien gebracht werden.

Ende März zählte 1,8 Millionen Depots, in denen 48,3 Milliarden Euro liegen, und 1,29 Millionen Girokonten. Die Marke von drei Millionen Kunden sei geknackt, stellte Walter fest. Davon sind gut zwei Millionen Privatanleger. Doch der Zinsüberschuss aus den 16,2 Milliarden Euro Einlagen schrumpft sukzessive. "Selbst 0,0 Prozent auf Tagesgeld sind ein Geschenk an die Kunden. Das ist eine Subventionierung", sagte Walter. Die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt für Übernacht-Anlagen 0,4 Prozent von den Banken. Negative Guthabenzinsen für Privatkunden könne er sich dennoch nicht vorstellen, sagte Walter.

Im ersten Quartal konnte Comdirect die Einbußen im Zins- und im Provisionsüberschuss nur teilweise durch eine Drosselung der Marketingausgaben wettmachen. Das Ergebnis vor Steuern sank auf 23,7 (Vorjahr 24,7) Millionen Euro. In den nächsten Monaten dürften die Ausgaben aber wieder steigen. Nach Pfingsten stellt Comdirect seinen neuen Markenauftritt vor. Dann wird sich unter anderem das Gelb im neu gestalteten Schriftzug stärker von dem der Commerzbank unterscheiden. "Wir wollen deutlich emotionaler werden", sagte Walter. Wann und wie stark Comdirect dafür werben will, hänge aber von der Stimmung an den Börsen ab: "Es kommt darauf an, wie viel für uns leisten wollen."

Reuters