"Das ist viel radikaler als alle bisherigen Maßnahmen", sagte der Insider zu den Plänen bei der Commerzbank. Allerdings soll der Abbau über mehrere Jahre bis 2020 gestreckt werden. Die Kosten für den Umbau würden auf bis zu eine Milliarde Euro geschätzt. Deswegen müssten die Aktionäre - allen voran der Bund mit seinem Anteil von gut 15 Prozent - schon für das laufende Jahr auf die erwartete Dividende von 20 Cent je Aktie verzichten.
Der Aufsichtsrat berät am Mittwoch und Donnerstag über die Pläne. Im Zentrum der Strategie, mit der der Commerzbank-Vorstand um den neuen Chef Martin Zielke auf die niedrigen Zinsen und die Konkurrenz aus dem Internet reagiert, stehen Kostensenkungen. Equinet-Analyst Philipp Häßler schätzt, dass die Bank mit dem Stellenabbau rund eine Milliarde Euro brutto im Jahr einsparen könnte. Ein Teil davon müsse allerdings in die Digitalisierung investiert werden. "Mit solch drastischen Maßnahmen würde sie ihr größtes Problem angehen: die schwache Rentabilität", schrieb Häßler. Eine Commerzbank-Sprecherin wollte sich nicht zu den Informationen äußern. An der Börse stießen die Pläne aber auf wenig Begeisterung: Die Commerzbank-Aktie fiel um knapp drei Prozent auf 5,87 Euro.
Die Bank beschäftigte Ende des vergangenen Jahres 51.300 Mitarbeiter. Das entspricht 45.400 Vollzeitstellen. Unter dem ehemaligen Vorstandschef Martin Blessing hatte die Commerzbank nur versucht, die Kostenbasis von sieben Milliarden Euro trotz Lohnerhöhungen und zusätzlichen Ausgaben für die Regulierung stabil zu halten. Er hatte für 2015 zum ersten Mal nach sieben Jahren eine Dividende von 20 Cent gezahlt. Mit deren Streichung könnte die Commerzbank rund 250 Milli
onen Euro für den Umbau sparen.
ZIELKE: SO GEHT ES NICHT WEITER
Zielke will seine Pläne am Freitag öffentlich machen. Das Strategiepapier war mit Hilfe der Unternehmensberater von McKinsey erarbeitet worden. Der seit Mai amtierende Zielke hatte bereits Ende August einen harten Kurs angekündigt: "Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden." Die Bank müsse viel Geld in die Hand nehmen, um langfristig sparen zu können. "Ein 'Weiter so' ist in diesem Umfeld keine Option", betonte Zielke. Die Bank wolle den Wandel selbst gestalten.
Allerdings ist eine Automatisierung der Prozesse nicht von heute auf morgen zu schaffen. "Man kann nicht Personal abbauen, ohne die Technik auf dem Stand der Zeit zu haben", gab ein Insider zu bedenken. Der Stellenabbau dürfte damit vorwiegend hinter den Kulissen abspielen, wo Tausende Mitarbeiter Belege und Anträge bearbeiten - Tätigkeiten, die möglichst weitgehend Computer übernehmen sollen. An den Filialen will Zielke - vorher Privatkunden-Vorstand - trotzdem nicht rütteln. Doch dürften sie in Zukunft anders aussehen als heute. "Digital und persönlich" solle die Commerzbank sein, hatte Zielke stets klar gemacht.
Am stärksten von dem Umbau der Commerzbank betroffen sein dürfte ihr ehemaliges Aushängeschild, die Mittelstandsbank. Sie war in der letzten Sparrunde, die vor drei Jahren 5200 Stellen kostete, verschont worden, hat aber laut Insidern den größten Rückstand in der Digitalisierung. Die Sparte mit 5400 Stellen soll aufgespalten werden. Um kleine Firmenkunden mit wenigen Millionen Euro Umsatz soll sich künftig die Privatkunden-Sparte mit Vorstand Michael Mandel kümmern. Das Geschäft mit großen Unternehmen soll mit der Investmentbank zusammengelegt werden, die damit endgültig auf ihre Rolle als "verlängerte Werkbank" der Firmenkundensparte zurechtgestutzt würde.
Investmentbank-Vorstand Michael Reuther soll die neue Sparte führen. Damit bliebe für Mittelstandsbank-Chef Markus Beumer kein Platz mehr im Vorstand.
Laut "Handelsblatt" will sich die Commerzbank zum Teil aus dem Aktiengeschäft zurückziehen. Geprüft werde, Teile davon auszugliedern oder zu verkaufen. Aktienhändler bereiten sich schon darauf vor, dass ihre Sparte aufgegeben werden soll. Das sei bereits seit Tagen im laufenden Geschäft zu spüren, sagte ein Händler.
rtr