Nach einem jahrelangen Schrumpfkurs rückt das Wachstum für die Commerzbank wieder in den Vordergrund. Im dritten Quartal reichte die zweitgrößte deutsche Bank neun Prozent mehr Kredite an die Privat- und Firmenkunden aus als ein Jahr zuvor. Zugleich schrumpfte die Risikovorsorge um fast ein Drittel auf 341 Millionen Euro, wie die Commerzbank am Donnerstag mitteilte. Das trieb das operative Ergebnis vor Steuern zwischen Juli und September auf 343 (Vorjahr: 103) Millionen Euro, gut dreimal so viel wie ein Jahr zuvor. Damit übertraf die Bank die Analysten-Prognosen. "Wir haben im dritten Quartal die gute Entwicklung des ersten Halbjahres fortgesetzt", erklärte Vorstandschef Martin Blessing.
Auch im Gesamtjahr soll die Risikovorsorge deutlich unter den 1,75 Milliarden Euro aus dem Vorjahr liegen. Die Kosten habe die Bank ebenfalls im Griff: Die Verwaltungsaufwendungen sollen bei maximal 6,9 Milliarden Euro liegen, bisher hatte die Bank 7,0 Milliarden angepeilt.
Zugleich schrumpfen die Altlasten und die damit verbundenen Verluste. Das Volumen des gewerblichen Immobilien-, Schiffs- und Staatsfinanzierungsgeschäfts, das die Commerzbank abbauen will, ging im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent auf 88 Milliarden Euro zurück. Der größte Teil davon entfällt nach Ansicht der Commerzbank überwiegend auf risikoarme Staatspapiere. Immobilien- und Schiffskredite sollen bis 2016 nur noch 20 Milliarden Euro ausmachen, Ende September waren es 36 Milliarden. Die interne "Bad Bank" wies im dritten Quartal einen operativen Verlust von 250 (272) Millionen Euro aus.
Zur Beilegung des Streits mit den US-Behörden über Verstöße gegen deren Iran-Sanktionen könnten auf die Commerzbank jedoch noch hohe Belastungen zukommen. "Unter Berücksichtigung dieser Verfahren kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Bank sich hier gegen Zahlung eines nicht unerheblichen Geldbetrags vergleichen wird", hieß es im Quartalsbericht.
Im Kerngeschäft setzt die Commerzbank auf Wachstum, um sich gegen die niedrigen Zinsen zu stemmen: "Der Fokus liegt dabei nach wie vor auf den Kreditvolumina im Privatkundengeschäft und in der Mittelstandsbank", sagte Finanzchef Stephan Engels. Im Geschäft mit den inzwischen 11,5 Millionen Privatkunden stiegen die Erträge im dritten Quartal um fünf Prozent, weil die Bank vor allem in der Baufinanzierung zulegt. Im Geschäft mit kleinen und mittelgroßen Firmenkunden sanken die operativen Erträge zwar um sechs Prozent. Die Mittelstandsbank profitierte aber von der niedrigen Risikovorsorge. Im Investmentbanking legte die Bank zu, weil sich Firmen verstärkt gegen zunehmende Schwankungen an den Finanzmärkten absicherten.
Reuters
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Einschätzung der Redaktion
Die Commerzbank hat wie erwartet ein solides Quartalsergebnis vorgelegt und damit die gute Entwicklung des ersten Halbjahres fortgesetzt. Vor allem beim Abbau ihrer Altlasten kommt die Bank mit weiter hohem Tempo voran. Ebenso profitiert sie von niedrigerer Risikovorsorge. Erfreuliche Zahlen lieferte die Privatkundensparte, vor allem das Filialgeschäft konnte sich ergebnismäßig deutlich verbessern. Ob die teilweise aggressive Wachstumsstrategie im Privatkundenbereich aufgeht, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Auch nicht, wie sich die eingetrübte Konjunktur und das Niedrigzinsumfeld weiter im entsprechend sensiblen Kerngeschäft Firmenkunden noch auswirkt. Zu den größten Unsicherheitsfaktoren zählen derzeit auch die Rechtsrisiken. Mögliche Strafzahlungen könnten im oberen dreistelligen Millionenbereich liegen und damit durchaus auf Höhe des guten operativen Ergebnisses für das dritte Quartal. Zwar hat die Bank Rückstellungen gebildet, unklar ist aber, ob sie ausreichen.
Fazit: Die Commerzbank-Aktie bleibt trotz der Forschritte ein hochvolatiles Investment für Risikofreudige. Halten.
Wolfgang Ehrensberger