Insidern zufolge droht der Bank eine Geldbuße von umgerechnet 450 bis 600 Millionen Euro, um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden. Der Vergleich könnte schon in wenigen Wochen geschlossen werden, sagten zwei mit den Verhandlungen vertraute Personen. Zwar hat die Commerzbank insgesamt 934 Millionen Euro für Rechtsstreitigkeiten zurückgelegt. Davon seien aber nur etwa ein Drittel für die Sanktionen eingeplant gewesen, sagten mehrere Analysten.

Damit müsste die zweitgrößte deutsche Bank eine zusätzliche Ergebnisbelastung von bis zu 300 Millionen Euro einkalkulieren. Dies entspricht mehr als einem Viertel des im Schnitt erwarteten Gewinns vor Steuern in diesem Jahr. Das in der Finanzkrise vom Staat gerettete Institut kommt nach einem langwierigen Konzernumbau gerade erst wieder in die Spur. "Das wäre schon heftig", sagte ein Unternehmensinsider. Eine Commerzbank-Sprecherin wollte sich dazu am Mittwoch nicht äußern. Die US-Behörden nahmen zunächst keine Stellung oder waren nicht erreichbar.

Die französische Großbank BNP Paribas hat einem Vergleich bereits zugestimmt. Sie muss umgerechnet 6,4 Milliarden Euro Strafe zahlen, weil sie US-Sanktionen gegen Iran, Sudan und andere Länder ignorierte hat. Jetzt ist offenbar die kleinere Commerzbank an der Reihe. Die USA verdächtigen das Frankfurter Geldhaus - neben vielen anderen Instituten - vor allem gegen die von ihnen gegen den Iran verhängten Sanktionen verstoßen zu haben. Unter anderem geht es um Geschäfte der Commerzbank für die staatliche iranische Reederei IRISL. Die USA werfen dem Unternehmen vor, die Verbreitung mutmaßlicher Massenvernichtungswaffen unterstützt zu haben. Die Commerzbank habe gewusst, dass IRISL mit Sanktionen belegt worden sei. Es geht zumeist um Transaktionen aus den Jahren 2002 bis 2007.

Die Commerzbank-Aktie gehörte am Donnerstag erneut zu den größten Verlierern im Leitindex Dax. Sie büßte 3,4 Prozent ein auf 10,67 Euro, allerdings notierten auch andere Finanzwerte schwächer. Schon am Dienstag war die Commerzbank-Aktie um gut fünf Prozent gefallen, als die "New York Times" von der drohenden Strafe berichtet hatte.

Auf Seite 2: KOMPLIZIERTE RECHTSLAGE

KOMPLIZIERTE RECHTSLAGE

Ein Insider sagte Reuters, die Commerzbank habe neben der Buße keine weiteren gravierenden Auflagen zu erwarten. Möglich sei die Verpflichtung, einen unabhängigen Aufseher bei der Bank einzusetzen. Die Untersuchungen des US-Justizministeriums, des Finanzministeriums, der Notenbank Fed und der Staatsanwaltschaft im New Yorker Stadtteil Manhattan laufen schon seit 2010. Allein der New Yorker Bankenregulierer Benjamin Lawsky fordere mehr als 300 Millionen Dollar von der Commerzbank.

Die Rechtslage ist kompliziert. Nach EU-Recht hat sich die Commerzbank nichts vorzuwerfen. Europa hatte keine Sanktionen gegen den Iran verhängt, für Deutschland ist das islamische Land einer der wichtigsten Handelspartner. Doch die USA fühlen sich zuständig, weil die Transaktionen in US-Dollar und über Filialen in ihrem Land abgewickelt wurden. Selbst in den USA waren bis 2008 Iran-Geschäfte zwischen ausländischen Unternehmen erlaubt, die nur über US-Banken abgewickelt wurden. Deshalb fielen die Bußen gegen ausländische Banken in diesen Fällen meist geringer aus als in anderen.

In den vergangenen fünf Jahren hatten sich mehr als ein halbes Dutzend ausländischer Banken mit den US-Behörden wegen Sanktionsverstößen verglichen. Insgesamt zahlten sie mehr als zwölf Milliarden Dollar, wie Bezirksstaatsanwalt Cyrus Vance sagte. Vergleichbar ist der Fall der Commerzbank nach Angaben eines Insiders mit dem der britischen Standard Chartered. Diese war beschuldigt worden, heimlich 59.000 Transaktionen mit dem Iran im Volumen von 250 Billionen Dollar getätigt zu haben. Dafür zahlte sie 667 Millionen Dollar an die US-Behörden. Noch ermittelt wird gegen die Deutsche Bank, die italienische UniCredit sowie die französischen Institute Credit Agricole und Societe Generale.

Reuters